Protest gegen Gasbohrung in Reichling: Bürgerinitiative kann doppelten Erfolg verbuchen

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Vertreter der Bürgerinitiative und andere besorgte Bürger verfolgten die Ratssitzung. © Manuela Schmid

Der Gemeinderat Reichling hat sich klar gegen die geplante Gasbohrung und eine mögliche anschließende Förderung in Reichling ausgesprochen. Und auch der Landsberger Landrat Thomas Eichinger wehrt sich nun gegen die Pläne.

Reichling – Gleich einen doppelten Erfolg hatte die „Bürgerinitiative Reichling-Ludenhausen – gegen die Ausbeutung unserer Heimat” am Montagabend feiern können: Einstimmig kam der Reichlinger Gemeinderat zu der Entscheidung, dass das Gremium sowohl die bereits genehmigte Gasbohrung ablehne, als auch eine mögliche anschließende Förderung (die noch genehmigt werden müsste). Fast zeitgleich verkündete Landrat Eichinger im Kreistag, dass er einen Protestbrief an Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger gegen die Bohrpläne verfassen werde.

Reichlings Vizebürgermeister Bernhard Pössinger, der die Gemeinderatssitzung in Vertretung für Bürgermeister Johannes Hintersberger leitete, hatte die Bürgerinitiative eingeladen. Es war das erste Mal, dass die Gegner der Gasbohrung von dem Gremium offiziell angehört wurden.

Mistreiterin Tanja Spindler-Kratzl hielt einen ausführlichen Vortrag über mögliche Risiken und betonte dabei: „Alles, was wir erzählen, ist fundiert.“ Es stamme aus zuverlässigen Quellen. Sie warnte unter anderem vor Gefahren bzw. Verunreinigungen durch kontaminierte Schlämme und durchs Abfackeln. Ebenso ergebe sich eine Gefahr durch den Schwerlastverkehr, bei dem es bei Unfällen zu Kontaminationen durch Chemikalien kommen könne.

Daneben entstünde eine enorme Lärm- und Lichtverschmutzung für die Anwohner und für die Natur, führte Spindler-Kratzl aus. Franz Osterrieder von der Bürgerinitiative wies auf mögliche Risiken für die örtliche Feuerwehr bei einem möglichen Austritt von Methangas hin.

Auch im Gemeinderat wurden die Pläne der „Genexco Gas“, die mit kanadischen Investoren in Reichling in mehr als 3000 Meter Tiefe und in unmittelbarer Nähe zu den Trinkwasserquellen der Gemeinde sowie einem europäischen Schutzgebiet Gas fördern will, sehr kritisch gesehen. Vor allem stellte sich den Räten die Frage, was das Ganze der Gemeinde bringen würde.

Hans-Jürgen Korn wies darauf hin, dass es jetzt in Deutschland keinen Gasnotstand mehr gebe. Reichling sei für die Versorgung der Bundesrepublik nicht ausschlaggebend, stellte er fest. Walter Dirr meinte: „Die Gemeinde hätte von den Bohrungen gar nichts – außer Lärm, Dreck und Abgasen.“

Greenpeace-Vertreter in Sitzung anwesend

Benjamin Graf betonte: „Es geht um unsere Gesundheit und die Gesundheit unserer Kinder.“ Letztendlich kam das Gremium zu dem Schluss, dass die Bohrung einfach zu viele Risiken bergen würde und fasste den Ablehnungsbeschluss. Eine Klage will die Gemeinde dagegen – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – nicht anstreben, wie ebenso beschlossen wurde.

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Natürlich kann die Gemeinde durch ihren Beschluss die Bohrungen nicht direkt verhindern. Dennoch war die Bürgerinitiative sehr erfreut über die Entscheidung: „Dieser einstimmige Beschluss signalisiert den Bürgern, dass sie mit ihren Bedenken nicht allein gelassen werden, dass es politische Institutionen gibt, in denen ihre Probleme angemessen behandelt werden“, sagte Franz Osterrieder. „Es ist aber auch ein Signal an die Erdgas-Firma Genexo, dass sie hier in Reichling, in der ganzen Ammersee-Region nicht willkommen ist. Und an Wirtschaftsminister Aiwanger, dass seine Genehmigung, hier nach Gas bohren zu lassen, nicht ganz durchdacht war.“

Auch Saskia Reinbeck, Energie-Expertin von Greenpeace Bayern, und Greenpeace-Pressesprecher Georg Thanscheidt waren bei der Sitzung anwesend. Reinbeck sah in der Entscheidung ein „wichtiges politisches Signal“.

Klimaaktivisten ziehen nach Reichling

Nach über vier Jahren Dauerprotest wird das Klimacamp am Augsburger Rathaus abgebaut. Die Veränderung fällt zusammen mit der Sperrung des Rathauses, wodurch die Stadtpolitik aus dem Rathaus auszieht und sich auf verschiedene Gebäude im Stadtgebiet verteilt. Wie die Aktivisten in einer Pressemitteilung schreiben, wollen sie sich anstelle des Dauercamps nun künftig für dezentrale Pop-up-Klimacamps und andere Aktionen einsetzen – immer dort, wo aus ihrer Sicht klimapolitisch etwas falsch läuft.

Unter anderem geht es für die Aktivisten nach Reichling, wo sie im August den Protest der Bürger gegen die geplanten Erdgasbohrungen unterstützen wollen. Dafür soll auch ein Teil der baulichen Campstrukturen, die noch bis Ende Juli in Augsburg stehen, nach Reichling umziehen, heißt es in der Mitteilung.

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