Hinter den Kulissen: So funktioniert die Ebersberger Saftpresse

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Ebersberg
  4. Ebersberg

Kommentare

„Nur frisches Obst zum Pressen bringen, die Saftausbeute ist dann am höchsten“, sagt Toni Lettl, 76, der sich in Ebersberg seit Jahren ehrenamtlich um die Obstpresse des Gartenbauvereins kümmert.  © Peter Kees

Ohne ihn gibt es keinen Apfelsaft: Toni Lettl arbeitet ehrenamtlich in der Ebersberger Obstpresse. Der 76-Jährige kennt die Anlage, wie sonst keiner und weiß daher, worauf es beim Pasteurisieren ankommt.

Ebersberg – In der Obstpresse des Gartenbauvereins Ebersberg kommen vorne Äpfel rein und hinten pasteurisierte Säfte raus, zweckmäßig abgefüllt in stapelbaren Kartons. Klingt erst einmal einfach. Für Toni Lettl und seine Helferinnen und Helfer heißt das: viel Arbeit, über Monate.

Mehr als 30 Stunden Arbeit – noch vor dem Pressen

Noch bevor der erste Tropfen Apfelsaft fließt, hat der 76-Jährige bereits mehr als 30 Stunden ehrenamtlich mit der Presse verbracht. Während am angrenzenden Volksfestplatz noch am Kinderkarussell oder an der Schiffschaukel geschraubt wird, baut der Toni die Teile der Anlage zusammen, erneuert Dichtungen, überprüft die Spannung des Siebbands, ersetzt das kaputte Getriebe durch ein neues und reinigt die Taschen des Durchlauferhitzers.

Man darf Toni Lettls ehrenamtliche Arbeit als Glücksfall bezeichnen. Der Maschinen-Mechanikermeister hat in einer Brauerei gearbeitet, bevor er vor zehn Jahren in Rente ging. Er verfügt also über das nötige technische Wissen, wie kaum ein anderer, und über die nötige Zeit.

So funktioniert die Ebersberger Obstpresse

Wer sich zuhause Apfelsaft ins Glas gießt, kann sich den komplexen Ablauf in der Obstpresse kaum vorstellen: Die Äpfel werden als erstes in einen mit Wasser befüllten Behälter geschüttet. Man irrt, wenn man glaubt, die Äpfel würden an dieser Stelle gewaschen werden, „sie werden lediglich im schwimmenden Zustand von der Transportschnecke angesaugt und in den Häcksler transportiert“. Man folgt Toni Lettl gegen den Uhrzeigersinn durch den Pressraum.

„Das zerkleinerte Obst wird hier mit vier Walzen gegen ein Siebband gedrückt. Saft und Presskuchen, so nennt man in der Fachsprache die festen Bestandteile der Frucht, werden getrennt“, sagt er. Dann deutet er auf den nächsten Abschnitt der Presse. An dieser Stelle kann man noch entscheiden: „Will man den kalten Saft auffangen oder soll’s weitergehen zum Pasteurisieren.“

Obstpresse in Ebersberg: Anfang September kann es losgehen

Danach wird’s heiß, „aber nur bis maximal 80 Grad, wegen der Vitamine“, erklärt Lettl. Der Saft durchläuft ein Gewirr von Leitungen und Rohren, mit Druck- und Temperaturanzeigen. Der primäre Kreislauf führt das heiße Wasser, der sekundäre Kreislauf den Saft. Für den Saft geht’s nun kreuz und quer, rauf und runter, mehrere Male durch den Durchlauferhitzer und am Ende zur Abfüllstation. Für Toni Lettl ist das alles kein Problem, er kennt jedes noch so kleine Detail der Anlage in- und auswendig: „Die Zuleitungen, den Pasteur, den Fühler, das Ventil.“ Am Ende des Prozesses steht der Behälter, von dem der Saft, präzise portioniert, in die vorbereiteten Folienbehälter gefüllt wird und anschließend von Obstbaumbesitzern in Empfang genommen werden kann.

In der Obstpresse ist alles bereitet und Anfang September kann’s losgehen. Dann kommt die zweite Etappe für Toni Lettl. Wieder ist sein Einsatz gefragt, denn er muss jeden Presstag begleiten, den reibungslosen Ablauf der Technik und die abschließende Tagesreinigung kontrollieren und für die Einhaltung aller Hygienevorschriften sorgen, „für mich das A und O“, sagt er. Am Ende der Saison gibt’s die Generalreinigung, dafür werden er und sein Team die Anlage wieder zerlegen. Und erst dann kann sich Toni Lettl für einige Monate wieder ausschließlich seinem Ruhestand widmen.

