Mehrheit der Deutschen erwartet keinen Politikwechsel - Merz mit Tiefstwert

Umfrage: Begrenzte Erwartungen an künftige Koalition

09.23 Uhr: Die künftigen Koalitionäre von Union und SPD müssen bei den Menschen noch viel Überzeugungsarbeit leisten, dass sie die Probleme im Land lösen können. 46 Prozent der Befragten im neuen "ZDF-Politbarometer" glauben, dass Schwarz-Rot einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Probleme in Deutschland leisten wird, 51 Prozent bezweifeln das. 

Nur 35 Prozent der Befragten erwarten, dass die künftige Regierung die wirtschaftliche Lage verbessern wird. 19 Prozent befürchten eine Verschlechterung, 44 Prozent glauben, dass sich an der ökonomischen Situation wenig ändern wird. 

In der Migrationspolitik begrüßen zwar 70 Prozent die geplanten Verschärfungen, aber nur 30 Prozent erwarten, dass sich die Probleme in dem Bereich besser gelöst werden. 12 Prozent gehen gar von einer Verschlechterung aus, für 54 Prozent wird es mit einer neuen Regierung keine großen Veränderungen geben. 

Union und SPD hatten am Mittwoch ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. 39 Prozent der Befragten meinen, CDU/CSU hätten sich stärker durchgesetzt. 36 Prozent sehen dies für die SPD. Vor drei Wochen während der Verhandlungen hatten 68 Prozent angegeben, die Union werde mit ihren Positionen stärker punkten, nur 24 Prozent hatten dies der SPD zugetraut. 

Trotz der Unterschiede in der Erwartungshaltung stehen die Deutschen der künftigen Koalition mehrheitlich positiv gegenüber. 55 Prozent der Befragten finden es gut, wenn es zum Bündnis von Union und SPD kommt. Nicht gut finden dies 29 Prozent, elf Prozent ist es egal. 

In der Sonntagsfrage rückt die AfD an die Union heran. Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, lägen CDU/CSU mit 26 Prozent weiter vorn, ein Minus von einem Prozentpunkt zur vorherigen Umfrage. Die AfD kann zwei Punkte auf 24 Prozent zulegen. Die SPD verliert einen Punkt auf 15 Prozent. Grüne (12), Linke (10), BSW (3) und FDP (4) bleiben bei ihren Werten. 

Bei der Bewertung von Politikerinnen und Politikern ("Was halten Sie von") liegt auf einer Skala von +5 bis -5 der geschäftsführende Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit einem Wert von 1,9 weiter vorn. SPD-Chef Lars Klingbeil liegt in der Top-Ten-Liste mit 0,5 auf Platz 3, CSU-Chef Markus Söder mit minus 0,6 rangiert auf Platz 5. Der künftige Kanzler Friedrich Merz kommt als Siebter mit minus 0,8, laut ZDF ist der CDU-Chef damit auf seinen Tiefstwert gefallen. 

Die Frage "Friedrich Merz als Bundeskanzler finde ich..." beantworteten nur 36 Prozent mit gut, 59 Prozent hingegen mit "nicht gut". Noch Anfang März hatten dies 44 Prozent bejaht und 50 Prozent verneint. 

*Für das ZDF-Politbarometer befragte die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen vom 8.-10. April 1.322 Wahlberechtigte. Zusätzlich wurde ein Politbarometer-Extra am 9. und 10. April mit 1.133 Interviews realisiert. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte.

Frei: Koalitionsgespräche standen Montag auf der Kippe

Freitag, 11. April, 06.58 Uhr: Nach dem brisanten Bericht vom Donnerstagabend über das Fast-Scheitern der Verhandlungen von Union und SPD bestätigte der Merz-Vertraute Thorsten Frei gegenüber dem "Tagesspiegel" die heikle Zeit. "Es gab tolle Momente. Der vergangene Montag war eher schwierig, da stand die Koalition auf der Kippe", sagte CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer. CDU, CSU und SPD hatten im Mittwoch eine endgültige Einigung erzielt und ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. 

