Wegen Netflix & Co.: Der Traum vom Großkino ist endgültig ausgeträumt

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Wegen Netflix & Co.: Der Traum vom Großkino ist endgültig ausgeträumt

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Für den Bahnhof Peiting Ost und das umliegende Gelände sucht die Gemeinde Peiting Investoren. Ein Kino spielt in den bislang eingegangenen Konzepten keine Rolle mehr. © Herold

Ein großes Kino für Peiting und die Region: Davon träumten viele, seit vor Jahren entsprechende Pläne für das Bahnhofsareal laut geworden waren. Doch der Zug scheint endgültig abgefahren, und auch sonst sieht es für die Blockbuster-Fans im Mittelzentrum eher trist aus. Eine Bestandsaufnahme.

Peiting/Schongau – Wenn im November Ridley Scott seinen Sandalenklassiker Gladiator wieder auferstehen lässt, wird sich auch im Ammer-Lech-Land sicher der ein oder andere voller Vorfreude auf die Fortsetzung des Blockbusters auf den Weg ins Kino machen. Wer den Film auf der großen Leinwand mit Popcorn und Getränk genießen will, muss sich hierzulande freilich beizeiten ins Auto setzen, schließlich sind die nächsten Kinokomplexe in Penzing, Kaufbeuren oder Weilheim ein gutes Stück entfernt.

Kein Wunder also, dass es in der Vergangenheit immer wieder den Wunsch gab, hieran etwas zu ändern. In Peiting schien man zwischenzeitlich tatsächlich nah dran zu sein. Als 2016 Pläne vorgestellt wurden, wie das Gelände am Bahnhof Ost einmal aussehen könnte, war auch von einem Kino mit fünf Sälen die Rede, das dort in naher Zukunft entstehen könnte.

Doch aus einer schnellen Umsetzung wurde bekanntlich nichts, die Verhandlungen mit der Bahn zogen sich in die Länge. Erst im vergangenen Jahr waren alle Stolpersteine aus dem Weg geschafft. Mittlerweile sucht die Gemeinde einen Investor für das Gelände. Mehrere Interessenten haben bereits ihre Konzepte vorgelegt, die demnächst im Gemeinderat vorgestellt werden sollen. Eines haben alle gemein: Ein Kino spielt in ihnen keine Rolle mehr.

Für Bürgermeister Peter Ostenrieder kommt diese Entwicklung nicht überraschend. Die Kino-Welt, sie habe sich seit 2016 verändert. Die Konkurrenz durch Streaming-Dienste, die Filme bequem ins eigene Wohnzimmer bringen, sei groß geworden.

„Wenn es in Peiting gebaut worden wäre, wäre uns das auch recht gewesen.“ 

Ein Kino-Center in Peiting, das hätte man auch in Schongau gern gesehen, trotz allem Konkurrenzdenken, das zwischen der Lechstadt und der benachbarten Marktgemeinde oft zu spüren ist. Der Wunsch nach einer Ansiedlung im Mittelzentrum sei 2015 schon im Rahmen des Interkommunalen Entwicklungskonzepts formuliert worden, erinnert sich Bürgermeister Falk Sluyterman. „Wenn es in Peiting gebaut worden wäre, wäre uns das auch recht gewesen.“

In Schongau setzten sich damals SPD und CSU für ein Kino-Center ein, Lösungen, wie ein Grundstück auf Erbpacht einem möglichen Investor zur Verfügung zu stellen, wurden diskutiert. Nach der Vorstellung der Peitinger Pläne verschwand das Thema jedoch in der Versenkung. Gespräche mit möglichen Investoren und Betreibern habe es seitdem nicht mehr gegeben, sagt Sluyterman. Der Zug für ein Kino-Center, da teilt er die Einschätzung seines Peitinger Amtskollegen, sei wohl abgefahren, die Hochzeit des Kinos vorüber.

Dazu passt, dass sowohl in Schongau, als auch in Peiting nur noch alte Filmplakate in den Schaufenstern vor dem Filmtheater und dem Central-Kino an längst vergangene Zeiten erinnern. „Komm,‘ wir gehen ins Kino“, heißt es noch immer auf dem Schild über der Eingangstür, doch schon seit über zehn Jahren flimmert kein Film mehr über die Leinwand im Peitinger Lichtspieltheater an der Friedhofstraße. In Schongau fiel der Vorhang vor vier Jahren, seit der Corona-Zwangspause sperrte Betreiber Otto Konrad, dem auch das Kino in Peiting gehört, nicht mehr auf.

Der Vorhang gefallen ist im Peitinger Central-Kino.
Der Vorhang gefallen ist im Peitinger Central-Kino. © Christoph Peters

Ob dort irgendwann wieder Leben einkehrt und in welcher Form, darüber kann nur spekuliert werden. Für die Heimatzeitung war Konrad trotz mehrfacher Versuche nicht zu erreichen. Auch mit der Stadt und der Marktgemeinde besteht kein Kontakt. Dort geht man davon aus, dass es mit einem Kino-Revival nichts mehr wird, auch wenn zumindest das Schongauer Lichtspielhaus noch auf Digitaltechnik umgestellt wurde.

Lagerhaus-Kino besetzt Nische

Einen, den der gescheiterte Traum vom Kino-Center nicht überrascht, ist Georg Werner. „Für mich war das von Beginn an Wunschdenken“, sagt der Betreiber des Schongauer Lagerhaus-Kinos. Die Zeit, in denen neue Groß-Kinos gebaut wurden, sei vorbei. „Eher machen welche zu.“ In seinem Programm-Kino zeigt Werner keine großen Blockbuster, sondern besetzt eine Nische in der Filmlandschaft. Mit Erfolg. Die Zuschauerzahlen vor Corona habe man zwar noch nicht wieder erreicht, aber es gehe langsam wieder aufwärts, sagt Werner. Ans aufhören denkt er nicht, „mir macht es nach wie vor Spaß.“ Nur sein Publikum werde immer älter.

Auch Sluyterman ist froh, dass es mit dem Lagerhaus-Kino zumindest noch ein Angebot für Filmfans im Mittelzentrum gibt – auch wenn die dort gezeigten Filme die jüngeren Leute vielleicht nicht so ansprechen würden wie ein Hollywood-Blockbuster à la Gladiator: „Ich schätze es sehr.“

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