Sperrminorität im Bundestag: Warum die neue Regierung auf AfD und Linke angewiesen sein könnte

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AfD und Linke haben die Macht, die Vorhaben einer neuen Regierung zu blockieren. Daher könnte der alte Bundestag noch eine wichtige Entscheidung treffen.

Berlin – Nach dem Sieg der Union (28,5 Prozent) bei der Bundestagswahl wird ein Koalitionspartner gesucht. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es auf die SPD hinauslaufen. Die „Große Koalition“ würde ihr Comeback feiern. Doch so groß wie sie einst 2017 war, wird sie zukünftig nicht mehr sein. Union und SPD (16,4 Prozent) kommen zusammen auf 328 Sitze im Bundestag. Doch es gibt ein Problem: Entscheidungen, die im Parlament eine Zweidrittelmehrheit benötigen, könnten von der AfD (20,8 Prozent) und der Linken (8,8 Prozent) blockiert werden.

AfD und Linke können Regierung blockieren: Sperrminorität im Bundestag

Die AfD und die Linke, die die Überraschung am Wahlabend war, besitzen zusammen im neu gewählten Bundestag 216 von 630 Sitzen und damit mehr als ein Drittel der Mandate. Gesetze, die eine Zweidrittelmehrheit benötigen, könnten durch die Stimmen der AfD und der Linken blockiert werden. Diese Macht wird auch als Sperrminorität bezeichnet.

Im neu gewählten Bundestag kommen die Parteien AfD und die Linke zusammen auf 216 Sitze und besitzen damit die sogenannte Sperrminorität.
Im neu gewählten Bundestag kommen die Parteien AfD und Die Linke zusammen auf 216 Sitze und besitzen damit die sogenannte Sperrminorität. © Kay Nietfeld/dpa

„Das betrifft alle verfassungsändernden Gesetze, zum Beispiel die Reform der Schuldenbremse, das Sondervermögen für die Bundeswehr und die Berufung der Verfassungsrichter im Richter-Wahlausschuss des Bundestags. Prinzipiell bräuchte es auch für die Ausrufung des Verteidigungsfalls eine Zweidrittelmehrheit“, erklärt Prof. Hans Vorländer von der Technischen Universität Dresden der Bildzeitung.

Linke und AfD mit Sperrminorität im Bundestag: Ukraine-Hilfen auf der Kippe?

Insbesondere bei der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse könnten die AfD und die Linke für die anderen Parteien zum Problem werden. Die beiden Parteien unterscheiden sich zwar deutlich, doch die „Linke ist reserviert, wenn es darum geht, den Verteidigungshaushalt zu erhöhen, die AfD bei der Unterstützung der Ukraine. In diesem Fall könnte ein verfassungsänderndes Gesetz von AfD und Linken blockiert werden“, so Prof. Vorländer weiter.

Sperrminorität im Bundestag: Die Linke will Forderungen stellen

Politische Gemeinsamkeiten gebe es aber nicht, man werde nicht mit der AfD stimmen, betonte die Parteichefin der Linken, Ines Schwerdtner. Die Linke will hingegen ihre neue Stärke im Bundestag gerade dafür nutzen, um bei Entscheidungen, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern, Bedingungen zu stellen.

Beim Thema Schuldenbremse sei klar, „dass die nächste Bundesregierung sich bewegen muss“, sagte Schwerdtner. Die Linke sei „von Anfang an gegen die Schuldenbremse“ gewesen. „Für Aufrüstung werden wir nicht stimmen.“ Die AfD könnte hingegen nach Einschätzung von Prof. Vorländer jede Chance nutzen, um „sich ins Spiel zu bringen und andere Parteien vorzuführen.“

Entscheidung im alten Bundestag: Kommt die Reform der Schuldenbremse?

Die Grünen (11,6 Prozent) sprachen sich bereits dafür aus, eine Reform der Schuldenbremse im alten Bundestag zu beschließen, um weitere Unterstützung für Kiew im Ukraine-Krieg zu gewährleisten. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz ließ diese Idee offen. Zudem sagte er in Berlin, es sei „zu meinem sehr großen Bedauern das eingetreten, was wir befürchten mussten: dass nämlich im Deutschen Bundestag jetzt eine Sperrminorität besteht, der ganz linken und der ganz rechten Seite“.

Dies sei „eine schwierige Lage“, weil dann keine Mehrheiten mehr zur Änderung des Grundgesetzes absehbar seien. Generell sehe er keine Probleme, noch mit den Mehrheiten im alten Bundestag Beschlüsse zu fassen. (vk mit dpa)

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