Mehr arbeiten für wen? Leser haben klare Bedingungen für mehr Arbeitswillen
Eine OECD-Studie aus dem Jahr 2023 zeichnete ein erschreckendes Bild der deutschen Arbeitnehmer. Nur 1343 Arbeitsstunden leisteten sie durchschnittlich pro Person, was der Bundesrepublik den letzten Platz unter den 34 teilnehmenden OECD-Staaten einbringt.
Jüngst machte auch der neue Bundeskanzler, Friedrich Merz (CDU), mit einem Appell für Mehrarbeit auf sich aufmerksam: "Mit Viertagewoche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten können." Das Verbraucher-Portal Chip hat seine Leser gefragt, ob sie für die deutsche Wirtschaft mehr arbeiten würden.
Gegenfrage: "Interessiert sich die Wirtschaft für mich?"
Laut Statista lag die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Deutschen bei 34,4 Stunden, was an der hohen Teilzeitquote liegt. Hohe Teilzeitquoten sind dabei auch ein Zeichen für Wohlstand – weniger Arbeit muss man sich eben leisten können. Allerdings weist eine Leserin darauf hin, dass "nur die Menschen, die 48 bis pro 56 Stunde Woche gearbeitet haben" diesen Wohlstand erarbeitet haben. Es war schlichtweg normal und finanziell notwendig, so viel zu arbeiten.
Heute ist das anders. Viele fühlen sich von der Politik im Stich gelassen und sprechen von Steuergeldverschwendung. Tatsächlich verfügt der Staat über Rekordeinnahmen von knapp einer Billion Euro. Doch auch die ständigen Preiserhöhungen drücken die Motivation. Ein Leser fragt: "Was interessiert es denn die deutsche Wirtschaft, wie es mir als Arbeitnehmer geht?"
"Begrüßungsgeld" und Ausgabe-Garantie: Leser stellen Bedingungen für Mehrarbeit
Am Ende kommt es darauf an, wem die Mehrarbeit zugutekommt. Keiner will seine Leistung steigern, "damit sich die oberen 10000 mehr in ihre Tasche schieben können". Außerdem fordern die Leser, dass ihr Steuergeld in das Land investiert wird. Dafür haben einige konkrete Vorschläge.
Einer fordert zum Beispiel ein "Begrüßungsgeld" für jedes neugeborene Kind und eine gesetzliche Regelung für Lohnerhöhungen – ähnlich wie bei den Diäten der Abgeordneten. Aber in einer von vielen wahrgenommenen Situation der Vergabe von Steuergeldern mit der Gießkanne sieht es mit der Motivation der Arbeiterinnen und Arbeiter schlecht aus.
Wenn sie genau auflisten, für was das Geld verwendet wird, und auch bestraft wird, wenn sie es zweckentfremden […], dann könnte man darüber reden. Mehr aber auch nicht.
Dazu gehört aber auch eine Beteiligung von Abgeordneten an den Sozialsystemen. Ein weiteres "Zauberwort" ist die Effizienz. Am Ende müsse die Produktivität der Arbeit erhöht werden und nicht die aufgewendete Zeit.
Diese Maßnahmen zu Steigerung der Arbeitszeit werden diskutiert
Es werden bereits jetzt konkrete Maßnahmen diskutiert, darunter sind auch erhebliche Eingriffe ins Arbeitsrecht.
- Streichung eines Feiertags: Würde der Gesetzgeber einen Feiertag streichen, könnte dies die jährliche Arbeitszeit erhöhen und das Bruttoinlandsprodukt um 8,6 Milliarden steigen. Dies entspricht allerdings nur einem Plus um 0,2 Prozent.
- Steuerfreie Überstunden: Ein weiterer Vorschlag ist, alle Überstunden steuerfrei zu entlohnen. So könnte die Motivation der Arbeitnehmer steigen, mehr Überstunden zu leisten. Für die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi, ist das eine „verrückte Idee“. Überstunden sollten die Ausnahme bleiben.
- Abschaffung des Rechts auf Teilzeit: Durch die Abschaffung des seit 2001 gesetzlich verbrieften Rechts auf Teilzeit könnten die 20,8 Prozent der Teilzeit-Beschäftigten zu Vollzeit-Arbeit gedrängt werden. Dies würde aber für Eltern oder Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, zum Problem werden.
- Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit: Die Verbesserung der Erwerbstätigkeit von Frauen, insbesondere durch bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten und gerechtere Bezahlung, könnte ein gigantisches Potential heben. Laut dem Bundesfamilienministerium könnten so 840.000 Vollzeitstellen neu besetzt werden.