Landratsamt Ebersberg ächzt unter Einbürgerungswelle
Die Reform bei der Einbürgerung ist für Bayerns Kommunen wie erwartet eine große Herausforderung. Die Antragszahlen liegen auf Rekordniveau. Und: Es fehlt Personal. Auch im Landratsamt Ebersberg.
Ebersberg – Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsgesetz sollen Einbürgerungen letztlich schneller gehen. Ausländer können jetzt schon nach fünf statt nach acht Jahren Aufenthalt einen Antrag stellen, um Deutscher zu werden. Doch Geduld brauchen Einbürgerungswillige dennoch – denn die Ämter in Bayern sind seit Inkrafttreten des Gesetzes am 27. Juni völlig am Limit. Die Antragszahlen sind exorbitant gestiegen, wie da Landratsamt Ebersberg bestätigt.
Das zuständige Sachgebiet in der Kreisbehörde sagt auf Anfrage der Ebersberger Zeitung, dass die vom Bund durchgeführte Gesetzesänderung die Kommunen an den Rand der personellen Leistungsfähigkeit im Bereich der Einbürgerungsverfahren gebracht habe. Landrat Robert Niedergesäß (CSU) sagt: „Wie bei vielen anderen Gesetzesvorhaben des Bundestags merken wir auch beim Thema Einbürgerung, dass vermutlich gut gemeinte Beschlüsse in der Praxis erstmal nicht funktionieren, bzw. man die Dinge nicht zu Ende denkt.“
Landrat Niedergesäß: Berlin fehlt die Bodenhaftung
Das habe das Landratsamt kürzlich auch bei der Wohngeldnovelle entsprechend hart getroffen. „Der Bund mag zwar die Maßnahmen selber finanzieren, aber nicht den Personalaufwand und die Personalkosten derer, die das an der Basis umsetzen müssen. Das ist inakzeptabel und führt uns zunehmend an den Rand der personellen und finanziellen Zumutbarkeit“, sagt Niedergesäß. Auch beim Thema Einbürgerung würde die Behörde regelrecht überrannt, wie die Zahlen zeigten. Die Regierung gehe von mindestens einer Verdreifachung der Antragszahlen aus. „Aktuell arbeiten bei uns im Landratsamt fünf Kräfte in der Einbürgerungsstelle. Zwei weitere Stellen sind zwar genehmigt, allerdings aufgrund des Fachkräftemangels schwer zu besetzen. Und selbst dann ist die Antragsflut kaum vernünftig zu bewältigen“, sagt der Landrat und schiebt hinterher: „In Berlin fehlt die Bodenhaftung, der Kontakt zur Basis. Die kommunalen Spitzenverbände werden nicht mehr gehört bzw. gar nicht erst gefragt, wie es vor Ort aussieht, das ist Arroganz oder politischer Autismus.“
Zahl der Einbürgerungen steigt sprunghaft
Die Antragsflut, von der Niedergesäß spricht, stellt sich in Zahlen folgendermaßen dar: Im Jahr 2019 hat es im Landkreis Ebersberg 164 Einbürgerungen gegeben, ein Jahr später waren es 179, 2021 schon 239. Im vergangenen Jahr verzeichnete das Landratsamt 501 Einbürgerungen, heuer bis Mitte August bereits 417. Allein in der Zeit vom 27. Juni bis 12. August seien 103 Anträge online eingegangen. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres seien es nur 22 Online-Anträge gewesen. Das zeige den sprunghaften Anstieg, so das Landratsamt.
Persönline Gespräche „nicht mehr leistbar“
Es zeichne sich ab, dass es zukünftig ein paar Monate dauern kann, bis die online eingereichten Anträge bearbeitet werden können, sagt das zuständige Sachgebiet. Einbürgerungsanträge, die im Rahmen der persönlichen Vorsprache gestellt werden, könnten aktuell noch zeitnah bearbeitet werden. Allgemein werde sich die Bearbeitungsdauer der Einbürgerungsverfahren jedoch verlängern. Termine für ein persönliches Beratungsgespräch seien aufgrund fehlender zeitlicher Kapazitäten nicht mehr leistbar.
Die meisten Anträge auf Einbürgerung kommen im Landkreis Ebersberg aus den Ländern Türkei, Kosovo und Serbien.
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Meine news
In der Stadt München lag die Zahl der Einbürgerungsanträge einem Sprecher zufolge im Juni 2024 genau 129,4 Prozent über dem Vormonat und gar 194 Prozent über dem Wert von Juni 2023. Anfang August habe die Gesamtanzahl der Einbürgerungsanträge für 2024 bereits 7 Prozent über den Gesamtanträgen des Jahres 2023 gelegen und 73 Prozent über den Gesamtanträgen von 2019. Die Wartezeit für Antragssteller betrage zurzeit 12 bis 18 Monate.
Im Landkreis Rosenheim wurden bis Mitte Juli den Angaben eines Sprechers zufolge 433 Einbürgerungsanträge gestellt (2023: 369) – insbesondere aus Bosnien/Herzegowina, der Türkei und dem Kosovo sowie aus Syrien, Afghanistan und Rumänien.