Übergabe an „eigenes Gewächs“

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Starnberg
  4. Andechs

Kommentare

Noch ein, zwei Jahre will Kurt Schölderle (84) Ansprechpartner für die Kunden bleiben, das operative Geschäft führt nun Thomas Painhofer. © Andrea Jaksch

Seit mehr als zehn Jahren verleiht die gwt Starnberg mit dem Wirtschaftsforum Landkreis Starnberg den Wirtschaftspreis. Die Ausschreibung stand heuer unter dem Motto: „Ich bin dann mal weg... – wie Unternehmen ihre Nachfolge erfolgreich gestalten“. Die Schölderle Geräte- und Werkstofftechnologie GmbH in Rothenfeld gehört zu den Finalisten.

Rothenfeld - Als Feinmechaniker hatte Kurt Schölderle schon früh eine Affinität für Hightech entwickelt. Sein Steckenpferd als Geräte- und Apparatebauer sollte die Spektralanalyse werden. Sie fasziniert den mittlerweile 84-Jährigen bis heute. 46 Jahre hat er sein Unternehmen zum Zulieferer für marktführende Unternehmen in der Lasertechnik, der Luftfahrt und der Spektralanalyse aufgebaut. Schon 2019 wollte er seine Firma, die Schölderle Geräte- und Werkstofftechnologie GmbH in Rothenfeld verkaufen, stand in Verhandlung mit einem Motorsportunternehmen. Mit Corona hatte sich die Verbindung zerschlagen. Weitere potenzielle Käufer hatten bei ihm angeklopft, doch es tat sich eine Lösung auf, die ihm viel lieber war: Ostern übergab Schölderle die Geschäfte an Thomas Painhofer. Der 37-Jährige ist ein „eigenes Gewächs“.

Als Schölderle 1978 anfing, behielt er seinen Firmensitz in seinem Heimatort Erling, obwohl die Werkstatt des damals noch unter Schölderle Geräte- und Apparatebau GbR firmierenden Unternehmens auf einem Bauernhof in Drößling untergebracht war. „Die Zeitung berichtete damals von ,Hightech im Kuhstall‘“, erinnert sich Schölderle. Er findet den Titel noch heute despektierlich für das, was er macht. 1980 gründete er die Spectruma GmbH und acht Jahre später die Spectruma Analytik. Die Elementanalyse findet von der Wareneingangskontrolle und Produktionsüberwachung über die industrielle Qualitätssicherung bis hin zur wissenschaftlichen Forschung Anwendung. Die GmbH verkaufte er nach den USA, die Analytik übernahm vor einigen Jahren Michael Analytis. „Der heißt wirklich so“, sagt Schölderle und muss selber lachen. Der Physiker arbeitete seit 1995 bei Schölderle und war bis 2017 Partner.

Mein Vater sagte dann: Schau doch mal beim Schölderle.

Auf dem Bauernhof wurde es schnell eng. Schölderle war aber zu heimatverbunden, als dass er in irgendein Gewerbegebiet expandieren wollte. Erst mietete er einen Stadl in Frieding und als damals Zweiter Bürgermeister der Gemeinde Andechs, machte er sich für das Gewerbegebiet in Rothenfeld stark. Als es so weit war, kaufte er drei Parzellen auf 12 000 Quadratmeter. Die erste Halle stand 2001 (Montage), die Fertigung blieb zunächst in Frieding. Seit 2006 wird in Rothenfeld in einer zweiten Halle auch gefertigt. Die damals noch unbebaute dritte Parzelle verkaufte der 84-Jährige 2019, als sich ein Verkauf abzeichnetet.

Thomas Painhofer kennt diese Firmengeschichte fast von Anfang an. Painhofer ist in Herrsching groß geworden, hat Familie in Frieding. Mit 15 Jahren hatte er eigentlich in Oberpfaffenhofen bei einem Dornier-Zulieferer eine Lehrstelle antreten sollen. Dann ging Dornier pleite und der Zulieferer nahm vom Ausbildungsvertrag Abstand. „Mein Vater sagte dann: Schau doch mal beim Schölderle“, erzählt Painhofer. Das tat er und ist seitdem dabei. Er machte bei Schölderle seine Ausbildung als Industriemechaniker und stand sechs Jahre an der Maschine, wie er sagt. An der Abendschule machte er dann den Industriemeister Metall und wechselte in der Firma, die mittlerweile von der GbR zur Gesellschaft gewachsen war, in die Arbeitsvorbereitung. Dort begann er, sich für Betriebswirtschaft zu interessieren, und machte – wieder an der Abendschule – 2018 seinen technischen Betriebswirt.

Schölderle verfolgte diesen Ehrgeiz mit Interesse, und statt sich, als die ersten Verhandlungen geplatzt waren, einen neuen Käufer zu suchen, holte er sich Painhofer als technischen Betriebsleiter in die Geschäftsführung. Das war der erste Schritt zur Übergabe, der durch Corona noch einige Zeit in Anspruch nehmen sollte. Zusammen steuerten sie den Betrieb durch die schwere Zeit. Den kurzzeitigen Einbruch mit Kurzzeitarbeit, Materialknappheit und -teuerung hat das Unternehmen gut überstanden. Seit Ostern gehört dem zweifachen Vater Painhofer die Schöldere Geräte- und Werkstofftechnologie GmbH. „Er hat die Firma gekauft, die Gebäude gehören noch mir“, sagt Schölderle, der sich noch ein, zwei Jahre um die langjährigen Kunden kümmern möchte.

Er hat die Firma gekauft. Die Gebäude gehören noch mir.

Unter Painhofers Ägide hat die Firma im Dezember 2023 bereits die Vier-Tage-Woche eingeführt. „Eigentlich haben das die Mitarbeiter entwickelt“, sagt Painhofer und freut sich, denn es funktioniert. 42 Mitarbeiter hat die Firma. Dazu gibt es vier Maschinen, die „mannlos“ auch am Wochenende arbeiten. In der Fertigung schätzten diese Vier-Tage-Woche (38 Stunden) alle, andere in der Montage nicht. „Die müssen aber auch nicht“, sagt Painhofer.

Heute sitzen Schölderle und Painhofer gemeinsam in der oberen Etage der Geschäftsleitung, sind beim vertrauten Du und staunen selbst. „Wer hätte das damals gedacht?“, sagt Schölderle. Ja und wer hätte gedacht, dass in der Fertigung mittlerweile für einen der ältesten Großkunden Roboter, genauer Schweißroboter für Pipelines, hergestellt werden. Seit fünf Jahren werde der Roboter in Rothenfeld produziert. Beide zeigen stolz auf einen Zahnkranz, der im Besprechungszimmer steht. Der werden um die Pipeline gelegt, und an dem Zahnkranz entlang könne der Roboter schweißen. Verwendung findet er für Öl-, Gas- und Wasserstoff-Pipelines an Land. Ein Thema, für das sich sowohl Painhofer als auch Schölderle begeistern können.

Auch interessant

Kommentare