Kolumne von Franca Bauernfeind - Ich habe wieder Hoffnung – egal, wie hysterisch sich Linksgrüne aufspielen

Mit etwas Abstand und nüchternem Blick kann die letzte Woche mit Fug und Recht als eine Zäsur in diesem Bundestagswahlkampf bezeichnet werden. Ein Rentenwahlkampf – wie ihn die SPD gerne gehabt hätte – wird in den letzten 20 Tagen vor der Wahl nicht mehr hochkochen. 

Und auch die Migrationspolitik darf nicht das einzig entscheidende Thema bleiben. Es geht in dieser Bundestagswahl um mehr, wenn nicht gar um alles: Um sichere Arbeitsplätze, um Industrie und Wirtschaft, um die steigende Inflation und die hohen Energiepreise und um den Bürokratieabbau. 

Die Liste ist selbstredend nicht vollständig und doch wird mit dieser Aufzählung klar: Der Reformdruck in der Bundesrepublik ist immens.

Vergangene Woche hat gezeigt, dass die Demokratie lebt

Lange habe ich mir Gedanken darüber gemacht, ob all diese Probleme von der nächsten Bundesregierung, gleich welche Parteien an der Regierungsbildung beteiligt sein werden, überhaupt angegangen und gelöst werden können. Gerade die letzte Woche hat mir gezeigt: Es kann funktionieren. 

Denn fernab der ganzen Hasstiraden, wüsten Beschimpfungen und an den Haaren herbeigezogenen Unterstellungen gegen die Union hat die vergangene Woche zuvorderst gezeigt, dass die Demokratie lebt und mit ihr die drängenden Probleme gelöst werden können.

Ein Blick zurück. „Diese Woche ist historisch“, sagte ich zu einer Bekannten aus der Universität, die ich auf meiner Heimfahrt zufällig in der Straßenbahn treffe. Es ist Mittwochabend, der 29. Januar. Meine ehemalige Kommilitonin – gleiches Alter, gleiche Fächerkombination im Studium wie ich, politisch links der Mitte eingestellt – machte große Augen: „Dass du der Meinung bist, was da heute im Bundestag passiert, ist ein schwerer Schaden an der Demokratie, hätte ich nicht gedacht. Endlich wachst du auch mal auf, Franca!“

Über die Kolumnistin

Franca Bauernfeind (geb. 1998) studiert derzeit an der Universität Erfurt im Masterstudiengang Staatswissenschaften. Die begeisterte Leistungsschwimmerin, Geigerin und Chorsängerin ist Stipendiatin der Hanns-Seidel-Stiftung, engagiert sich in verschiedenen Hochschulgremien und ist publizistisch tätig. Bundesweit bekannt wurde Franca Bauernfeind als Bundesvorsitzende des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) und Mitglied im Bundesvorstand der CDU.

„Nein, das war ein Befreiungsschlag der Union“

Ich war irritiert und doch sogleich wieder gefasst. Denn ich kenne ja die Argumentationsweise, die CDU, mich und andere in die rechte Ecke zu stellen und damit Personen und Positionen zu delegitimieren, nur allzu gut. 

Deshalb entgegnete ich klar: „Nein, das war ein Befreiungsschlag der Union, um endlich wieder Politik für dieses Land zu machen. CDU-pur eben. Sich nicht mehr aus Angst vor links-grünen Medien oder einer lautstark vertretenen, vermeintlich ‚richtigen‘ Meinung selbst zu geißeln. Dieser Tag ist historisch, weil er die Demokratie gerade hat aufblühen lassen.“ 

Wir diskutierten und stritten, kamen aber nicht zu einer Einigung und schließlich stieg jede an ihrer Haltestelle aus.

Die Demokratie ist so intakt wie seit Jahren nicht mehr

Dass der Fünf-Punkte-Plan der Union zur Migration am besagten Mittwoch zunächst eine Mehrheit im Parlament bekam, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eines der Stärke. Ein Zeichen von Stärke deshalb, weil die Demokratie so intakt ist wie seit Jahren nicht mehr.

Die Abgeordneten haben gemäß Artikel 38 des Grundgesetzes von ihrem Recht Gebrauch gemacht, nach eigenem Gewissen abzustimmen. Wann hat es das letzte Mal eine Abstimmung gegeben, die allein auf Initiative des Parlaments eingereicht worden war und solch eine Schlagkraft entwickelt hatte? 

Denn die Verschiebung in einer immer komplexer werdenden Welt hin zur Exekutive schafft auch eine Verlagerung der politischen Gestaltungsfunktion: Die meisten Gesetzesentwürfe kommen heute aus den Ministerien und werden von der Mehrheit im Parlament – das ist in den allermeisten Fällen die Regierungskoalition – abgenickt. Nun aber der Befreiungsschlag der Union und mit ihr des Parlaments selbst, welches seine legislative Funktion par excellence ausübte.

Der große Gewinn: Jeder diskutiert, bildet sich eigene Meinungen

Zwei Tage später fiel der Gesetzesvorschlag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der Abstimmung am 31. Januar dann durch. Wieder eine spannende Debatte im Bundestag. Wieder ein Schlagabtausch der verschiedenen Fraktionen. 

Die Bevölkerung verfolgte gebannt, was passieren würde. Dass der Entwurf keine Mehrheit fand, werte ich nicht als „Gesichtsverlust“ von Friedrich Merz, wie es aktuell gerne betitelt wird. Eher zeigt es, wie sehr dieses Thema eines öffentlichen Diskurses bedarf. 

