Neue Ernährungs-Richtlinien sorgen für Unmut – „Wird heutiger Zeit nicht gerecht“
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat neue Ernährungsempfehlungen vorgestellt. Vegane und vegetarische Ersatzprodukte werden nicht erwähnt.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat neue lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen vorgestellt, die nicht nur gesund, sondern auch nachhaltig sein sollen. Das Credo: Mehr Obst und Gemüse, weniger Fleisch. „Wir empfehlen, bunt und gesund zu essen und dabei die Umwelt zu schonen. Dazu empfehlen wir eine pflanzenbetonte Ernährung“, sagte Anne Carolin Schäfer, Ernährungswissenschaftlerin im DGE-Referat Wissenschaft, bei einer Pressekonferenz am Dienstag, 5. März.
Der neue Ernährungskreis der DGE besteht zu mehr als drei Vierteln aus pflanzlichen Lebensmitteln und hebt Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen, Linsen sowie Nüsse stärker hervor. Knapp ein Viertel des Kreises zeigt tierische Lebensmittel – das ist weniger als bisher. Die neuen Empfehlungen beinhalten eine Portion Milch und Milchprodukte weniger als zuvor und maximal 300 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche. Vegane und vegetarische Ersatzprodukte werden mit nicht erwähnt.

Erst letztens trennte sich die Rügenwalder Mühle von ihrem Klassiker, dem Schinkenspicker.
DGE äußert sich zu veganen Ersatzprodukten
Laut BMEL-Ernährungsreport hat knapp die Hälfte aller Deutschen (49 Prozent) schon einmal oder öfter vegane oder vegetarische Alternativen zu Milch, Käse oder Joghurt sowie Alternativprodukte zu Fleischwaren (Fleischersatz) gekauft. Was ist mit den veganen und vegetarischen Ersatzprodukten, will BuzzFeed News Deutschland, ein Portal von IPPEN.MEDIA, bei der Pressekonferenz wissen.
„Uns fehlt elementare Information, um Empfehlungen für diese Lebensmittel auszusprechen“, sagt DGE-Präsident Bernhard Watzl. Im Bereich der pflanzlichen Alternativen gebe es eine große Dynamik, was die Produktzusammensetzung, die Verzehr-Häufigkeit und die langfristigen gesundheitlichen Folgen anbelange. Hier brauche es verlässliche Datenbanken. „Uns ist klar, dass pflanzliche Alternativen eine wichtige Dimension sind. Sobald Daten vorliegen, werden wir die nutzen, um auch diese Lebensmittelgruppe besser berücksichtigen zu können“, sagt er.
Dies ist ein Artikel von BuzzFeed News Deutschland. Wir sind ein Teil des IPPEN.MEDIA-Netzwerkes. Hier gibt es alle Beiträge von BuzzFeed News Deutschland.
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Oatly führt „wissenschaftliche Belege“ für vegane Ersatzprodukte an
„Es gibt bereits einige wissenschaftliche Belege, die beispielsweise angereicherte pflanzliche Milchalternativen als wichtige Produktgruppe darlegen, die den Ernährungspräferenzen von denjenigen entsprechen, die keine Kuhmilch verzehren können oder wollen“, sagt Luise Hansen, Sustainability & Health Manager bei Oatly DACH, zu BuzzFeed News Deutschland.
In der Diskussion darüber, wie pflanzliche Alternativprodukte auf gesunde und nachhaltige Weise in den Alltag der Menschen integriert werden können, brauche es Lösungen. „Eine Pausierung dieser Debatte, wie es in der heutigen Pressekonferenz der DGE mitschwang, wird der heutigen Zeit nicht gerecht“, sagt Hansen.
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DGE-Lebensmittelempfehlungen: ProVeg äußerte schon im Juni Bedenken
Schon vergangenes Jahr äußerte das Unternehmen Oatly im Gespräch mit BuzzFeed News Deutschland Bedenken, dass die neuen DGE-Lebensmittelempfehlungen vegetarische und vegane Ersatzprodukte, die in Deutschland immer beliebter werden, ausklammern.
Statt einer ausgewogenen Ernährungsrichtlinie, in der tierische Lebensmittel mit pflanzlichen Lebensmitteln zum Beispiel in einer „Proteingruppe“ oder „Kalziumgruppe“ zusammengefasst werden, zeichne sich ab, „dass pflanzliche Alternativen in der neuen Richtlinie nicht auftauchen werden – eine vertane Chance“, sagte Anna-Lena Klapp, Fachreferentin Ernährung & Gesundheit bei ProVeg, im Juni 2023 BuzzFeed News Deutschland.
„Fast die Hälfte (45 Prozent) aller staatlichen Ernährungsrichtlinien weltweit erwähnt bereits pflanzliche Alternativen zu Fleisch oder Tiermilch“, sagte sie damals. Eine davon stamme aus Kanada. Die kanadische Regierung habe es geschafft, trotz starker Fleischlobby gesunde Richtlinien zu entwickeln, die tierische Ersatzprodukte beinhalten. Solche Ernährungsempfehlungen (siehe unten) hätte sich ProVeg im Juni auch von der DGE gewünscht – ein Wunsch, der nicht in Erfüllung ging.

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(Mit Material der dpa)