Gesundheitsgefahr: Medizin-Akademie warnt vor „gravierenden Fehlern“ in DGE-Ernährungsempfehlung

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Kaum tierische Produkte, dafür Obst, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte – dazu rät die DGE in ihrer Ernährungsempfehlung. Daran wurde jedoch auch Kritik laut.

Frankfurt – Die Deutsche Ernährungsgesellschaft (DGE) aktualisiert ihre Empfehlungen für eine gesunde und ausgewogene Ernährung fortwährend. Infolge ihres neuesten Updates Anfang März regte sich jedoch auch deutliche Kritik an den Vorgaben der DGE. Doch der Reihe nach.

DGE empfiehlt: „Bunt und gesund essen und dabei die Umwelt schonen“

In ihren Empfehlungen riet die DGE Verbraucherinnen und Verbrauchern dazu, mehr pflanzliche und weniger tierische Lebensmittel zu sich zu nehmen. „Bunt und gesund essen und dabei die Umwelt schonen, das sind die DGE-Empfehlungen“, heißt es auf der Website der Ernährungsgesellschaft in Kurzform. Wer sich dabei vorwiegend von Obst, Gemüse, Nüssen und Hülsenfrüchten sowie pflanzlichen Ölen ernähre, schützt damit „nicht nur seine Gesundheit, sondern schont die Ressourcen der Erde“. Außerdem empfiehlt die DGE, Produkte aus Vollkorn Weizenprodukten vorzuziehen.

In ihren neuen Essensempfehlungen rät die DGE, den Verzehr von tierischen Produkten zu reduzieren. Stattdessen solle man auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte zurückzugreifen. Daran gibt es jedoch auch Kritik.
Eine Auswahl an Ost, Gemüse, Hülsenfrüchten und Fisch © IMAGO/Roman Möbius

Doch was genau heißt das in Zahlen? Die DGE rät jeder Verbraucherin und jedem Verbraucher, nur noch 300 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche zu verzehren. Damit senkt die DGE ihre Empfehlung für den Konsum von Fleischprodukten um die Hälfte des bislang empfohlenen Wertes – bislang hatte die DGE Empfehlung für Fleischprodukte noch bei wöchentlich 600 Gramm gelegen. Dafür sollte der DGE zufolge täglich 25 Gramm Nüsse, 300 Gramm Getreideprodukte und mindestens 125 Gramm Hülsenfrüchte wie Erbsen oder Bohnen pro Woche zu sich nehmen. Außerdem rät die DGE dazu, nur ein Ei pro Woche zu essen. Letzteres sorgte in der Osterzeit bereits für Aufregung.

Deutsche Ernährungsgesellschaft rät zu weniger Fleisch – und Slow Food statt Fast Food

Obwohl Fleisch zwar reichlich Spurenelemente wie Eisen, Selen und Zink enhalte, erhöhe der Verzehr von viel rotem Fleisch und vor allem Wurst jedoch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Dickdarmkrebs. Darüber belaste die Herstellung von Fleisch- und Wurstwaren die Umwelt signifikant stärker als die pflanzlicher Lebensmitteln, mahnt die DGE außerdem.

Vorsicht ist der Ernährungsgesellschaft zufolge aber auch bei Zucker, Salz und manchen Fetten geboten. Diese nämlich seien oftmals versteckt in verarbeiteten Lebensmitteln enthalten – vor allem in Wurst, Gebäck, Süßwaren, Fast Food und Fertigprodukten. Wer jene Produkte häufig isst, nimmt ein gesteigertes Risiko für Übergewicht, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes in Kauf.

Auch rät die DGE dazu, sich beim Essen Zeit zu lassen und Mahlzeiten bewusst zu genießen. Bewusst und langsam zu essen, fördere nämlich zugleich das Sättigungsgefühl. Wer langfristig gesund bleiben möchte, sollte außerdem darauf achten, sich täglich zu bewegen. Dadurch lasse sich die Gesundheit der Knochen fördern und das Risiko für die Entwicklung von Krankheiten und Übergewicht senken, rät die DGE.

DGE-Essensempfehlung wird scharf kritisiert – „gravierende Fehler in etlichen inhaltlichen Aussagen“

An der neuen Ernährungsempfehlung der DGE gibt es jedoch auch deutliche Kritik. Etwa von der Deutschen Akademie für Präventivmedizin (DAPM). Mit ihrer aktualisierten Empfehlung entferne sich die DGE noch weiter als bislang schon vom tatsächlichen Konsum der Deutschen, kritisieren ihre Vertreterinnen und Vertreter. 2022 betrug der durchschnittliche Fleischverzehr in Deutschland nämlich rund 52 Kilogramm pro Kopf. Für 2023 gingen erste Prognosen zwar davon aus, dass er knapp unter 50 Kilogramm sinken könnte – aber dennoch wäre er immer damit noch immer mehr als dreimal so hoch wie die Menge Fleisch, zu der die DGE in ihrer Ernährungsempfehlung rät.

