Das „neue China“: So wird Deutschland vom nächsten asiatischen Land abgehängt
Während der Westen mit Rezession und schwächelnder Wirtschaft kämpft, wächst Indiens Wirtschaft übermäßig schnell. Experten sehen ein „neues China“. Woran liegt das?
Neu-Delhi – Schon in wenigen Jahren soll die indische Wirtschaft die von westlichen Nationen wie Deutschland und Japan überholt haben. Indien wächst derzeit in einem erstaunlich hohen Tempo, bleibt von den Krisen, die die Industrienationen noch beuteln, vergleichsweise unberührt. Allerdings ist das für die Bevölkerung nicht nur positiv.
Wirtschaftswunder in Indien – überholt das Land den Westen?
8,4 Prozent – um diesen Betrag ist das indische BIP im letzten Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Wie die Tagesschau berichtete, profitiert das Land aktuell von Rückkehrern, also Indern, die zum Beispiel in Europa und in den USA studiert haben und das gewonnene Wissen nun im Heimatland anwenden. In vier Jahren, so sagt es die Industrieländer-Organisation OECD voraus, soll Indiens Volkswirtschaft die von Deutschland oder Japan überholt haben.

Dabei sollen es vorrangig die größeren Städte sein, die das Wachstum antreiben, zum Beispiel die Metropole Hyderabad im Süden Indiens. Der Staat pumpt Millionen von Euro in die Forschung, versorgt die Innovationszentren. Ein Beispiel dafür ist das „T-Hub“, das 350 Start-ups genug Platz für ihre Räumlichkeiten bietet, noch etwa doppelt so viele passen außerdem hinein. Der Geschäftsführer geht davon aus, dass „bald“ mehr als 1.000 Start-ups unter dem Dach des T-Hub sitzen.
Gespaltenes Indien – zwischen Armut und High-Tech
Für diese Entwicklung identifiziert Prof. Dr. Guido Cozzi, Professor für Makroökonomie an der Universität St. Gallen (HSG), drei hauptsächliche Faktoren: die junge Demografie, die Vertiefung der Beziehungen zum Westen und den Zustrom ausländischer Investitionen. „Die wirtschaftsfreundliche Haltung der Regierung und die Investitionen in die High-Tech-Infrastruktur“ würden weiter zu dem Trend beitragen, sagte der Ökonom zu Ippen.Media. Er warnte jedoch: „Um sicherzustellen, dass sich das Wachstum in weitreichendem Wohlstand für die gesamte indische Bevölkerung niederschlägt, ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, die wachsende Kluft in der Vermögensverteilung zu reduzieren.“
Indien ist ein Land der Gegensätze – auf der einen Seite stehen eine extreme Modernisierung und Investitionen in High-Tech, auf der anderen Seite leben hier so viele verarmte Menschen wie in keinem anderen Land der Welt. Das BIP pro Kopf beträgt weniger als 3.000 Dollar, also weniger als ein Viertel des Weltdurchschnitts. „Zum Vergleich: China hat die gleiche Bevölkerungsgröße, aber ein Einkommensniveau, das dem weltweiten Durchschnitt entspricht“, sagte Dr. Stefan Legge, Stellvertretender Direktor der Universität St. Gallen und außerdem Leiter der Abteilung Steuer- und Handelspolitik, dazu. China habe vier Jahrzehnte gebraucht, um von der Armut auf ein solches Niveau zu kommen.
„Kein Land in der Größenordnung hat sich jemals so schnell entwickelt wie China. Indien hat also noch einen langen Weg vor sich“, erklärte der Ökonom. „Es könnte – mit zwanzig Jahren Verspätung – das zweite BRICS-Land sein, das diese Entwicklung vollzieht.“
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Globale Ziele nur mit Indien möglich
Die Bundesrepublik hat jedenfalls vor, Indien dabei zu unterstützen. Zunächst einmal geschieht das durch Entwicklungshilfe – im Jahr 2022 noch hatte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Indien Mittel der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit in Höhe von 987,52 Millionen Euro zugesagt. Laut dem BMZ nimmt Indien eine Schlüsselrolle bei der Lösung globaler Entwicklungsfragen ein. Nur gemeinsam mit Indien als Partner seien die globalen Nachhaltigkeitsziele und die des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.
Von den globalen Konflikten, die den Westen derzeit schwächen, ist Indien mindestens anteilig betroffen. Genau wie die deutsche hat auch die indische Solarbranche aktuell mit der Flut von chinesischen Modulen zu kämpfen, die den heimischen Markt schwächen. Und im Rahmen des Ukraine-Kriegs hat sich Indien nach dem Inkrafttreten der westlichen Sanktionen als bereitwilliger Abnehmer für russisches Öl herausgestellt, zeigte sich jedoch kürzlich aufgrund neuer Sanktionen besorgt.