Nach der Bundestagswahl: So radikal ticken die neuen AfD-Bundestagsabgeordneten
Unter den neuen AfD-Abgeordneten sind einflussreiche Figuren aus den Ländern. Parteichefin Weidel wird die Fraktion weiter nach rechts rücken.
Berlin – Mehr als die Hälfte der Abgeordneten der AfD sind neu im Parlament. Viele von ihnen kommen aus den besonders radikalen Landesverbänden in Bayern und Ostdeutschland. Einige von ihnen, etwa der wegen seiner Kontakte zu den autoritären Regimen in Russland und China geschasste EU-Wahl-Spitzenkandidat Maximillian Krah aus Sachsen, sind einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Mit ihm ziehen auch drei Führungskader des rechtsextremen Thüringer Landesverbandes ins Parlament ein. Hinzu kommt eine ganze Reihe bisher unbekannter, die ideologisch offenbar am rechten Rand der Partei zu verorten sind. Ein Überblick.
Nach der Bundestagswahl: 92 neue AfD-Abgeordnete im Bundestag – Einflussreiche Figuren rücken auf
Dem vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl zufolge erreicht die AfD 152 Mandate im nächsten Bundestag. Bei der Wahl wurde sie mit 20,8 Prozent zweitstärkste Kraft. 92 dieser Abgeordneten sind neu im Parlament. Unter ihnen sind Torben Braga, Geschäftsführer der Thüringer Landtagsfraktion, Stefan Möller, neben Björn Höcke Parteichef in Thüringen, und Höckes Büroleiter Robert Teske. Höcke dachte Ende Januar einem Bericht des Newsletter-Dienstes table.media zufolge über einen Rückzug von der Landesspitze der AfD nach. Seit Sommer 2024 soll Höcke darüber nachdenken, sich neu zu erfinden, hieß es demnach aus der Partei. Sein ehemals mächtiges Netzwerk existiere so nicht mehr, hieß es.
An dessen Stelle trat schon vor einiger Zeit das Netzwerk um den Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmaier aus Rheinland-Pfalz. Der machte Wahlkampf mit dem neugewählten Abgeordneten Dario Seifert, Anfang 30, aus Stralsund. Seifert zeigte sich im Wahlkampf auch mit mecklenburgischen Landtagsabgeordneten Thore Stein. Stein ist eigenen Angaben zufolge Burschenschafter und laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland Schwiegersohn des Rechtsextremen Gernot Mörig, der wiederum das sogenannte Potsdamer Geheimtreffen Ende 2023 ausgerichtet hat.
Bayern-AfD radikalisierte sich vor Bundestagswahl zusehends – Ex-JA-Mann zieht ins Parlament ein
Dann sind da noch die elf Abgeordneten der Bayern-AfD, die, so geht aus ihren Social-Media-Profilen hervor, größtenteils mit Krah Wahlkampf gemacht haben. Der Landesverband hatte ich vor der Bundestagswahl nochmal deutlich radikalisiert und beschloss eine Resolution für „Remigration“. Unter diesem Kampfbegriff verlangt die extreme Rechte die Ausweisung von Migranten. Weiter forderte die Landtagsfraktion Anfang des Jahres die sofortige Ausweisung aller Flüchtlinge aus dem Ukraine-Krieg.
Aus Sachsen fällt unter den Neuen in der AfD-Fraktion neben Krah noch Thomas Ladzinksi aus Dresden auf: Ladzinski war offenbar, so geht es aus Social-Media-Post der Junge Alternative in Dresden hervor, dort Vorsitzender der inzwischen aufgelösten Parteijugend und später Bundesschatzmeister der JA. Die Parteijugend soll Ende März aufgelöst werden. Zuvor wurde sie bundesweit vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.
Keine Probleme mit Rechtsextremismus oder seiner Sprache – Neue Brandenburger AfD-Abgeordnete
Zwei neue Brandenburger AfD-Abgeordnete haben auch keine Berührungsängste zum Rechtsextremismus. In einer gegen die Russland-Sanktionen der EU gerichteten Rede auf dem Landesparteitag 2023 forderte etwa die neugewählte Abgeordnete Birgit Bassin, dass Deutschland „den Kurs der Unterwerfung unter Interessen raumfremder Mächte beenden“ müsse. „Raumfremde Mächte“ sind ein Begriff von Carl Schmitt. Der Staatsrechtler aus der Weimarer Republik gilt heute als „Kronjurist“ des Nationalsozialismus.
Meine News

Der Abgeordnete Arne Raue, Brandenburgs erster AfD-Bürgermeister in Jüterborg, machte Wahlkampf mit dem AfD-Landtagsabgeordneten Arthur Österle. Er soll 2018, so die Leipziger Volkszeitung, „Chefordner“ der rechtsextremen Bewegung „Pro Chemnitz“ gewesen sein. Demnach habe er am Rande von deren Kundgebungen Journalisten bedroht.
Nach der Bundestagswahl: Wie weit rückt Weidel die AfD nach rechts?
Weiters ziehen noch diverse neue Abgeordnete aus den bevölkerungsreichen Ländern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ein. In allen drei Landesverbänden tobten zuletzt Machtkämpfe, in denen es teils auch Streit um die Ausrichtung der Partei ausgefochten wurde. Die aktuelle Fraktionsspitze um AfD-Bundessprecherin Alice Weidel und Co-Chef Tino Chrupalla wurde wiedergewählt.
Der Spiegel schrieb am Wahlabend, in der Partei sei zu hören, Weidel wolle ihren Äußerungen am Wahlabend folgend, die Partei in eine noch härtere Frontstellung gegen die liberalen Parteien bringen. Wie sehr die Partei dabei noch weiter nach rechts rückt, dafür dürfte die Frage, ob der aktuell fraktionslose Abgeordnete Matthias Helferich aus Nordrhein-Westfalen in die Fraktion aufgenommen wird, ein Indikator sein. Helferich war 2021 nicht in die Fraktion eingetreten, als herauskam, dass er sich in internen Chats „das freundliche Gesicht des NS“ – also Nationalsozialismus – nannte. Am Wahlabend sagte Weidel, dies sei „Schnee von gestern“. (kb)