Dauerregen und Kälte: Tote Schwalben fallen reihenweise vom Himmel
Seit dem Wochenende fallen auch im Landkreis Schwalben quasi tot vom Himmel, zum Beispiel in Herrsching und Feldafing. Temperatursturz und Dauerregen führten und führen dazu, dass Jungtiere keine Nahrung finden. Wer erschöpfte Tiere findet, soll sie unbedingt warm halten.
Herrsching - Sie fallen einfach vom Himmel. Die Nachrichten über tote Schwalben in Feldafing, Herrsching, Breitbrunn und viele anderen Orten überschlagen sich seit dem Wochenende. Die einzige Vogelauffangstation weit und breit in Olching im Landkreis Fürstenfeldbruck bekommt ununterbrochen Anrufe. Bedingt durch die niedrigen Temperaturen und den vielen Regen werde das Phänomen wahrscheinlich bis Mitte der Woche anhalten, befürchtet Gerhard Wendl, der die private Auffangstation betreibt.
In den sozialen Medien sind immerzu neue Meldungen zu finden. Auch in der Kreisgeschäftsstelle des Landesbunds für Vogelschutz in Stegen rufen Menschen an, die tote Schwalben im Garten und auf den Straßen melden. Es handelt sich dabei nicht um Einzelfälle, sondern gleich eine ganze Reihe von Tieren. In Feldafing zum Beispiel habe die Feuerwehr am Sonntag 29 Schwalben aus dem Starnberger See gefischt, teilte die Polizei mit. In der Erstmeldung war noch von Mauerseglern die Rede gewesen.
Katharina Roppert-Engert von der LBV-Kreisgeschäftsstelle ist sich sicher, dass dies auch Schwalben waren. Mauersegler seien längst Richtung Süden unterwegs. In einem Garten in Breitbrunn, so sei ihr gerade vor dem Gespräch mit dem Starnberger Merkur erzählt worden, hätten neun tote Schwalben im Gras gelegen. „Dabei hätten auch die Schwalben schon fort sein sollen“, sagt sie und verweist auf eine alte Bauernregel, die besagt: „An Mariä Geburt fliegen die Schwalben furt.“ Möglicherweise handele es sich aktuell um eine Drittbrut, weil es so lange warm gewesen sei und es so viele Mücken gegeben habe. Die jungen Vögel seien aber noch schwach.

Claudius Birke leitet die LBV-Kreisgeschäftsstelle und ist genauso erschrocken wie all die Menschen, denen Vögel tot vor die Füße fallen. „Das ist kein Phänomen, das sich nur auf den Landkreis beschränkt“, sagt er. Auch von der Landesgeschäftsstelle in Hilpoltstein in Mittelfranken und aus München seien ihm Fälle gemeldet worden. Mit dem Temperatursturz und durch den Dauerregen finden die Vögel keine Nahrung. Junge Tiere würden zum Teil noch gefüttert. Aber die Eltern finden ab einer Temperatur von unter etwa zehn Grad keine Fluginsekten mehr.
Birke glaubt, dass es in der Mehrzahl Mehlschwalben betrifft, weil die draußen an den Wänden brüten. „Vielleicht auch die eine oder andere Rauchschwalbe“, mutmaßt er. Rauchschwalben hätten allerdings das Glück, in Gebäuden zu brüten, in denen sie ab und an noch auf Fliegen träfen. Trotzdem sind aktuell auch schon vereinzelte Rauchschwalben verhungert. Auch bei den Vögeln, die von den Freiwilligen Feuerwehren Feldafing und Tutzing am Sonntag aus dem Starnberger See geborgen wurden, handele es sich wahrscheinlich um Rauchschwalben. Sie seien leicht mit Mauerseglern zu verwechseln.
„Mauersegler sind schon seit August nicht mehr da“, sagt auch Gerhard Wendl von der Auffangstation in Olching. „Ich bekomme gerade Anrufe sogar aus Bad Tölz und Unterammergau“, sagt er. Seine Notfallnummer, 0176/53 56 56 98, ist auch auf der Seite des LBV-Kreisverbandes Starnberg angegeben. Vor dem Gespräch mit dem Starnberger Merkur habe er einen Anruf aus Herrsching erhalten, wo 30 Schwalben wie ferngesteuert durch die Luft schwirren würden. „Morgen sind die alle tot“, befürchtet er und spricht von einer „absoluten Notsituation“. Deshalb dürfe sich bei ihm jeder melden und noch lebende Tiere bringen.
„Wichtig dabei ist, die Vögel warmzuhalten. Nicht einfach in einen Karton legen. Sie müssen vorsichtig zugedeckt und warm gehalten werden.“ Eigentlich müssten sie mit Mehlwürmern gefüttert werden. Den Schnabel aufzubekommen, sei allerdings ein bisschen schwierig, das sollte jemand machen, der sich auskenne. „Ich verstehe nicht, dass man in dieser Situation keine Notstelle vor Ort einrichtet“, ärgert er sich. Er selbst bekomme seit Samstag Vögel. Am Sonntag seien es 100 gewesen, gestern Mittag auch schon wieder 30. Im Tierheim München, mit dem er in Kontakt ist, seien am Sonntag 120 Vögel abgegeben worden. „Schauen Sie mal nach Österreich“, sagt der Vogelfreund, „da ist es noch viel schlimmer, dort sind Zehntausende gestorben.“ Er hofft, so viele Vögel wie möglich warm halten und füttern zu können, bis die nächste Wetterhochdruckphase kommt und die Schwalben ihre Reise nach Süden endlich antreten können. Auch in Bayern sei die Zahl der toten Vögel noch viel höher, „es fallen ja nicht alle auf die Straße, und nachts werden sie dann von den Ratten gefressen“.