Bis zu 500 Kunden pro Woche: Tafel-Chefin rechnet mit weiteren Flüchtlingen und sucht Mitarbeiter
Für Heidi Ritter, Leiterin der Geretsrieder-Wolfratshauser Tafel, ist Organisation das A und O.
Wolfratshausen – Man muss kein Prophet sein: Auch das Jahr 2024 wird einige Herausforderungen bereithalten. Dass nie etwas so bleibt, wie es ist, davon kann Heidi Ritter, Vorsitzende der Geretsrieder-Wolfratshauser Tafel ein Lied singen. Derzeit versorgt die Einrichtung wöchentlich etwa 450 bis 500 Kunden an den Ausgabestellen in Geretsried und Wolfratshausen – eine Zunahme von etwa 200 Prozent im Vergleich zu sechs, sieben Jahren zuvor. Und „die Tendenz ist steigend“, sagt die 70-Jährige mit Blick auf den nicht abreißenden Flüchtlingsstrom. „Was aber auch heißt, dass wir mehr Lebensmittel vorhalten müssen.“ Eine Gratwanderung mit zwei großen Unbekannten. „Wir wissen nie, wie viele Lebensmittelspenden wir bekommen, aber auch nicht, wie viele Abholer es werden.“
Organisation und Flexibilität sind somit das A und O. Mittlerweile sei aus dem Ehrenamt, das sie im November 2018 übernommen hat, ein Fulltime-Job geworden. „Es ist vieles anders, die Rahmenbedingungen haben sich durch neue Gesetze und Auflagen geändert.“ Das beginne beim Mitarbeiterschutzgesetz und ende mit dem Hygienemanagement. Zwischendurch kam auch noch Corona. „Da mussten wir viele Entscheidungen fällen, immer vor dem Hintergrund, ob das so richtig ist. Sollen oder wie dürfen wir öffnen? Was können wir sowohl den Menschen, die auf uns angewiesen sind, als auch den Mitarbeitern gegenüber verantworten? Das waren die vorherrschenden Fragen.“
Die Tafel habe „neue Wege finden“ müssen, sagt Ritter – und fand sie. Die Hauslieferungen für alle, die nicht mobil waren, führten die Helfer weiterhin durch. „Die Adressaten sind vor allem erkrankte oder ältere Menschen, die mit Rollatoren unterwegs sind und den Weg zu uns gar nicht schaffen würden.“ Die Verteilung der Lebensmittel vor Ort musste die Tafel zwischenzeitlich einstellen. „Als wir wieder durften – kontaktlos und in Tüten –, waren wir höchstens zwei, drei Mitarbeiter vor Ort. Wäre einer erkrankt, wäre also nur diese Gruppe ausgefallen.“
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Auch musste man damals einigen Geschäften absagen. Die Tafel hatte nicht die Möglichkeit, verderbliche Ware wie Obst und Gemüse über einen längeren Zeitraum zu lagern. Immerhin: Die Lebensmittelspender blieben dem Verein treu. „Aber was wir bekommen, wird im Gesamten immer weniger. Wegen der gestiegenen Energiepreise müssen auch sie anders kalkulieren“, zeigt Ritter Verständnis. „Ohne die Sammelaktionen von Rewe mit haltbaren Lebensmitteln wie Mehl, Nudeln, Konserven und Reis ginge es nicht mehr. Auch der Pizzaproduzent Gustavo Gusto in Geretsried hat sein Spendenaufkommen erhöht – da können wir nur Danke sagen.“ Dennoch: Die Fahrten der Tafelmitarbeiter führten mittlerweile bis Holzkirchen und Bad Aibling. „Das heißt auch mehr Spritverbrauch.“
Mit dem Zukauf von Ware ist es auch so eine Sache. „Wir sind eigentlich dafür da, Lebensmittel, die noch qualitativ in Ordnung sind, einzusammeln und an sozial Schwächere zu verteilen. Und man darf nicht vergessen, dass wir nicht der Grundversorger sind, sondern eher das Zubrot.“ Aber ganz ohne geht es nicht. Finanziert werden diese Käufe durch zweckgebundene Spenden.
Was wünscht sich Ritter für 2024? Die Antwort kommt ohne lange Überlegung: „Frieden für die Menschen“ – schließlich sei ein großer Teil der Tafelkunden Flüchtlinge. Und mehr Mitarbeiter wären toll. „Wir können diese aber nicht mit Geld bezahlen, sondern nur mit unserer absoluten Wertschätzung.“
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