Der Akademie kritisiert, dass die Empfehlungen der DGE allgemeingültig für alle Bevölkerungsschichten ausgesprochen werden. Sowohl an Kitas, Schulen und Unternehmenskantinen bis hin zu Seniorenheimen gilt die DGE-Empfehlung als Standard. Auf individuelle Bedürfnisse einer gesunden und ausgewogenen Ernährung könne damit nicht eingegangen werden, warnt die DAPM.

Auch sieht sie „gravierende Fehler in etlichen inhaltlichen Aussagen“ der DGE-Empfehlung. Diese seien oftmals überholt und nicht evidenzbasiert, kritisieren die DAPM-Angehörigen. Zusätzlich dazu scheint sie den Aspekt des Klimaschutzes teilweise über die gesundheitlichen Belange der Bevölkerung zu stellen. „Es kann keine einheitlichen Empfehlungen für die Ernährung aller Menschen in Deutschland geben, da sich deren gesundheitliche Ausgangslage unterscheidet“, erklärt DAPM-Vizepräsident Dr. Johannes Scholl dem Online-Landwirtschaftsmagazin Top Agrar Online.

Kritik an DGE-Empfehlung: „Gravierende Fehler in etlichen inhaltlichen Aussagen“

In einer Bevölkerung mit einem stetig steigenden Anteil von Menschen mit Übergewicht und Adipositas, Prädiabetes und Diabetes, in der schlanke und sportliche Menschen mittlerweile eine Minderheit darstellen, solle man nicht auf Basis theoretischer Überlegungen entscheiden, erklärt die DAPM. Die neuen DGE-Empfehlungen seien für große Teile der Bevölkerung in Deutschland deshalb nicht nur wenig hilfreich, sondern könnten vielen sogar schaden.

Konkret kritisiert die DAPM folgende Aspekte der neuen DGE-Ernährungsempfehlung:

  • Die Einteilung von Lebensmitteln in solche „pflanzlichen Ursprungs“ und wiederum solche „tierischen Ursprungs“ sei wissenschaftlich betrachtet unsinnig, da es auf beiden Seiten sowohl bedenkliche als auch gesundheitsfördernde Lebensmittel gebe.
  • Milchprodukte im Vergleich zu früheren DGE-Empfehlungen um ein Drittel zu reduzieren, habe keine wissenschaftliche Grundlage. Milchprodukte hätten nach aktueller Evidenzlage positive Effekte auf die Gesundheit, da sie zu einer Minderung des Risikos für Herzinfarkt und Schlaganfall beitrügen.
  • Der allgemeine Verzicht auf sogenannte tierische Lebensmittel könne bedenklich sein: Die ausreichende Versorgung relevanter Bevölkerungsteile (z. B. Kinder und Senioren) mit genügend und hochwertigem Eiweiß, essenziellen Aminosäuren und Fettsäuren sowie mit Spurenelementen und Vitaminen werde durch die DGE-Empfehlungen nicht gewährleistet.
  • Die Empfehlung „an alle“, täglich 300 Gramm Getreideprodukte verzehren, sei für viele Millionen Menschen in Deutschland nicht nur nicht hilfreich, sondern sogar gesundheitsgefährdend. Etwa für Diabetiker.
  • Die empfohlene Beschränkung des Verzehrs von Eiern sei seit Jahrzehnten überholt und wurde von führenden Fachgesellschaften weltweit längst aus den Empfehlungen gestrichen.

Ernährungsempfehlungen der DGE ist bei Weitem „nicht für alle gesund“

Als Fazit halten die Präventivmediziner fest, dass die von der DGE ausgesprochenen Ernährungsempfehlungen bei Weitem „nicht für alle gesund“ seien, sondern allenfalls für einen kleineren Teil der Allgemeinbevölkerung. Sie entsprängen im Sinne der wissenschaftlich umstrittenen „Planetary Health Diet“ einer klimapolitischen Motivation. Der Ratschlag der Präventivmediziner für die DGE lautet deshalb, den Kontakt zu ärztlichen Fachgesellschaften zu suchen und die gesundheitspolitische Realität in Deutschland in ihre Überlegungen einzubeziehen. (fh)

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