Arm, kriminell, ungebildet? Diese Stadt ist Deutschlands trauriges Schlusslicht

Sie ist die fahrradfreundlichste und grünste Großstadt Deutschlands. In der Kategorie „Digitale Wirtschaft“ belegt sie einen der ersten drei Plätze. Trotzdem rückt sie immer wieder in den Schatten – die Hansestadt Bremen, im Nordwesten Deutschlands nahe Hamburg. 

Erst vor wenigen Wochen wurden Statistiken veröffentlicht, die kein gutes Licht auf die Metropole werfen. Platz 16 von 16, in mehreren Bereichen. Da wäre zum Beispiel eine Statistik des Bundeskriminalamtes (BKA) aus dem Jahre 2024. 

Im Land Bremen – einschließlich der Stadt Bremen und Bremerhaven – wurden zuletzt mehr als 105.000 Straftaten registriert. Damit ist Bremen die gefährlichste Stadt Deutschlands. Insbesondere Raubdelikte und Messerangriffe häufen sich, wie das Regionalmagazin „buten un binnen“ berichtet. Tötungsdelikte, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung seien hingegen leicht zurückgegangen. 

Immer mehr Straftaten in Bremen

Nach Angaben einer Pressemitteilung zur Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS), die auf der Webseite des Bremer „Senators für Inneres und Sport“ veröffentlicht wurde, sind die dokumentierten Straftaten seit 2020 stetig gestiegen - um rund 40 Prozent. 

Dabei gründete die Bremer Polizei im Jahr 2023 sogar eine Sonderkommission gegen Straßenkriminalität. Dazu kommt, dass nicht alle Vorfälle der Polizei gemeldet werden. Man spricht vom sogenannten Dunkelfeld. 

Bremens Innensenator UIrich Mäurer (SPD) führte die gestiegenen Kriminalitäts-Zahlen im Gespräch mit „buten un binnen“ auf häufige Kontrollen, neue Überwachungsmethoden und aufgearbeitete Altfälle zurück. In wirtschaftlich schwächeren Regionen seien die Fallzahlen deutlich höher, erklärte außerdem der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch.  

Jeder dritte Bremer kann sich kein Urlaub leisten

Ebenfalls Ende Juli veröffentlichte das Statistisches Bundesamt die aktuelle Umfrage des Mikrozensus. Nach eigenen Angaben ist das die „größte jährliche Haushaltsbefragung der amtlichen Statistik in Deutschland.“ Mit dem Schwerpunkt „Lebensbedingungen" wird die Bevölkerung seit 1957 befragt.

Die Erhebung zeigt: Jeder dritte Einwohner in Bremen ist finanziell nicht dazu in der Lage, sich einmal im Jahr eine Woche Urlaub zu leisten. Die Zahl der Betroffenen ist mit 34,2 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in Bayern. Der Bundessdurchschnitt liegt bei 21 Prozent. Damit schneidet das Land Bremen auch in dieser Frage am schlechtesten ab. 

Strand in Italien
Einen Urlaub im Jahr können sich viele Bremer nicht leisten (Symbolbild). Imago Images

Als Urlaub zählen auch Ferien bei Freunden oder Verwandten. Laut Statistischem Bundesamt ist eine Woche Urlaub im Jahr vor allem für alleinerziehende Mütter und Väter zu teuer. Betroffen sind aber auch Familien mit mehr als drei Kindern und Alleinstehende. Im Jahr zuvor lag Bremen ebenfalls auf dem letzten Platz – sogar mit 36,6 Prozent.  

Höchste Armutsquote findet sich in Bremen

Dass sich viele Menschen in Bremen keine Woche Urlaub im Jahr leisten können, ist keine Überraschung. Schließlich gab der Gesamtverband „Der Paritätische“ Ende April dieses Jahres in seinem jährlichen Armutsbericht bekannt, dass das Land Bremen die höchste Armutsquote in Deutschland hat. 

25,9 Prozent der dortigen Bevölkerung sind arm – das ist jeder Vierte. Damit liegt Bremen deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 15,5 Prozent und hat sich im Vergleich zum Vorjahr 2023 verschlechtert.

Nur im Jahr 2023 drängte Sachsen-Anhalt Bremen auf den 15. Platz – 2021, 2022 und 2024 hatte Bremen jedoch die höchste Armutsquote in ganz Deutschland. Betroffen sind vor allem alleinerziehende Mütter und Väter, junge Erwachsene sowie Rentner - insbesondere Rentnerinnen. 

Der Verband nutzt bei der Auswertung die Daten des Mikrozensus zu „Einkommen und Lebensbedingungen“ vom Statistischen Bundesamt. Arm sind Menschen, die ein Gehalt haben, das unter 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens liegt, so das Statistischen Bundesamt.

Die Zahlen sind „alarmierend“

Eine alleinlebende Person mit einem Netto-Gehalt von rund 1400 Euro im Monat gilt als arm. Gegenüber „buten un binnen“ bezeichnet Joachim Schuster, Verbandsratsvorsitzender des „Paritätischen Bremen“, die Zahlen als „alarmierend".

Aber nicht nur junge Erwachsene und Alleinerziehende haben mit Armut zu kämpfen. Auch bei der Kinderarmut ist das Land Bremen aktueller Spitzenreiter. Laut Bundesagentur für Arbeit liegt der Wert bei 28,6 Prozent. Wirtschaftlich starke Regionen, etwa in Bayern, haben nur einen Anteil von 6,5 Prozent. 

Bei der Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlichen schneidet Bremen im Bundesvergleich ebenfalls am schlechtesten ab. 2023 konnten Statistische Ämter des Bundes und der Länder eine Quote von 28,8 Prozent festmachen. Im Vergleich: Bayern schneidet hier am besten ab. Im südlichsten Bundesland sind nur 12,8 Prozent der Kinder von Armut betroffen.

Schlechtestes Bildungssystem seit vier Jahren

Mithalten kann Bremen auch bei der Bildung nicht. Seit 2021 liegt die Hansestadt nach dem Bildungsmonitor der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) auf dem letzten Platz. 

Demnach gibt es nirgendwo anders in Deutschland ein schlechteres Bildungssystem. Um das herauszufinden, nimmt das INSM seit 2004 dreizehn Felder unter die Lupe. Etwa, wie gut die Betreuung ist oder wie hoch das Niveau an Kompetenzen ist, das vermittelt wird. Mit Hilfe von fast hundert Merkmalen wird dann das Bildungsniveau bestimmt. 

Selbst wenn Bremen laut INSM den höchsten Anteil an Wissenschaftlern im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, eine gute Betreuung in den Klassen fünf bis zehn hat und auf Platz zwei bei der Digitalisierung liegt, überwiegen die Mängel.

Laut INSM liegt das etwa daran, dass Schüler in Bremen keine Mindestanforderungen bewältigen können und die geringsten Kompetenzen im Lesen, Hörverständnis und Rechnen haben. Unter den Jugendlichen, die das Abitur schaffen, sind nur wenige mit Migrationshintergrund. Und im Verhältnis zu den Gesamtkosten wird am wenigsten für Bildung ausgegeben.