Die künftige Bundesregierung will Frei zufolge auf weltpolitische Entwicklungen trotz der Festlegungen des Koalitionsvertrags flexibel reagieren. "Wir haben fest vereinbart, uns nicht sklavisch an den Koalitionsvertrag zu halten, wenn sich die Weltlage dramatisch verändert. Alle drei Parteien wissen, dass wir in ernsten Zeiten leben", sagte der CDU-Politiker. "Wir werden auf weltpolitische Umwälzungen und externe Schocks, die Deutschland berühren, mit der gebotenen Flexibilität reagieren." Das hätten sie sich «versprochen», sagte der CDU-Politiker. "So etwas muss man nicht aufschreiben."

Finanzstreit eskalierte, dann saß man in getrennten Räumen - Schwarz-rot stand kurz vorm Scheitern

17.20 Uhr: Nur kurz bevor es zur Einigung kam, drohte die Koalition zwischen Union und SPD zu scheitern. Laut der „Bild“ entflammten hitzige Diskussionen über Steuern und Finanzen in den Verhandlungen. Es kam so weit, dass die Parteien nicht mehr im selben Raum verhandelten.

Demnach sollen SPD-Chef Lars Klingbeil und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt die Verhandlungen schließlich durch ein intensives Vier-Augen-Gespräch gerettet haben. Die „Bild“ berichtet, dass Dobrindt als geschickter Verhandler fungierte, dem Merz und Söder vertrauten. 

Dobrindt startete eine „Pendeldiplomatie“: Immer wieder vermittelte er zwischen den getrennten Verhandlungsräumen. Nach hitzigen Diskussionen über Steuererhöhungen und Entwicklungshilfe einigte man sich schließlich kurz vor Mitternacht. Die „Bild“ zitiert einen Verhandler: „Es stand Spitz auf Knopf.“

Laut der „Bild“ könnte weiterer Streit vorprogrammiert sein, da im Vertrag steht: „Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt.“ Zukünftige Regierungsentscheidungen werden zeigen, was tatsächlich finanzierbar ist.

Söder gibt bei Atomkraft auf

15.39 Uhr: CSU-Chef Markus Söder ist nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen von seinem Langzeit-Thema einer Reaktivierung der Kernkraft in Deutschland abgerückt. "Die Kernenergie war nicht mehr möglich zu machen", sagte Söder in München. 

Die CSU habe den Wunsch geäußert, eine politische Mehrheit dafür sei nicht erreicht worden. "Das ließ sich nicht umsetzen", sagte Söder. "Und aufgrund des Zeitablaufes, der sich dann irgendwann auch mal ergibt, es dann wirtschaftlich irgendwann auch mal keinen Sinn mehr macht."

Söder hatte in den vergangenen Jahren vehement Stimmung gegen den geschäftsführenden Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck (Grüne) gemacht, der auch in der Energiekrise eine Reaktivierung der Atomkraft als nicht zielführend angesehen hatte. Die Wiedererweckung der Atomkraft war eines der Dauerthemen im Wahlkampf Söders.

CSU stimmt schwarz-roten Koalitionsvertrag zu

14.10 Uhr: Als erste der drei beteiligten Parteien hat die CSU den ausgehandelten Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD gebilligt. Der einstimmige Beschluss fiel in einer Schalte von Parteivorstand, CSU-Bundes- und Landtagsabgeordneten, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. «Wir haben einfach Tempo», sagte Parteichef Markus Söder nach Teilnehmerangaben.

Bei der CDU soll satzungsgemäß ein Kleiner Parteitag über die geplante Koalition entscheiden, möglicherweise am 28. April. Bei der SPD beginnt am kommenden Dienstag eine Befragung der gut 358.000 Mitglieder. Das Abstimmungsverfahren dauert zwei Wochen und endet mit Ablauf des 29. April.

