Experte hält christliches Plädoyer für günstigen Wohnraum
Beim KAB-Neujahrsempfang empfiehlt Gastredner Markus Grill en Geretsriedern die Aufstellung eines Mietspiegels. Rege Diskussion im Anschluss.
Geretsried – Rund 50 Besucher folgten am Dreikönigstag der Einladung des Ortsverbands der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) zum Neujahrsempfang im Kirchenfoyer der Heiligen Familie. Der Vortrag des Diözesansekretärs Markus Grill zum Thema „Wohnen – Menschenrecht und Menschenwürde“ regte zur kontroversen Diskussion über die Aufstellung eines Mietspiegels in Geretsried an.
Referent Grill prophezeit weitere Mietsteigerungen
„Die Mieten steigen weiter und sind für viele Menschen nicht mehr finanzierbar“, hatte KAB-Ortsvorsitzender Winfried Leyer vorab erklärt. Doch welche Rechte hat der Einzelne? Und wie können Kommunalpolitiker auf die Preisspirale einwirken? Markus Grill, Referent Verbandsentwicklung im KAB Diözesanverband München und Freising, glaubt an große Einflussmöglichkeiten. Der ehemalige SPD-Kommunalpolitiker empfiehlt den Beitritt zum Mieterverein. „Sie sind die sozialpolitische Lobby kleiner Leute“, betonte er. Grill leitet den Mieterverein Freising, der derzeit rund 3200 Mitglieder in Rechtsfragen berät und in Einzelfällen auch Schriftwechsel erledigt. Im Idealfall können Fristverlängerungen und finanzielle Einigungen erzielt werden.
Aufgrund der hohen Zuzugszahlen in oberbayerischen Städten und des Mangels an Sozialwohnungen hält Grill auch die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels im frei finanzierten Wohnungsbau für angemessen. Eine ortsübliche Durchschnittsmiete sollen so ermittelt und Wucherpreise verhindert werden. Im Geretsrieder Stadtrat war ein diesbezüglicher Antrag von Wolfgang Werner (SPD) bereits zwei Mal gescheitert – zuletzt im Oktober 2023. Die Ablehnung hatte die Mehrheit des Gremiums mit erhöhtem Personalaufwand in der Verwaltung und den anfallenden Kosten begründet. „Je nach Einwohnerzahl werden etwa 35 000 bis 150 000 Euro fällig“, schätzt Grill. Das Geld wäre seiner Ansicht in Geretsried gut angelegt, um den „überhitzten Mietmarkt“ zu regulieren.
Vize-Bürgermeisterin Sonja Frank (Freie Wähler) äußerte in der anschließenden Diskussionsrunde Zweifel an Grills Thesen. „Ein Mietspiegel ändert nichts an der momentanen Situation und wäre eine falsche Investition.“ Anwesende Stadträte gaben ihr recht und verwiesen darauf, dass ein Mietspiegel auch zu einer Erhöhung von bisher niedrigen Preisen führen könnte.
Wolfgang Werner (SPD) will Markus Grill in Stadtrat einladen
„Diese Entwicklung haben wir in Freising nicht beobachtet“, widersprach Grill. Dort gibt es seit Anfang 2023 einen Mietspiegel, weil die Stadt die dafür gesetzlich vorgeschriebene 50 000-Einwohnermarke überschritten hat. In Geretsried scheint ein derart großer Zuzug nicht wahrscheinlich. Wolfgang Werner plädierte abschließend dafür, Markus Grill in eine Stadtratssitzung einzuladen und Überzeugungsarbeit zu leisten.
ph
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