Ebersberger Maschinist empfiehlt: „Nur frisches Obst zum Pressen bringen“

Die Menge des Obstes ist von der Witterung abhängig. Hagel, Spätfröste und Trockenheit lassen Erträge immer wieder einmal einbrechen. Am Ende des Jahres werden zwischen 10 000 und 30 000 Liter durch die Anlage gelaufen sein. „Bei 10 000 Litern wird’s für den Gartenbauverein finanziell eng, Investitionen sind dann gar nicht mehr drin“, erklärt Lettl, „ab 30 000 Liter, wird’s stressig“. Was darf alles gepresst werden? „Äpfel natürlich vor allem. Birnen auch, aber nur, wenn sie noch hart sind.“ Weintrauben? „Ich habe nichts dagegen, wenn sie unter die Äpfel gemischt werden, am liebsten ohne Stängel.“ Auch Quitten seien möglich, sagt Toni Lettl, aber nur, wenn die Haare vorher abgerieben wurden.

Lettls Empfehlung zur Qualität: „Nur frisches Obst zum Pressen bringen, die Saftausbeute ist dann am höchsten.“ Überreifes Obst habe in der Presse nicht zu suchen, das verstopft den Filter und den Pasteur.“ Außerdem gilt: Schlechte Stellen rausschneiden und faule Äpfel aussortieren, denn „Schimmel kann nicht pasteurisiert werden.“ Und das Obst muss gewaschen sein. Je besser die Qualität der Äpfel sei, so sagt Toni Lettl, umso länger halte der Saft, „nicht nur mein Saft, sondern auch der Saft von dem, der nach mir kommt.“ Daheim sollte man die Saftkartons bei maximal 15 Grad lagern. Und noch einen Tipp hat er parat: „Wenn der Saftbeutel einmal geöffnet ist, sollte der Karton liegend gelagert werden. Wird er danach noch einmal hochkant gestellt, kann der Beutel Luft ziehen. Der Saft ist dann weniger lang haltbar.“

Obstsafterei geht an den Start

Der Verein für Gartenbau und Landespflege Ebersberg wird den Betrieb der Obstsafterei im Nebengebäude der ehemaligen Jugendherberge am Volksfestplatz auch in diesem Jahr Ende August wieder aufnehmen. Er bietet interessierten Kunden an, ihr Obst zu pressen. Der Saft wird in einem Beutel von fünf oder zehn Liter mit einem integrierten Entnahmeventil abgefüllt und in einer Umverpackung aus einem Faltkarton aufbewahrt. Nach dem Verbrauch des Obstsaftes kann der Faltkarton zusammengelegt und in der nächsten Saison, mit einem neuen Beutel versehen, erneut verwendet werden. Dieses Angebot gilt sowohl für Mitglieder des Vereins als auch für Nicht-Mitglieder.

Für diejenigen, die Obst pressen lassen möchten, ist folgendes zu beachten: Die Sauberkeit bei der Erstellung des Saftes ist das oberste Gebot. Aus diesem Grunde soll das zu pressende Obstgut schon vorgewaschen und angefaulte Stellen ausgeschnitten sein. Hygiene ist Voraussetzung für eine gute Haltbarkeit des Saftes. Weiche Birnen, aber auch mehlig-weiche (mulzige) Äpfel lassen sich nicht pressen.

Kunden sollten unbedingt darauf achten, dass das Obst erntefrisch hart angeliefert wird. Der Verein weist darauf hin, dass auch kleinere Mengen gepresst werden. Jedoch sollten mindestens 30 kg angeliefert werden. Aus Gründen der Lebensmittelhygiene werden die Äpfel von dem Helferteam vor dem Eingang abgeholt, damit sich möglichst wenig Menschen in der Presse aufhalten. Das Telefon für Termine zur Obstpresse und Obstvermittlung ist unter der Nummer (0 80 92) 23 21 74 7 ab Montag, 26. August immer Montag bis Freitag von 19 bis 21 Uhr besetzt. ez

Auch interessant

Kommentare