„Detaillierte Erklärungen fällig“: Lauterbach-Ministerium verschenkt fast eine Million Euro – per Post
Fünf Euro fürs Nichtstun? Das Robert-Koch-Institut will Menschen zur Teilnahme an einer wichtigen Gesundheitsstudie bewegen. Der Bund der Steuerzahler findet die Methode fragwürdig.
Berlin – „Wenn Sie eine Einladung bekommen, machen Sie mit“, heißt es vom Robert-Koch-Institut (RKI) in einer Pressemitteilung zur Studienreihe „Gesundheit in Deutschland“. In der Untersuchung geht es um die seelische und allgemeine Gesundheit der Bevölkerung. 180.000 Menschen erhalten vom Institut nun Post. Im Briefumschlag enthalten: Ein QR-Code, der zum Fragebogen der Umfrage führt. Und: ein Fünf-Euro-Schein, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtete. Das soll zur Teilnahme motivieren. Fast eine Million Euro versendet das Institut auf diesem Weg. Doch das ist nicht die eigentliche Kontroverse.
Was der Bund der deutschen Steuerzahler an der RKI-Einladung kritisiert
Fünf Euro an 180.000 Menschen ergibt eine Summe von 900.000 Euro. Da sich immer weniger Menschen an Studien und Umfragen beteiligen, sind finanzielle Anreize – auch Incentives genannt – in der Wissenschaft gang und gäbe. Das RKI konnte eigenen Angaben zufolge in einem Test vor Beginn der Aktion die Teilnahmequote an Umfragen mithilfe von Incentives um 13 Prozentpunkte erhöhen. Demnach erhofft sich das Institut laut RND, dass 35 Prozent aller Menschen, die eine Einladung erhalten, an der Umfrage teilnehmen. Im Umkehrschluss füllen also 65 Prozent den Fragebogen nicht aus.
Entsprechend haben 117.000 Menschen fünf Euro erhalten, ohne etwas dafür tun zu müssen. Ein Geldregen von 585.000 Euro landete demnach einfach so in verschiedensten Briefkästen in der Bundesrepublik. Der Bund der deutschen Steuerzahler (BdSt) hat damit ein Problem. „Offenbar geben hier alle Steuerzahler Geld für einen ausgesuchten Personenkreis aus“, kommentierte Reiner Holznagel, der Präsident des Steuerzahlerbundes, im Gespräch mit RND. Seine Forderung: „Weil öffentliche Mittel fließen, sind auf jeden Fall detaillierte Erklärungen fällig – solange sollte die Umfrage gestoppt werden.“ Eine Anfrage von des Redaktionsnetzwerks IPPEN.MEDIA an das RKI blieb zunächst unbeantwortet.

Geldprämien per Post versandt: Deutsche Post findet das unsicher
Die Auswahl der Personen erfolge nach einer Zufallsstichprobe. Wer an der Umfrage teilnimmt, erhält laut RND weitere zehn Euro. Auch dieses Geld will das RKI per Post versenden – anstatt es zu überweisen. „Nicht alle Teilnehmenden haben einen Online-Zugang – diese Menschen wären systematisch ausgeschlossen“, teilte das RKI auf RND-Anfrage mit. Ob diese Menschen problemlos mit einem QR-Code oder einer Online-Umfrage umgehen können, bleibt indes offen.
Für eine Überweisung müsste man zudem Kontodaten erheben, hieß es weiter. Das würde gegen die Datensparsamkeit verstoßen, ein Grundprinzip des Datenschutzes – und wohl auch den Aufwand erhöhen. Die Deutsche Post übte indes Kritik an dem unsicheren Vorgehen des RKI, wie RND berichtete. Dabei stellt das RKI selbst Alternativen zur Verfügung. Wer durch die Teilnahme an weiteren Umfragen 500 Punkte gesammelt hat, erhält laut Informationen auf der Homepage zur Studie einen Gutschein – etwa von MediaMarkt oder Kaufland – im Wert von fünf Euro. Der lässt sich bequem online abrufen.
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Deshalb gibt das RKI für Umfragen Geld aus: Was mit den Daten der Studie passiert
Die Studie „Gesundheit in Deutschland“ ist als Panel angelegt. Dabei wird eine Gruppe von Menschen über einen längeren Zeitraum immer wieder befragt. Je mehr Menschen mitmachen, desto genauer werden die Ergebnisse. Die so ermittelten statistischen Daten „können beispielsweise bei zukünftigen Entscheidungen der Gesundheitspolitik berücksichtigt werden“, teilte das RKI auf der Homepage zur Studie mit.
Auch in einer Krise sei mit dem Panel künftig die Infrastruktur vorhanden, um sehr schnell Antworten auf gesundheitliche Fragestellungen zu erhalten, erklärte RKI-Präsident Lars Schaade. „Das Panel ist ein wichtiges Instrument, um die Gesundheit der Menschen im Land zu verbessern“, so Schaade weiter. Beginnend im Mai müssen Teilnehmende dann alle drei Monate einen Fragebogen zu verschiedenen Themen ausfüllen.