Windrad-Flügel auf Achse: Wie der spektakuläre Transport bei Kirchseeon abläuft – und wie es weitergeht
Der Transport eines Windradflügels ist ein weithin sichtbares Spektakel. In Kirchseeon lockte das Manöver zahlreiche Zuschauer an. Der Umgang mit einem solchen Riesenteil erfordert gute Vorbereitung, schwere Maschinen und viel Präzision.
Kirchseeon – Der weiße Windradflügel mit den roten Streifen gleitet, spitze Zacken nach unten gerichtet, auf eine Allee zu. Hoch über die Baumwipfel ragt er auf, hängt über den Köpfen der Transporteure und Schaulustigen wie ein riesiges Damoklesschwert. Doch jetzt heißt es Flügel einziehen, damit er unter den Bäumen durchgefahren werden kann. Nun sind die zwei Mitarbeiter gefragt, die mithilfe ihrer Fernbedienungen ein großes, rotes Fahrzeug steuern, an dem das Riesentrumm aus Glasfaser-Kunststoff-Verbundmaterial festgeschraubt ist.

Tätowierte Hände bewegen die Steuerknüppel einer Fernbedienung, die einer der Mitarbeiter, schwarze Arbeitskleidung, gelbe Warnweste, um den Hals hängen hat. Er manövriert das rote, selbstfahrende Modulfahrzeug, auf dem der Rotorflügel ruht. Per Headset kommuniziert er mit seinem Kollegen, der mit einer ebensolchen Fernbedienung das gut 68 Meter lange und rund 23 Tonnen schwere Teil senken und drehen kann. So bugsiert das Duo das Gefährt unter Bäumen hindurch und zwischen den Häusern um enge Kurven.
Der Transport von Kirchseeon nach Fürmoosen zieht sich
Für die knapp viereinhalb Kilometer bis zur Baustelle bei Fürmoosen braucht der Transport mehr als vier Stunden, fährt selbst im besten Fall kaum mehr als Schrittgeschwindigkeit. Alleen, Kurven, ein Kreisverkehr und eine S-Bahn-Brücke inklusive. Die Polizei und mehrere Sicherungsfahrzeuge sind zur Absicherung vor Ort. Die Schaulustigen sind trotzdem nah dran, gehen dem Konvoi manchmal erst im letzten Augenblick aus dem Weg, um zuvor noch ein Foto oder Video abzugreifen.
(Übrigens: Alles aus der Region gibt‘s jetzt in unserem regelmäßigen Ebersberg-Newsletter.)

Immer wieder stoppen die 80 Reifen des Selbstfahrers. Die zehn Achsen wirken wie die Beine eines Tausendfüßlers, der sich vorsichtig vorantastet, passen sich an jedes Schlagloch und jede Kuppe auf der schmalen Landstraße an. Wieder richten die Männer in Gelb den Flügel anders aus, hieven ihn hoch oder senken ihn ab. Bis zu einem Winkel von 40 Grad ragt er dann auf, erklärt ein Crewmitglied auf der Baustelle. Hoch genug, um etwa die Höfe des kleinen Orts Fürmoosen locker in den Schatten zu stellen. Das SPMT, so heißt das ferngesteuerte Transportfahrzeug im Fachjargon, hat laut den Arbeitern ein Eigengewicht von 110 Tonnen, damit es unter seiner schweren Last nicht einfach umkippt.
Meine news
Ein Ende der Baustelle ist in Sicht
Am Ende wird der Transport länger dauern, als es sich die Crew und Baustellenleiter Hans Zäuner erhofft hatten. Geht alles glatt, folgen am heutigen Donnerstag dennoch die verbleibenden zwei Rotorblätter. Dann sind alle Teile auf der Baustelle, wo bereits der gelb-orangefarbene Montagekran in den Himmel ragt. Dann geht es schnell, sofern das Wetter mitspielt: Schon in drei Wochen soll laut Projektmanager Hans Zäuner das zweite Windrad im Landkreis Ebersberg betriebsbereit sein. „Dann“, sagt er und schmunzelt, „fahre ich erst mal in Urlaub“.
Samantha Ernst