Körpersprachen-Experte verrät, was Hände, Arme und Umarmungen verraten

Haben Sie sich schon mal gefragt, warum eine Umarmung oft mehr tröstet als jeder gut gemeinte Satz? Oder warum ein fester Händedruck beim ersten Treffen sofort Eindruck hinterlässt? Ganz einfach: Berührungen sind das älteste Kommunikationsmittel der Menschheit. 

Lange bevor wir sprechen konnten, haben wir uns berührt, um Nähe zu zeigen, Sicherheit zu geben oder Grenzen zu setzen. Und genau deshalb ist Berührung auch heute noch so unglaublich mächtig. Wissenschaftlich belegt, psychologisch hoch spannend und im Alltag oft unterschätzt.

Joern Kettler ist Wirtschaftspsychologe, Mimik-Analyst und Bestsellerautor. Als Körpersprachen- und Lügenexperte begeistert er seit über 25 Jahren mit präzisen Analysen und klaren Botschaften. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

Berührung als Grundbedürfnis

Neuere Studien zeigen: Wer zu wenig körperliche Nähe erlebt, fühlt sich einsamer, weniger zufrieden und hat sogar ein höheres Risiko für psychische und körperliche Erkrankungen. Berührung ist also nicht nur ein „Nice to have“, sondern ein Grundbedürfnis, wie Schlaf oder gutes Essen.

Das Spannende: Schon eine kurze Berührung, etwa am Arm, kann Stress reduzieren, das Vertrauen fördern und uns das Gefühl geben: „Ich bin nicht allein.“

Dauer, Intensität und Kontext

Wie eine Berührung wirkt, hängt immer von drei Faktoren ab:

  1. Dauer: Kurz und beiläufig oder lang und intensiv?
  2. Intensität: Sanft, fest, energisch?
  3. Kontext: Im Büro, im Freundeskreis oder in einer Partnerschaft?

Ein kurzes Schulterklopfen im Job kann motivierend wirken – die gleiche Geste auf dem Date dagegen eher irritierend. Berührung spricht nie für sich allein, sie ist immer eingebettet in den Kontext.

Die doppelte Botschaft von Berührungen: Wärme und Dominanz

Studien nach 2010 zeigen, dass Berührungen zwei Hauptbotschaften transportieren:

  1. Wärme und Verbindung: Berührungen signalisieren Fürsorge, Nähe und Zugehörigkeit.
  2. Dominanz und Status: Wer andere informell und einseitig berührt, zeigt damit oft Überlegenheit.

Das bedeutet: Eine Hand auf der Schulter kann als beruhigend oder als herablassend empfunden werden – je nachdem, ob man Nähe zeigen oder Status demonstrieren will.

Berührung im Alltag: Mehr als nur „nett gemeint“

  1. Trösten: In schwierigen Situationen ist eine Umarmung oder das Reiben über den Rücken oft wirksamer als lange Reden.
  2. Dankbarkeit: Ein fester Händedruck oder ein kurzer Touch am Unterarm sagt manchmal mehr als tausend Dankesworte.
  3. Sympathie: Schon kleine, beiläufige Berührungen können Sympathie fördern. In einer Studie bekamen Kellnerinnen deutlich mehr Trinkgeld, wenn sie Gäste leicht am Arm berührten und das gilt nicht nur fürs Restaurant (Crusco & Wetzel, 1984 reloaded: bestätigt durch spätere Arbeiten, vgl. Erceau & Gueguen, 2007).

Der Händedruck – unterschätzt und doch so mächtig

Nach der Pandemie ist er fast ein bisschen aus der Mode geraten, aber der Händedruck bleibt eine der wichtigsten sozialen Gesten.

Forscher fanden heraus: Menschen mit einem festen, energischen Händedruck werden als selbstbewusster, kompetenter und sympathischer wahrgenommen. Ein schlapper Handschlag dagegen signalisiert Unsicherheit oder Desinteresse.

Und nein: Der Mythos vom „Eindrehen der Hand“, bei dem man dem anderen den Handrücken nach unten dreht, ist wissenschaftlich Unsinn. Dominanz zeigt sich nicht in diesem Klischee, sondern in der Kombination aus Festigkeit, Energie und Blickkontakt.

Berührung und Emotionen: Das stille Sprachrohr

Eine der spannendsten Erkenntnisse moderner Forschung: Menschen können Emotionen wie Freude, Angst, Ärger oder Mitgefühl allein über Berührungen erkennen.

Heißt im Klartext: Ihre Hände verraten Gefühle, selbst wenn Ihr Mund schweigt. Und das kann man nutzen, im positiven Sinn, aber auch unbewusst im Alltag.

Handlungsempfehlungen für den Alltag

Damit Sie die Macht der Berührung nicht nur verstehen, sondern auch clever einsetzen können, hier ein paar alltagstaugliche Tipps:

  1. Seien Sie bewusst körperlich präsent
  2. Trösten Sie Freunde oder Partner nicht nur mit Worten. Eine Umarmung oder ein Schulterklopfen wirkt oft stärker.
  3. Nutzen Sie den Händedruck als Visitenkarte
  4. Achten Sie auf einen festen, nicht erdrückenden Händedruck, kombiniert mit Blickkontakt. Das signalisiert Kompetenz und Selbstsicherheit.
  5. Berührung im Beruf: subtil statt aufdringlich
  6. Ein kurzer Touch am Arm im Gespräch kann Sympathie fördern. Wichtig: nur dann, wenn die Situation passt und der andere offen dafür ist.
  7. Respektieren Sie Grenzen
  8. Nicht jeder mag Berührungen. Beobachten Sie die Reaktion Ihres Gegenübers und akzeptieren Sie, wenn jemand auf Distanz bleiben möchte.
  9. Verbindung statt Status
  10. Fragen Sie sich: Will ich mit dieser Berührung Nähe zeigen oder unbewusst Dominanz? Gerade im Job ist der Unterschied entscheidend.

Fazit: Berührung ist die leise, aber mächtige Sprache des Körpers. Sie kann beruhigen, Vertrauen aufbauen, Dominanz zeigen oder einfach nur Nähe signalisieren. Neuere Studien machen deutlich: Wir unterschätzen diese nonverbale Ebene viel zu oft.

Also: Nutzen Sie Berührung bewusst, respektvoll und situativ. Ob im Job, in der Familie oder in der Partnerschaft – manchmal ist eine kleine Geste wirkungsvoller als die längste Rede. Oder, um es locker zu sagen: Ein fester Händedruck oder eine kurze Umarmung sagt mehr über Sie aus als Ihr ganzes LinkedIn-Profil.

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  • Joern Kettler

    Bildquelle: Joern Kettler

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