Kreise: Söder rechnet mit Kanzlerwahl am 6. Mai

14.00 Uhr: Die Wahl von Friedrich Merz zum nächsten Bundeskanzler könnte laut CSU-Chef Markus Söder am 6. Mai stattfinden. Wenn alles nach Plan laufe, dann könne der Koalitionsvertrag von Union und SPD am 5. Mai unterschrieben werden, tags drauf könne Merz dann im Bundestag gewählt werden, sagte der bayerische Ministerpräsident nach Angaben von Teilnehmern in einer internen Sitzung des CSU-Vorstands in München. Erst nach der Wahl des Kanzlers würden dann die Namen der künftigen Minister bekanntgegeben.

Als erste der drei beteiligten Parteien will die CSU im Verlauf der Sitzung über den ausgehandelten Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD abstimmen.

"Mathematische Wundertüte": Experten zerlegen Renten-Pläne von Schwarz-Rot

11.31 Uhr: Union und SPD wollen das aktuelle Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031 gesetzlich festschreiben. Zudem soll ab 2026 die steuerfreie Aktivrente starten. Ebenso nächstes Jahr ist der Start der "Frühstart-Rente" geplant. Die letzte Stufe der Mütterrente soll auch noch vollzogen werden. 

 Experten kritisieren die Pläne von Schwarz-Rot. "Gleichzeitig Steuern zu senken, aber in der Rente die ohnehin kommenden Mehrausgaben weiter zu erhöhen, das stammt aus der mathematischen Wundertüte", findet Prof. Axel Börsch-Supan von der Max-Planck-Gesellschaft. Prof. Christian Hagist sagt gegenüber der "Bild": "Statt dringend nötiger Reformen, um die Jungen an Bord zu halten, gaukeln die Koalitionäre Sicherheit vor – und beschleunigen das Kentern des Tankers Rentenversicherung." Hagist hält die Maßnahmen für "ein teures Wahlgeschenk auf Kosten der jungen Generation".

Prof. Joachim Ragnitz vom ifo-Institut findet, dass vor allem die Mütterrente "durch nichts zu rechtfertigen, sondern ausschließlich Klientelpolitik der CSU" sei. Als "einigermaßen putzig" bezeichent er die "Frühstart-Rente". Denn: "Das sind nur rund 1400 Euro pro Person, und selbst wenn man die über 45 Jahre zu 5 Prozent anlegt, kommen da nur rund 12.600 Euro heraus.“

Erste SPD-Gruppe will Ablehnung des Koalitionsvertrags empfehlen

07.45 Uhr: Aziz Bozkurt ist Teil der Arbeitsgruppe „Migration und Vielfalt“ in der SPD. Er zeigt sich nach dem Abschluss der Koalitionsgespräche unzufrieden mit dem Papier. "Wir erkennen die Bemühungen der Verhandler auf Seiten der SPD an, die die rechtswidrige Prüfung der Aberkennung der Staatsbürgerschaft aus dem Sondierungspapier rausverhandelt haben. Der Vertrag ist im Bereich Migration und Integration jedoch keinesfalls mit einer sichtbaren Handschrift der SPD versehen", betont Bozkurt gegenüber FOCUS online.

Er sieht in dem Koalitionspapier im Bereich Migrationspolitik viele "offene Baustellen" und "rechtlich fragwürdige Vorhaben". Bozkurt weiter: "In Kombination mit wenig Erfolgen in der Sozialpolitik ist zu befürchten, dass diese Koalition zum Katalysator für rechte Kräfte wird. Eine schwere Hypothek mit Blick auf 2029. Hier liegen wir hoffentlich deutlich daneben."

Aus diesen Gründen will seine Gruppe den SPD-Mitgliedern die Ablehnung beim Mitgliedervotum empfehlen. „Daher lehnen wir als Fachexpertinnen und –experten für Migration und Teilhabe den Koalitionsvertrag entschieden ab und rufen alle SPD Mitglieder auf, diesem Entwurf nicht zuzustimmen", stellt Bozkurt klar.

