Nachwuchsprobleme bei der Polizei: Junge Beamte verraten, was sie an ihrem Job lieben
Seit Jahren kämpft die Polizei mit Nachwuchsproblemen. Ein junges Trio aus der Wolfratshauser Polizeiinspektion hat sich genau für diesen Beruf entschieden - und erklärt, was es daran liebt.
Wolfratshausen – Sie ist zur Stelle, wenn Menschen in Not geraten und sorgt für Sicherheit: die Polizei. Trotzdem kämpfen auch die Beamten in Bayern seit Jahren mit Nachwuchsproblemen. In der Wolfratshauser Polizeiinspektion arbeiten drei junge Menschen, die sich genau für diesen Job entschieden haben: der Auszubildende Krzystof Korbut (25), Polizeiobermeisterin Emma Grimm (27), seit zwei Jahren als Schichtdienstbeamtin im Einsatz, und Polizeihauptmeister und Alpinbeamter Dominik Lochner (32).
Nachwuchsprobleme bei der Polizei: Drei junge Beamte aus Wolfratshausen im Interview
Letzterer arbeitet vorübergehend in der Loisachstadt, bevor er ein Studium beginnt. Im Gespräch mit Redakteurin Franziska Konrad verrät das Trio, warum es sich für diesen Beruf entschieden hat, die tägliche Motivation – und wie sicher es sich in Wolfratshausen fühlt.
Herr Lochner, Herr Korbut: Für die Polizei wird es immer schwieriger, Nachwuchs zu finden. Sie haben sich dennoch für diesen Beruf entschieden. Warum?
Korbut: Schon mein Opa war Beamter, und mein Papa hat lange bereut, dass er nicht zur Polizei gegangen ist. Ich wollte nicht denselben Fehler machen (grinst). Aber im Ernst: Der Beruf Polizist, das war schon immer mein Kindheitstraum. Lochner: Ich hatte nie vor, zur Polizei zu gehen. Relativ spontan habe ich mich dann beworben und während meiner Ausbildung schnell gemerkt, dass es ein sehr abwechslungsreicher und total schöner Beruf ist, in dem man sehr viel erlebt.
Schon mein Opa war Beamter, und mein Papa hat lange bereut, dass er nicht zur Polizei gegangen ist. Ich wollte nicht denselben Fehler machen (grinst).
Stichwort schöner Beruf: Nachtdienst sowie der Einsatz am Wochenende gehören bei Ihnen dazu. Frau Grimm, sehen Sie darin eine fehlende Work-Life-Balance?
Grimm: Nein. Natürlich schlauchen Nachtschichten. Aber wir arbeiten im Schichtrhythmus. Das heißt: Einen Tag haben wir Spätdienst, am nächsten Tag Früh- und Nachtdienst. Im Anschluss bekommen wir zwei Tage frei. Gerade durch die Nachtschichten erhält man als Ausgleich also viel Freizeit.
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Was motiviert Sie, Tag für Tag aufzustehen und als Beamter zu arbeiten?
Lochner: Polizeibeamter ist ja ein Beruf mit zwei Seiten: Zum einen sind wir eine strafverfolgende Behörde, zum anderen eine helfende. Mich persönlich motiviert es, wenn ich Menschen in Notsituationen helfen und unterstützen kann, zum Beispiel bei Verkehrsunfällen.
Mich persönlich motiviert es, wenn ich Menschen in Notsituationen helfen und unterstützen kann, zum Beispiel bei Verkehrsunfällen.
Gibt es einen solchen Moment, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Grimm: Eigentlich ist es jedes Mal ein Highlight, wenn wir Vermisste finden. In solchen Fällen helfen alle zusammen – Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Berg- und Wasserwacht – also die ganze Blaulichtfamilie. Wenn man am Ende eines solchen Einsatzes den Angehörigen, die voller Sorge zu Hause warten, eine positive Nachricht überbringen kann, weiß man, wieso man den Beruf macht.
Eigentlich ist es jedes Mal ein Highlight, wenn wir Vermisste finden. In solchen Fällen helfen alle zusammen - die ganze Blaulichtfamilie.
Finden Sie, dass sich das Ansehen und der Respekt gegenüber der Polizei verändert haben?
Korbut: Auf jeden Fall, gerade durch die sozialen Medien: Kinder bekommen heute früh Handys in die Hand gedrückt. Im Internet sehen sie dann, wie es mit der Polizei in anderen Ländern läuft. Das führt meiner Meinung nach dazu, dass der Respekt gegenüber den Beamten sinkt.
Ansehen der Polizei: „Gibt Gruppierungen, bei denen der Respekt abnimmt“
Lochner: Trotzdem finde ich, dass der Grundrespekt noch da ist. Aber es gibt Gruppierungen, darunter auch manche Jugendliche, bei denen der Respekt abnimmt. Ich denke, dass es auch immer auf das Verhalten des einzelnen Beamten ankommt.
Wie sicher fühlen Sie sich, wenn Sie als Beamter in Wolfratshausen und Umgebung unterwegs sind?
Lochner: Wenn ich im Dienst draußen auf der Straße bin, fühle ich mich sicher. Glücklicherweise leben wir in einer Gegend, in der sich jeder Bürger auf der Straße sicher fühlen darf. Alles andere sind Einzelfälle, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Genau dafür sind wir ja da. (Grimm und Korbut nicken zustimmend.)
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Herr Lochner, Sie haben von der Vielseitigkeit Ihres Jobs gesprochen. Neben dem Streifendienst arbeiten Sie bei der Alpinen Einsatzgruppe. Was stellt man sich darunter vor?
Lochner: Wie eine Art Sondereinheit: Wir sind circa 16 Leute und für die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen zuständig. Gerufen werden wir meist nur im Alarmierungsfall, etwa bei Vermisstensuchen im alpinen Gelände oder Berg- und Lawinenunfällen.
„Sondereinheit“ Alpine Einsatzgruppe: „Muss von einem Moment auf den anderen komplett umdenken“
Inwiefern wirkt sich das auf Ihren „normalen“ Dienst aus?
Lochner: Jederzeit wenn ich im Schichtdienst bin, kann auf meinem Handy eine Alarmierung eingehen: Wenig später werde ich zum Beispiel von einem Hubschrauber abgeholt und zum Einsatzort auf die Zugspitze geflogen. In solchen Fällen muss auf die Schnelle geklärt werden: Kann ich jetzt weg? Wer springt für mich ein? Von einem Moment auf den anderen muss ich komplett umdenken und mich neu fokussieren.
Nicht immer enden diese Einsätze positiv. Können Sie in solchen Fällen hinterher gut abschalten?
Lochner: Es geht leider sehr oft schlecht aus. Bis jetzt belastet mich das nicht. Aber ich schließe nicht aus, dass irgendwann der Tag kommt, an dem ich womöglich die Person kenne, die verunglückt ist – und plötzlich trifft es mich. Ich habe Kollegen, die sich eine längere Auszeit genommen haben, weil sie psychisch an ihre Grenzen gekommen sind und die zusätzliche Belastung zum alltäglichen Dienst zu groß wurde. Allerdings bringt diese Tätigkeit auch eine gute Abwechslung in den Alltag und sorgt für spannende und intensive Einsätze, weit über den normalen Polizeiberuf hinaus. kof
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