Hallbergmoos erstellt für die Herausgabe von Volksfestmarken einen Richtlinien-Katalog. Rathauschef Henn will sich aus der Verteilung der Gutscheine raushalten.
Hallbergmoos – Eine Wiesn-Maß für den Bürgermeister der Nachbargemeinde, ein Hendl-Gutschein für den Landrat, die Einladung des Gemeinderats zur Bierprobe oder ein Platz für Firmenvertreter in der VIP-Lounge des Festzelts: Jetzt, da die Volkfestsaison beginnt, gehören solche Einladungen zum guten Ton. Doch sie werfen auch Fragen auf. Denn die Zeche zahlt oft der Steuerzahler. Was also ist angemessen? Und wann ist das Maß voll? Diese Fragen hat die Gemeinde Hallbergmoos nun für sich beantwortet – und einen Richtlinien-Katalog erstellt. Ein Novum.
Es geht um Einsparung und mehr Transparenz
Die Kommune hat erst kürzlich den Volksfest-Vertrag mit Festwirt Alexander Tremmel bis 2029 verlängert. Er war bei der Neuausschreibung der Hallberger Wiesn der einzige Bewerber. Der Landshuter Gastronom macht ohne Frage einen guten Job. Die CSU-Frak㈠tion hat die Vergabe zum Anlass genommen, die gängige Praxis und Verteilungswege von Verzehrgutscheinen zu hinterfragen. Man wünscht sich mehr Transparenz, Compliance und letztlich auch Einsparungen.
Was Wirtschaftsreferent Marcus Mey und CSU-Fraktionssprecher Damian Edfelder aufstößt wie Sauerbier, ist der allzu großzügige Umgang mit Verzehrmarken. Vor allem diejenige an Ehrengäste wie Bürgermeister und Landräte, mithin Beamte und Behördenleiter, sieht Mey kritisch: „Diese Personen haben eine steuerfreie monatliche Aufwandsentschädigung von bis zu 1000 Euro zur Verfügung. Sie können sich also ihr Bier und Hendl selbst bezahlen“, argumentiert er. Mey selbst fährt diese Linie seit Jahren sehr konsequent. Er fordert auch von anderen Mandatsträgern, „einen strengen moralischen Kompass an sich selbst anzulegen“.
Im Rathaus hat Bürgermeister Benjamin Henn das Thema weitreichend aufarbeiten lassen. Sein Fazit: Unter seinem Vor-Vorgänger Harald Reents sei zwar eine Dokumentationspflicht eingeführt worden. „Klare Regeln oder Richtlinie wurden aber nie niedergeschrieben.“ Vielmehr sei die Verteilung einem „Gentlemens Agreement“ gefolgt und „historisch gewachsen“.
Bürgermeister nimmt sich bewusst raus
Der Rathauschef begrüßt von daher den CSU-Vorstoß: „Wir agieren schließlich mit Steuergeldern.“ Der nun verabschiedete Beschluss schütze letztlich auch die Beschäftigten der Gemeinde vor jedwedem Verdacht von Korruption. Mey (CSU) unterstrich in der Ratsdebatte: „Hier geht es auch nicht um 30 Euro, sondern um Grundsätzliches: Das sind die Punkte, wo Abhängigkeiten entstehen und unter der Hand Dinge beeinflusst werden. Und das ist es, was der Gesetzgeber und wir als Gesellschaft nicht wollen: Dieses Rumlaufen mit den Worten ,Hast du noch?‘, ,Magst du noch …?‘“
Von „bewährter Verwaltungspraxis“ bis zum Bonus für Fahnenträger
Auch wenn man anderswo im Landkreis die Neuerungen in Hallbergmoos mit Interesse verfolgt, gibt es beispielsweise in der Stadt Freising keinen derartigen Richtlinien-Katalog. „Solche festen Regeln waren bislang auch noch nicht nötig“, sagt Hauptamtsleiter Karl Raster. Die Stadt vergebe nach „bewährter Verwaltungspraxis“ ihre Freimarken, zum Beispiel an Senioren, an die Gäste der Eröffnung (Bürgermeister und Stadträte aus dem Umland, Behördenvertreter etc.) oder auch an jene, die generell zum Ansehen des Volksfests beitragen. Raster: „Abhängig von einem gesonderten, unvorhersehbaren Bedarf, wie bei Besuchen aus Partnerstädten, kann das jeweilige Amt im Hause an das Fachamt für das Volksfest Marken anfordern.“
In Moosburg wird, so Geschäftsleiter Maximilian Götz, die Verteilung der Marken „verwaltungsintern und in Absprache mit dem Bürgermeister festgelegt“. Seit vielen Jahren halte man sich „in bewährter Weise“ an das Procedere. Marken gehen an Beschäftigte und Ehrengäste.
Kein Problem, Zahlen auf den Tisch zu legen, hat die Gemeinde Neufahrn. So erhalten laut Pressesprecherin Gabriele Ostertag-Hill Ehrengäste je zwei Bier und zwei Hendl, Rathauschefs aus dem Kreis und der Nordallianz ein Bier und ein Hendl, die Teilnehmer des Volksfestzugs ebenfalls eine Maß (Kinder ein alkoholfreies Getränk) sowie die Fahnen- und Taferlträger zusätzlich eine Hendl-Marke. Alle genannten Gutscheine sind nur am Eröffnungstag gültig. Die Bier- und Hendl-Gutscheine für ältere Damen und Herren sind auf den Seniorentag beschränkt. Nur die Marken für die Gemeindemitarbeiter – zwei Bier, ein Hendl – gelten fürs gesamte Volksfest.
Verzehrgutscheine der Gemeinde verteilen ab sofort nur noch Volksfestreferent Josef Fischer und Daniela Lindemiller (Veranstaltungsmanagement). Zuvor gab es fünf ausgabeberechtigte Personen. Bürgermeister Henn unterstrich: „Auch ich nehme mich da bewusst raus. Wenn ich Marken habe, dann habe ich sie privat erworben.“ Ist der Rathauschef bei Vereinsfesten oder Veranstaltungen eingeladen, so versucht er nach eigenem Bekunden, aus seinem monatlichen Budget (878,10 Euro) zu zahlen.
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Ein kleines Kontingent für unvorhergesehene Fälle bleibt
Was das Volksfest angeht, gibt es nun klare Regeln: Wiesn-Marken im Wert von je 30 Euro erhalten, so der aktuelle Ratsbeschluss, das ins Volksfest eingebundene Gemeindepersonal, Helfer von Bauhof oder JUZ, Senioren (ab 65), das Taferlkind der Gemeinde, Lehrer, Feuerwehrler, die den Festzug absichern, Teilnehmer des Wiesn-Cups sowie geladene Ehrengäste, deren Zahl über die Jahre von 600 auf 300 reduziert wurde. Festzugteilnehmer erhalten als „Danke㈠schön“ je 10-Euro-Marken (Kinder unter 16 Jahre: 5 Euro). Gäste aus Predazzo, die zum 30-jährigen Jubiläum anreisen, bekommen für Samstag und Sonntag je Verzehrgutscheine im Wert von 30 Euro. Ein kleines Kontingent für unvorhergesehene Fälle gibt man den Ausgabestellen an die Hand. Die erfolgte Verteilung wird dokumentiert und im Nachgang vom Bürgermeister geprüft.