Markus Söder (l-r) neben Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Saskia Esken bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages
Markus Söder (l-r) neben Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Saskia Esken bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages AP Photo/Markus Schreiber

Merz-Vertrauter verspricht: Abschiebeflüge nach Syrien und Afghanistan kommen

07.00 Uhr: Thorsten Frei, enger Merz-Vertrauter und Asylexperte, hat in einem Interview mit der "Bild" über den Koalitionsvertrag gesprochen - und ihm die Note "2" gegeben. „Ich glaube, dass uns wirklich ein Koalitionsvertrag gelungen ist, mit dem wir sehr zufrieden sein können", sagte Frei. 

In dem Interview geht Frei genauer auf die angestrebte Migrationswende ein. Und gibt den Bürgern ein großes Versprechen: „Wir werden Rückführungen und Rückflüge nach Afghanistan und Syrien machen.“ Und er legt nach: "Darauf können sich die Deutschen verlassen. Dieser Flug im Spätsommer des letzten Jahres hat ja deutlich gemacht, dass es funktioniert, dass es geht. Deswegen sind wir davon überzeugt, dass wir das auch zukünftig, dauerhaft und in wesentlich größeren Bereichen auch hinbekommen.“

Frei führt auch aus, wie viele Menschen das dann de facto trifft: "Von den 240.000 Menschen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, sind knapp 200.000 mit einer Duldung versehen. Sie müssen in jedem Fall das Land verlassen und zwar eigentlich freiwillig."

Koalitionsvertrag steht: Heute entscheidet die CSU

Donnerstag, 10. April, 05.06 Uhr: Nach der Einigung der Spitzenleute von CDU, CSU und SPD entscheiden nun die Parteien über den ausgehandelten Koalitionsvertrag. Bei der CSU will der Vorstand bereits heute sein Votum abgeben, das Ergebnis gibt Parteichef Markus Söder am frühen Nachmittag bekannt. Bei der SPD beginnt die geplante Befragung der gut 358.000 Mitglieder am kommenden Dienstag, wie die Partei am Abend mitteilte. Das Abstimmungsverfahren dauert zwei Wochen und endet mit Ablauf des 29. April.

Bei der CDU soll einen Tag vorher satzungsgemäß ein Kleiner Parteitag entscheiden. Zwar gab es auch dort Forderungen nach einer Mitgliederbefragung, allerdings nur vereinzelt - nötig wäre dafür unter anderem die Unterstützung von mindestens einem Drittel der Landesverbände.

FDP-Politiker Buschmann: "Ampel hätte besser weiter machen sollen"

22.11 Uhr: Der frühere Justizminister Marco Buschmann hat sich enttäuscht über die Inhalte im Koalitionsvertrag geäußert. "Wenn ich sehe, was die Union aus ihrem Wahlsieg gemacht hat, hätte die Ampel besser weiter machen sollen. Das wäre finanzpolitisch seriöser, besser für die Bürgerrechte und sogar marktwirtschaftlicher als das, was Union und SPD jetzt vorlegen", schrieb der FDP-Politiker am Mittwoch bei X.

Söder: Merz führt bereits Gespräche über Zurückweisungen

19.35 Uhr: Der CSU-Vorsitzende Markus Söder stellt bereits zum Start einer schwarz-roten Bundesregierung eine massive Ausweitung der Grenzkontrollen in Aussicht. Im Fernsehsender "Welt" versicherte der bayerische Ministerpräsident am Abend, die angepeilten Zurückweisungen an den deutschen Grenzen würden von einem Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vom ersten Tag an umgesetzt. 

"Er ist jetzt bereits in Gesprächen mit unseren Partnern, mit Polen, mit Tschechien und mit Österreich - und ich bin ganz sicher, dass wir da hervorragende Lösungen finden werden", sagte Söder.

Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD heißt es: "Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen." Was "in Abstimmung" genau bedeutet, ließ der CSU-Chef offen.