Überall, ob zu Hause, am Arbeitsplatz, im Freundeskreis oder auf Blogs wird darüber gesprochen. Meist heißt es: „Unabhängig von der Migrationsfrage finde ich, das muss mal auf den Tisch und das hat der Merz gemacht.“

Der große Gewinn: Jeder diskutiert, sucht den öffentlichen Raum, bildet sich eigene Meinungen, wirft verschiedene Argumente in den Ring und informiert sich. Politik ist wieder spannend. Die Demokratie lebt.

Erinnerung an den Fall Kemmerich wird wach

Leider – und das ist das undemokratische Element dieser Woche gewesen – fand genau wieder einmal das statt, was mich als Thüringerin, meiner zweiten Heimat, gar nicht mehr zur Weißglut bringt. Ich erinnere mich noch zu gut daran, dass nach der Wahl von FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten 2020 ein Sturm über Thüringen hereinbrach. 

Damals war ich Mitglied im CDU-Landesvorstand und erlebte diesen Tag und alles, was die Wochen, Monate und Jahre an Missgunst, Hass und Verunglimpfung gegenüber meiner Partei und mir selbst stattfand, hautnah mit. Ich verlor Freunde und Weggefährten.

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Ein Sturm über Deutschland wird erzeugt

Die Tatsache, dass auch diesmal – jetzt neben der FDP – auch die Abgeordneten der AfD einem Antrag – jetzt der Union – zustimmten, machte die SPD rasend: „Geschichtsvergessen“, nannte es Innenministerin Nancy Faeser, einen „Tabubruch mit Ansage“ Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und „ein schlechtes Zeichen“ Kanzler Olaf Scholz.

Dieses andauernde Herunterbeten der Floskeln „Dammbruch“, oder „die CDU zeigt ihr wahres Gesicht“ – gemeint ist aufgrund der Stimmen der AfD, sie sei „rechts“ – versucht das demokratische Momentum einer dringend notwendigen Debatte in der Öffentlichkeit mit der berühmten Moralkeule zu zerschlagen. 

Ein Sturm über Deutschland wird erzeugt, wo doch nur das Nötigste, was Land, Leute und die Demokratie gerade bewegt, auf der Tagesordnung war. Der wahre Schaden der Demokratie in diesen Tagen resultiert aus der Verharmlosung des Holocaust – SPD-Minister Karl Lauterbach lässt grüßen–, aus der Tabuisierung drängender Fragen und aus der Tatsache, dass sich die Wähler mit ihren Problemen nicht ernst genommen fühlen.

Jetzt ist das demokratische Momentum nicht mehr kleinzukriegen

Das demokratische Momentum war aber nicht mehr kleinzukriegen an diesem 31. Januar. 1500 Menschen versammelten sich an jenem Freitagabend vor der Messehalle in Erfurt, um gegen die CDU zu demonstrieren. Drinnen wurde Friedrich Merz zu einem Wahlkampfauftritt erwartet, der aufgrund der länger dauernden Sitzung in Berlin erst recht spät begann. 

Ein sichtlich gelöster und aus dem Nähkästchen plaudernder Kanzlerkandidat stand schließlich spätabends auf der Bühne. Mittlerweile hatten die linken Demonstranten vor der Messe ihre Stellung verlassen – offenbar hat auch der Kampf gegen den „drohenden Faschismus“, wie es skandiert wurde, geregelte Arbeitszeiten. 

In der großen Halle sprach Merz vor einem begeisterten Publikum. „Ich würde es genau so wieder machen“, sagt er. In diesem Moment denke ich mir, was so viele Menschen ebenfalls spüren: „Endlich ein Politiker mit Rückgrat!“

Merz hat das Thema unwiderruflich in den politischen Fokus gebracht

Unser politisches System lebt davon, an den Wähler rückgekoppelt zu sein. Man muss dafür nicht Demokratietheorie studiert haben, um zu erkennen, dass die Rückbindung an die Wählerschaft in den letzten zwei Jahrzehnten immer schwächer geworden ist. 

Einiges liegt sicher auch in der Komplexität und der Krisenhaftigkeit unserer Zeit begründet. Es ist aber zu großen Teilen auch hausgemacht. Die Ampelkoalition hatte eine Mehrheit, die drängenden sicherheitspolitischen Fragen zu lösen. Sie hätte auf ebenso demokratischem Wege Maßnahmen vorschlagen können, die auf Recht und Ordnung abzielen, und sie hätten aus der Bevölkerung sicherlich viel Zustimmung dafür bekommen.

Das konnte – oder wollte – die Bundesregierung nicht. Jetzt hat Merz also das Thema unwiderruflich in den politischen Fokus gebracht.

Das Land braucht Politiker mit Rückgrat

Die Menschen haben den Politikstil des „Everybodys Darling“ der letzten zwei Jahrzehnte satt. Das Land braucht Politiker mit Rückgrat, die trotz jedes Mediensturms erdverwachsen bei ihrer Haltung und ihrer Position bleiben, auch wenn diese nicht jedem gefallen mag.

Noch ist es ein kleiner Samen, der gesät wurde. Er soll für eine neue Ära des Politiktreibens stehen, die sich wieder in den Dienst der Wähler, der Probleme der Menschen und den Herausforderungen der Transformation stellt. 

Um Vertrauen zurückzugewinnen, braucht die neue Bundesregierung einen langen Atem. Es wird nicht alles sofort umsetzbar sein. Zumindest im schwarz-gelben Teil der politischen Mitte aber ist eine neue Ernsthaftigkeit angekommen. Ich habe Hoffnung, dass wir das Ruder herumgerissen bekommen.