Wir haben vier Unterallgäuer gefragt, was sie motiviert, sich seit vielen Jahren in der Kommunalpolitik zu engagieren, was sie dadurch erreichen konnten und warum es wichtig ist, sich vor Ort und in der Region einzubringen.
Unterallgäu – Auf unsere Fragen haben Roland Ahne (SPD), Stadtrat und Zweiter Bürgermeister in Mindelheim, Kreisrat und Mitglied im Kreisausschuss; Johanna Hölzle (Bündnis 90/Die Grünen), Kreisvorsitzende Unterallgäu, Sprecherin Grüne Jugend Schwaben und Beisitzerin der Grünen Jugend Bayern; Dominik König (CSU/Junge Union), Kreisvorsitzender JU Unterallgäu und Karin Schmalholz (FW), Kreisrätin und Bürgermeisterin der Gemeinde Apfeltrach geantwortet.
Was war das Schlüsselerlebnis, das Sie in die Politik gebracht hat?
Ahne: Schlüsselerlebnis gab es keines. Damals war ein Generationenwechsel bei der SPD Mindelheim angesagt. Da ich gewerkschaftlich aktiv war, hat mich der damalige Ortsvorsitzende Edwin Röthinger angesprochen, ob ich nicht für den Stadtrat kandidieren möchte. Ergebnis: ja. Seit 1990 bin ich im Stadtrat Mindelheim.
Hölzle: Mein Weg in die grüne Politik war ein längerer Prozess, der stark durch das Thema Klimaschutz geprägt war. Mit etwa zwölf Jahren wurde ich Vegetarierin, später lebte ich über drei Jahre vegan, ich versuchte möglichst wenig Plastikmüll zu verursachen und habe meinen Kleiderschrank auf das Nötigste ausgemistet. Letztlich war es überfällig, mit der Unzufriedenheit über den Klimawandel nicht länger daheim zu sitzen und meine Familie, Freundinnen und Freunde zu einem möglichst klimaneutralen Leben zu motivieren, sondern sich Menschen anzuschließen, mit denen zusammen man einen Unterschied in der Politik machen kann.
König: Mein Interesse für Politik besteht, seit ich ein Jugendlicher war. Ich habe mich schon immer für verschiedene, politische Themen interessiert. Hinzu kam, dass innerhalb meines Freundeskreises viel politisch diskutiert wurde. Während meiner Zeit bei der Bundeswehr musste ich dann eine Seminararbeit verfassen, die sich mit der Gründung der Bundeswehr beschäftigte. Ich war daraufhin beeindruckt vom Weitblick und Einsatz damals agierender Spitzenpolitiker. All diese Aspekte waren dann meine Motivation, mich in einer Partei einzubringen. So bin ich vor fast zehn Jahren selbst aktiv geworden, in die Junge Union eingetreten und bis heute dabeigeblieben.
Schmalholz: Apfeltrach ist mein Heimatort, hier bin ich geboren und aufgewachsen. Nach der Familiengründung mit drei Kindern kamen die Fragen nach Kindergartenplätzen und damit das Interesse an der Politik.
Was ist das große Ziel, das Sie durch Ihr politisches Engagement erreichen wollen?
Ahne: Mein großes Ziel ist unsere Demokratie zu bewahren und vor allem gegen rechte Parteien und Gruppierungen zu schützen. Das rechte äußerst konservative Lager hat uns zwei Weltkriege beschert. Diese gefährliche Ideologie muss aktiv bekämpft werden.
Hölzle: Das utopisch große Ziel, auf das ich mit grüner Politik und Gleichgesinnten in kleinen und großen Schritten hinarbeiten will, ist das gute Leben für alle. Dazu gehört keine Armut in einem so wohlhabenden Deutschland, soziale Gerechtigkeit –insbesondere Chancengleichheit in der Bildung, guter, flächendeckender und kostengünstiger (perspektivisch kostenloser) ÖPNV, keine Diskriminierung in irgendeiner Art und so vieles mehr.
König: Mein großes Ziel ist, dass es heutigen und kommenden Generationen zukünftig genauso gut oder sogar besser geht als vorangegangenen Generationen. Daher möchte ich unsere Region und Heimat mit Ideen nach vorne bringen und gestalten.
Schmalholz: Wie kann ich es anstellen, im Dorf mitwirken zu können.
Woraus ziehen Sie die persönliche Motivation, sich zu engagieren?
Ahne: Meine Motivation ist: mitzugestalten, um unsere Stadt und unseren Kreis lebens- und liebenswert zu erhalten. Deshalb ist es für mich wichtig mit Menschen zu reden, ihnen zuzuhören, damit die politischen Weichen richtig gestellt werden. Das macht manchmal auch Spaß.
Hölzle: So viel in der Welt, in Deutschland und vor Ort könnte, sollte und müsste viel besser sein. Daheimsitzen und meckern, hilft nichts. Also mache ich das nicht. Ich trete im Rahmen meiner Möglichkeiten für Veränderung ein und mache das in einer Partei und Jugendorganisation, mit der ich das Gefühl habe, mit der ich die richtigen Ideen und Lösungen entwickeln kann und in Zusammenarbeit mit anderen Demokratinnen und Demokraten etwas verändern zu können.
Schmalholz: Meine persönliche Motivation ist: ein gutes Leben für alle Menschen im Dorf zu ermöglichen. Ein friedliches Miteinander, Zusammenhalt und gemeinsam Feste feiern. Unterstützung der dörflichen Vereine, immer den ersten Schritt zu wagen und Neues ermöglichen. Nicht jammern, sondern selbst aktiv werden.
