„Rezession hat sich vertieft“: Deutsche Wirtschaft laut Ökonomen weiter in Sinkflug

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Hat eine Rezession die deutsche Wirtschaft bald fest im Griff? Aktuelle Zahlen bereiten Ökonomen große Sorgen. © blickwinkel/IMAGO

Die deutsche Wirtschaft taumelt weiter: Der Einkaufsmanagerindex bescheinigt Industrie und Dienstleistungssektor schwache Zahlen. Folgt nun im zweiten Quartal die Rezession?

Berlin – Die deutsche Wirtschaft strauchelt – und wird seit Langem als der „kranke Mann“ Europas tituliert. Zahlen aus dem monatlich erscheinenden Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft untermauern diesen Status quo einmal mehr: Der Wert für Deutschland im Monat August fiel auf 48,5 Zähler, während Ökonomen ab 50 Punkten von einem Wachstum ausgehen. Unter dieser Schwelle bezeugen dagegen, dass die Geschäfte von Industrie und Dienstleistungssektor im Vergleich zum Vormonat schrumpfen - so wie nun in Deutschland. Für Juli hatte der Index noch 49,1 Punkte erhoben.

Droht Deutschland eine Rezession? Deutsche Wirtschaft verliert auch bei Dienstleistungen

Wie der Finanzdienstleister S&P Global am Donnerstag, 22. August, in seiner monatlichen Firmenumfrage mitteilte, sorgt der August-Wert für ein Fünf-Monatstief. Cyrus de la Rubia, Volkwirt von der Hamburg Commercial Bank (HCOB), einem Sponsor der Umfrage, sieht in den Zahlen ein „Desaster“: „Die Rezession in der deutschen Industrie hat sich im August vertieft, und eine Erholung ist nicht in Sicht.“

Einer der Hauptgründe für die Schwäche Deutschlands liege laut de la Rubia im schwachen Auslandsgeschäft. Hier sei die Auftragslage eingebrochen. Davon sei neben dem sowieso schon taumelnden Sektor des verarbeitenden Gewerbes auch der Dienstleistungssektor immer stärker betroffen. Auch hier blieben der Export sowie das wichtige Neugeschäft aus. Die Ursachen sehen Experten unter anderem bei den unsicheren politischen Entwicklungen der USA, die Deutschlands wichtigster Handelspartner am Exportmarkt sind.

Zahlen zur Deutschen Wirtschaft überraschend Ökonomen. Signale waren eigentlich positiv

Für Dienstleistungen wies der Wert mit 51,4 Zählern zwar weiterhin Wachstum auf, doch schrumpfte er im Vergleich zum Vormonat (52,5) um 1,1. Im verarbeitendem Gewerbe sank das Konjunktur-Barometer um 1,2 Zähler im Vergleich zum Juli-Niveau (August: 42,1; Juli: 43,2).

Dabei kommen die Zahlen durchaus überraschend. Ökonomen hatten in einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters noch mit einem leichten Anstieg auf 49,2 Zähler für August gerechnet. Diese Hoffnung wurde im Frühjahr noch durch eine geringere Inflation und höhere Löhne befeuert. Auch der weltweite Konjunkturaufschwung war eigentlich ein Indiz dafür, dass Deutschland von den Effekten profitieren könne, erklärt de la Rubia weiter. Der Finanzexperte sieht nun die Wahrscheinlichkeit eines negativen Wachstums im zweiten Quartal gestiegen – wodurch Deutschland im schlimmsten Fall von einer gesamtwirtschaftlichen Rezession betroffen wäre.

Olympia als Zugpferd? Dienstleistungssektor in Frankreich steigt stark an

Vermeintlich positiver entwickelte sich hingegen die Konjunktur im Euroraum. Der Einkaufsmanagerindex stieg im August vom Juli-Wert 50,2 auf 51,2 Zähler. Auch in diesem Fall hatten sich die Prognosen der von Reuters befragten Ökonomen nicht bewahrheitet. Die Experten waren von einem leichten Rückgang ausgegangen.

Den Anstieg erklärte sich de la Rubia überwiegend mit dem florierenden Dienstleistungssektor in Frankreich. Der Index sei hier um fast fünf Punkte auf 55 Zähler gestiegen. Doch sei dieser massive Zuwachs wohl nur temporär und eng mit den Olympischen Spielen Ende Juli bis Mitte August verknüpft. Erwartungsgemäß werde dieser Wert wieder fallen, was auch mit den schlechten Zahlen in Deutschland zu tun hätte.

Bundesbank hofft auf Erholung – und dass scharfe Rezession ausbleibt

Laut eines Berichts von Bloomberg hofft die Bundesbank trotz der mäßigen Aussichten auf das zweite Quartal, dass eine scharfe Rezession noch zu verhindern sei. In ihrem am Dienstag, 20. August, lancierten Monatsbericht hieß es: „Aus heutiger Sicht ist eine Rezession im Sinne eines deutlichen, breit angelegten und lang anhaltenden Rückgangs der Wirtschaftsleistung nicht zu erwarten, solange keine neuen negativen Schocks auftreten.“

War das BIP Deutschlands zwischen April und Juni noch überraschend um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal gesunken, erwartet die Bundesbank, dass sich das BIP im dritten Quartal langsam erhole.

Der Einkaufsmanagerindex erscheint seit 1996 und wird federführend vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) herausgegeben. Der Daten- und Informationsdienst IHS Markit Hauptsitz in London erstellt den Index, basierend auf einer monatlichen Befragung von rund 400 Einkaufsleitern und Geschäftsführern in Deutschland. Als Vorbild orientiert sich der EMI am US-Purchasing Managers Index (Markit U.S.-PMI). 

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