Vom Fußballmuffel zum EM-Volunteer: Frauen aus dem Tölzer Land engagieren sich bei der Europameisterschaft

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Unterhielten sich mit den freiwilligen Helfern: Bundeskanzler Olaf Scholz (li.) und Philipp Lahm, Turnierdirektor der Uefa Euro 2024, besuchten vor Beginn der Fußball-EM die Münchner Arena. Dabei bekam Scholz ein Trikot mit der Aufschrift „Volunteer“ überreicht. © Sven Hoppe

Das EM-Fieber in Deutschland steigt. Am kommenden Freitag steht das Auftaktspiel der Fußball-Europameisterschaft in der Münchner Arena an. Mitten drin: Zwei Frauen aus dem Tölzer Land.

Gaißach/Oberfischbach – „Eigentlich bin ich gar kein Fußballfan“, sagt Liesi Eckstein und lacht. Trotzdem übt der Sport fast schon eine magische Anziehungskraft auf die Gaißacherin aus. Die zweifache Mutter engagiert sich als Volunteer, also als ehrenamtliche Helferin, bei der Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land. Es ist schon das dritte Mal, dass sie bei einem Fußball-Großevent dabei ist.

Choreografien in der Münchner Arena: Liesi Eckstein aus Gaißach engagiert sich als EM-Volunteers

Begonnen hat alles bei der Weltmeisterschaft 2006. Eckstein wollte hautnah bei der Heim-WM dabei sein. Anfangs seien die Zweifel in ihrem Umfeld groß gewesen. „Die Leute haben damals zu mir gesagt: ,Spinnst du eigentlich?‘“. Schließlich interessiere sie sich nicht für den Sport, und eine Bezahlung gebe es auch nicht. Eckstein ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Und dann wurde die WM zum Sommermärchen. Alle wurden neidisch.“ Zwei Jahre später, bei der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz, war sie in Innsbruck bei der Einlasskontrolle eingeteilt.

Die Gaißacherin Liesi Eckstein wird im Stadion sein und die Fans auf die Spiele einstimmen.
Die Gaißacherin Liesi Eckstein wird im Stadion sein und die Fans auf die Spiele einstimmen. © Privat

Als Deutschland den Zuschlag für die Euro 2024 bekommen hat, dachte ich mir: Das möchte ich wieder machen.

Seitdem machte die Gaißacherin eine Pause. Ihr Engagement als Volunteer bei den beiden Großevents behielt sie aber in bester Erinnerung. „Als Deutschland den Zuschlag für die Euro 2024 bekommen hat, dachte ich mir: Das möchte ich wieder machen“, berichtet Eckstein. „Ich habe in meine Bewerbung geschrieben, dass ich einfach mal etwas anderes machen möchte“, sagt sie. Damit hatte sie Erfolg. Jetzt ist die Gaißacherin als „Ceremony Maker Volunteer“ für choreografische Auftritte in der Münchner Arena zuständig. Dabei sollen sie und ihre rund 150 Mitstreiterinnen und Mitstreiter die Fans im Stadion und die Zuschauer vor den Bildschirmen auf die Spiele einstimmen.

Lange Trainingstage und intensive Proben

Volunteers im Bereich Ceremonies müssen mit langen Trainingstagen und intensiven Proben rechnen, heißt es auf der Internetseite der Euro 2024. „Wir hatten letzte Woche Montag das erste Training und treffen uns danach noch zweimal in Aschheim bei München“, berichtet Eckstein. Sie wird bei allen sechs Partien in München dabei sein, unter anderem auch beim Auftaktspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Schottland am Freitag, 14. Juni.

Über eine App werden die Volunteers in Schichten eingeteilt. Als „Ceremony Maker“ muss man sich alle Spieltage und die Tage zuvor frei halten, rund 9 bis 13 Tage sind das. Eine halbe Stunde nach Anpfiff ist laut Eckstein Feierabend. Sie hofft, dass die Volunteers wie schon 2006 die Möglichkeit bekommen, die Spiele live im Stadion zu verfolgen.

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Warum sich die Gaißacherin ehrenamtlich engagiert? „Weil so viele Sachen nur mit freiwilliger Unterstützung funktionieren.“ Außerdem freut sie sich auf die Kontakte mit den anderen Helfern und Fußball-Fans. „Man lernt so viele nette Leute aus ganz vielen Ländern kennen“, so Eckstein. Sie berichtet von Begegnungen mit Volunteers aus England und Fußball-Fans aus Costa Rica bei der WM 2006. „Das ist einfach brutal cool.“ Sorgen angesichts der erhöhten Terrorgefahr während der Euro 2024 macht sie sich nicht, „aber die Zeiten haben sich geändert.“

Natascha Eymold aus Oberfischbach kümmert sich um die Akkreditierungen

Natascha Eymold ist derweil schon mittendrin im EM-Spektakel – auch wenn es derzeit noch ruhig zugeht. Die Oberfischbacherin ist dieses Mal dem Akkreditierungs-Team zugewiesen. Mit der Akkreditierung bekommen Berechtigte Zugang zu bestimmten Bereichen im Stadion und in der Fan-Zone. Im Münchner Olympia-Eisstadion warten sie und ihre Kollegen noch auf den ganz großen Ansturm, mit dem erst wenige Tage vor dem Beginn des Turniers zu rechnen ist. „Wir vertreiben uns die Zeit mit Kartenspielen“, berichtet Eymold.

Natascha Eymold
 ließ sich als Erwachsene taufen.
Natascha Eymold aus Oberfischbach ist für die Akreditierungen zuständig. © privat

Am Anfang habe ich es aus Langeweile gemacht.

Die Oberfischbacherin hat sich schon bei vielen Events engagiert. Zuletzt bei den European Championships in München vor zwei Jahren. „Am Anfang habe ich es aus Langeweile gemacht“, so Eymold. Später wurde daraus eine Leidenschaft. „Man trifft viele Leute, sieht alte Bekannte wieder.“ Der ständige Kontakt mit Menschen mache den Reiz aus. „Ich versuche, immer höflich zu sein und zu lächeln“, erklärt sie. Schließlich seien die „Accreditation Volunteers“ für viele Menschen, etwa Schiedsrichter, Offizielle oder Sponsoren, der erste Anlaufpunkt mit der Euro. „Aber das muss man schon auch mögen.“ Rund 20 bis 25 Tage müssen die Akkreditierungs-Volunteers verfügbar sein. Sie werden am Stadion und in der Fan-Zone eingesetzt. Rund 80 Personen stark ist hier die Besetzung je Gastgeberstadt.

Engagement als Volunteer bei der EM: Bewerbung ist ein langer Prozess

Bis die beiden Volunteers bei der Fußball-EM gelandet sind, mussten sie einen langen Prozess durchlaufen. Genau ein Jahr vor Beginn des Turniers konnten Bewerbungen eingereicht werden. Von Juli bis Dezember wurden die Bewerbungsgespräche geführt. „Im Januar habe ich die Zusage bekommen“, berichtet Eymold. Die Vorerfahrung habe bei ihr wohl den Ausschlag gegeben. Der Dienstplan wurde dann knapp acht Wochen vor Beginn bereitgestellt. Auch wenn sich der Andrang bisher noch in Grenzen hält. Liesi Eckstein und Natascha Eymold freuen sich auf das mögliche Sommermärchen 2.0. (vfi)

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