Können Sie durch Ihre politische Arbeit etwas bewegen? Haben Sie ein Beispiel dafür?
Ahne: Ja, man kann einiges bewegen. 2014 habe ich das Energieteam wiederbelebt und mit Mitgliedern fast aller Stadtratsfraktionen besetzt. Inzwischen haben wir den European Energie Award erhalten und sind für weitere Maßnahmen im Klimaschutz ausgezeichnet worden. Die Stadt Mindelheim THG neutral zu bekommen, ist nach wie vor mein großes Ziel.
Hölzle: Meine verschiedenen Vorstandsämter und Netzwerke bieten viele Chancen, politisch wirksam zu werden. Im Unterallgäu bin ich sehr dankbar um den guten Draht zur Kreistagsfraktion, in Schwaben zur Bezirkstagsfraktion und in Bayern zur Landtagsfraktion und zur Landesgruppe. Im Austausch mit den Politikerinnen und Politikern verschiedener Ebenen entstehen immer wieder neue Ideen für Anträge. Besonders wirksam fühle ich mich aktuell in meiner Arbeit als Koordinatorin des Bildungs- und FINTA*-Politik-Teams der GJ Bayern. Dort darf ich an Strategien und Bildungsangeboten für junge Menschen zu den verschiedensten Themen (z.B. Klimaschutz, Queerfeminismus, Rassismus und Antisemitismus, Kommunalpolitik) arbeiten. Im Oktober findet wieder unser halbjährlicher Landesjugendkongress statt, bei dem wir eine Vielzahl von Workshops für die knapp 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer anbieten werden, die zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren des gesellschaftlichen Wandels werden. Nicht zuletzt darf ich mit dem Kreisvorstand den Auftritt der Grünen im Unterallgäu gestalten. Dabei haben wir unter anderem mit unserer Graffiti-Aktion bei verschmierten Wahlplakaten ein Zeichen gegen Hass und Hetze gesetzt.
König: Immer wieder habe ich zu aktuellen Themen Diskussionsrunden organisiert. Zum Beispiel habe ich während Corona eine Gesprächsrunde mit dem damaligen Gesundheitsminister Klaus Holetschek organisiert. Unsere Mitglieder hatten dadurch die Möglichkeit, ihre Meinungen und Ansichten aus Sicht einer jungen Generation einzubringen. Auch eine Diskussionsrunde zum Thema Asyl mit einem Experten aus dem Unterallgäuer Landratsamt war nicht nur tagesaktuell, sondern auch informativ, um diese komplexe Thematik besser zu verstehen. Die Kommunalwahl im kommenden Jahr ist für die Junge Union ein bedeutender Termin. In wenigen Wochen werden wir daher eine Klausurtagung abhalten, um wesentliche Themen herauszuarbeiten, die für heutige und zukünftige Generationen im Landkreis Unterallgäu bedeutend sind und mit welchen Lösungsansätzen wir diese verbessern möchten.
Schmalholz: Apfeltrach war um 2014 eine der ersten Gemeinden, welche mit Glasfaser ausgebaut wurden, auch die Ortsteile Köngetried und Saulengrain. Durch meine Initiative wurde 2002 der Leonhardiritt wieder ins Leben gerufen. Apfeltrach hat eine Leonhardskirche und dort wurden um ca. 1949 und 1950 Leonhardiritte durchgeführt. Wichtig ist für mich auch die Mitwirkung von Frauen in der Politik.
Was können Sie anderen sagen, warum sie sich ebenfalls politisch einbringen sollten?
Ahne: Es ist wichtig für die Demokratie einzustehen, sich gegen Angriffe auf die Demokratie zu wehren. Es ist aber auch schön, wenn man eine Stadt aktiv weiterentwickeln kann. Selbst Ideen einzubringen und somit zu einer harmonischen und positiven Stadtentwicklung beizutragen.
Hölzle: Es gibt so viele gute Gründe, sich politisch zu engagieren! Machen statt Meckern ist einer davon. In einer Welt voller großer Krisen und Konflikte, fühlt man sich leicht ohnmächtig. Hinzu kommen die erschreckend hohen Umfragewerte und Wahlergebnisse der AfD und ihre sehr starke Präsenz in den sozialen Medien, vielleicht sogar im eigenen Umfeld. Da tut es gut, sich mit Gleichgesinnten zu verbünden, um sich nicht allein zu fühlen, gemeinsam Spaß und Freude an der politischen Arbeit zu haben. Letzten Endes geht es um unsere Zukunft und eine Welt, in der wir leben wollen.
König: Viele Menschen sagen, dass man politisch doch sowieso nichts ändern kann. Das mag aber nur in Teilen stimmen: Selbstverständlich kann man nicht von heute auf morgen das ganze Land zu einem besseren Ort machen. Aber sich nur zu beschweren, ist einfach und bringt unsere Gesellschaft nicht weiter. Ich bin überzeugt, dass ein Beitrag vor Ort ein wichtiger und entscheidender Schritt ist, um unsere Heimat zu gestalten, zu verbessern und nach vorne zu bringen. Daher kann ich die Menschen nur motivieren sich politisch zu informieren und zu engagieren.
Schmalholz: Unsere Demokratie besteht aus vielen unterschiedlichen Menschen und Kulturen. Jeder einzelne hat die Möglichkeit seine Meinung weiterzugeben. Nur so kann Verständnis entstehen für die Vielfalt der Möglichkeiten. Um Interesse zu wecken für Jugendliche und junge Menschen sich an der Politik zu beteiligen.
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