Macht die Arbeitsagentur in Schongau dicht? Schongau nur noch „Aschenbrödel des Landkreises“
Was passiert mit der Arbeitsagentur in Schongau? Müssen die Mitarbeiter bald nach Weilheim umziehen? Dass möglicherweise eine weitere Behörde aus der ehemaligen Kreisstadt abgezogen wird, besorgt und ärgert den Stadtrat.
Die Zukunft der Arbeitsagentur in Schongau ist ungewiss. Wird der Standort Schongau an der Marktoberdorfer Straße geschlossen und arbeiten die Mitarbeiter künftig in Weilheim? „In der Absolutheit kann ich das noch nicht bestätigen“, so Ulrike Sommer, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Weilheim. Aber bei der Bundesagentur für Arbeit werde derzeit die „Flächenpräsenz“ überdacht. „Es werden die Optionen überprüft, wie sinnhaft es ist, eine Kleinstgeschäftsstelle aufrechtzuerhalten“, erklärt Sommer weiter. Final entschieden ist dies aber offenbar noch nicht: Derzeit würden nur die Möglichkeiten eruiert, alles stehe unter dem Vorbehalt der Entscheidung des Verwaltungsrats, der am 4. Juli in Nürnberg zusammenkomme.
In der Arbeitslosenversicherung gebe es längst die Möglichkeit einer 24/7-Onlineberatung per Video. „Wir sind nicht mehr auf die persönliche Beratung angewiesen“, so Sommer über die Hintergründe. Berufsberater seien direkt vor Ort in den Schulen unterwegs, der Reha-Berater gehe direkt in Einrichtungen oder Förderschulen. „Wir bringen unser Dienstleistungsangebot dorthin, wo es gebraucht wird.“
In Schongau wären acht Mitarbeitende betroffen
In Schongau wären acht Mitarbeitende der Arbeitsagentur betroffen, für die dann im Arbeitsamt Weilheim neue Büros geschaffen würden, die Mitarbeitenden seien bereits darüber informiert, dass man diese Möglichkeit prüfe. Eine konkrete Entmietung des Landratsamts hingegen, das für 14 Mitarbeiter Büroflächen im Gebäude der Weilheimer Arbeitsagentur angemietet hat, habe bisher aber nicht stattgefunden, so Sommer. Man habe lediglich im Sinne der Transparenz über die derzeit laufenden Überlegungen informiert, so Sommer.
Jobcenter soll erhalten bleiben
Ganz gleich, ob nun die Schongauer Filiale der Arbeitsagentur geschlossen wird oder nicht: Das Jobcenter im gleichen Gebäude an der Marktoberdorfer Straße sei davon nicht betroffen, so Sommer. Dort könnten auch, falls jemand weder mobil sei noch videofähig, Beratungen für die Arbeitsagentur organisiert werden.
Nachricht besorgt den Stadtrat
Die Nachricht über eine mögliche Schließung besorgt auch Mitglieder des Stadtrats: „Wo bleibt eigentlich Schongau?“, machte SPD-Stadtrat Stefan Konrad seinem Ärger in der jüngsten Sitzung des Stadtrats darüber Luft, dass immer mehr Behörden und Institutionen der einstigen Kreisstadt nach Weilheim ziehen würden. „Ich bin alarmiert“, verwies Konrad auf die Berichterstattung unserer Zeitung. Im Kreisausschuss war vergangene Woche über drei große Investitionsprojekte diskutiert worden, die in Weilheim realisiert werden sollen. Eines davon eben der Neubau für das Landratsamt, der wegen der anstehenden Veränderungen bei der Arbeitsagentur notwendig werde.
„Schongau wird Würgeeisen angelegt“
Mit der Arbeitsagentur würde eine weitere Behörde aus der Lechstadt abgezogen, befürchtet Konrad. „Was bleibt für uns übrig?“, fragte der SPD-Stadtrat und fand dafür drastische Bilder: „Schongau wird das Würgeeisen angelegt und dann langsam an der Schraube gedreht, bis uns die Luft ausgeht.“ Dabei hatte Konrad gleich ein paar Vorschläge, wie man die Situation verbessern könne.
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So müsse etwa ein Gesundheitsamt nicht unbedingt in Weilheim stehen. Dafür würden sich leerstehende Räume im ehemaligen Krankenhaus Schongau sehr gut anbieten. „Aber davon liest man nichts“, ärgerte sich Konrad weiter. Früher sei man eine Kreisstadt gewesen, mit Bedeutung, nun nur mehr das „Aschenbrödel des Landkreises“. Schongau dürfe jedoch nicht aufgegeben werden. „Ich fordere den Landkreis dazu auf, für Schongau einen Strukturausgleich zu machen“, so der SPD-Stadtrat.
Bürgermeister beschwichtigt
Bürgermeister Falk Sluyterman, der selbst an der genannte Sitzung des Kreisausschusses teilgenommen hatte, beschwichtigte. „Die Formulierung im Artikel lautete ,dem Vernehmen nach‘. Das macht klar, dass noch nichts in trockenen Tüchern ist“, so der Bürgermeister, der die Beratung darüber ohne weitere Erklärungen und ohne Widerstand im Stadtrat in den nichtöffentlichen Teil der Sitzung verschob.
Er machte aber deutlich, dass er im Kreisausschuss durchaus darauf verwiesen habe, dass etwa Unterkünfte für Auszubildende auch in Schongau von Nutzen wären. „Ich bin aber nicht in der Berichterstattung vorgekommen“, bedauerte Sluyterman.
„Bin in Berichterstattung nicht vorgekommen“
Auch habe es wohl für die Planungen des Technologietransferzentrums der Hochschule München durchaus einen Besichtigungstermin der Krankenhaus-Räume in Schongau gegeben. Diese seien aber offenbar nicht geeignet. „Ich habe nachgefragt, ob das mit der geografischen Verortung zu tun hat, das wurde aber verneint.“
Landkreis habe zwei Geschwindigkeiten
Sluyterman wurde deutlich: Bei sechs SPD-Mitgliedern im Kreistag gehöre er mittlerweile einer Splitterpartei an. „Ich werde die Welt für Schongau nicht retten können, da sind die Kräfteverhältnisse anders, wir haben es aber auf dem Schirm.“ Wenn diese Gespräche auch nichtöffentlich stattfänden, melde er sich beispielsweise aktuell zur Kreisumlage zu Wort. Durch die Gelder aus Schongau werde etwa die Krankenhaus-GmbH zum großen Teil mitfinanziert. Aber leider sei Weilheim-Schongau ein Landkreis mit zwei Geschwindigkeiten, so Sluyterman. „In Weilheim hält der ICE, in Schongau verlieren wir den Fahrkartenverkauf.“