Die Zukunft der EU steht auf dem Spiel: Das bedeuten die Trump-Zölle

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Der Handelsstreit zwischen der USA und der EU eskaliert. Die neuen Zölle setzen Europa stark unter Druck. Wie geht es weiter mit den transatlantischen Beziehungen?

Berlin – Der Zollstreit zwischen US-Präsident Donald Trump und der Europäischen Union (EU) findet nun einen weiteren Höhepunkt. Zum 1. August kündigte der US-Präsident an, einen 30-prozentigen Zoll auf alle Importe aus Europa zu veranschlagen. Europa legte zuvor bereits eine Liste mit Gegenzöllen vor, die jetzt aber auf Anfang August verschoben werden. Experten sehen im Zuge des sich aufheizenden Handelskrieges gravierende Konsequenzen auf Europa und die USA zukommen. Wie wird Europa reagieren?

Experten über US-Zölle: Trump könnte EU zersplittern

Die EU und USA sind füreinander jeweils die wichtigsten Handelspartner. Allein im vergangenen Jahr betrug der transatlantische Handelswert 1,68 Billionen Euro – 43 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP). „Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg könnten sich Amerikaner und Europäer nicht nur als wirtschaftliche Wettbewerber, sondern als Gegner mit unvereinbaren geopolitischen Vorstellungen gegenüberstehen“, sagte Laura von Daniels von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). In einem Szenarienpapier, welches der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, warnte die Politologin vor einer Zersplitterung der EU infolge der US-Politik.

Denn die EU-Mitgliedsstaaten sind im Einzelnen verschieden stark von den US-Abgaben betroffen. Deutschland, Italien, Irland, Niederlande sowie Frankreich sind für die Vereinigten Staaten wichtigste Partner im transatlantischen Handel. „Ließen sich diese Länder dazu hinreißen, einzelne bilaterale Absprachen mit Trump einzugehen, wäre die Kraft des Binnenmarkts reduziert und die Zukunft der EU bedroht“, sagte Expertin von Daniels. Zuvor mahnten etliche Institute bereits eindringlichst dazu, geschlossen auf die US-Zölle zu reagieren.

EU in Alarmbereitschaft: „Enormen negativen Auswirkungen auf beiden Seiten des Atlantiks“

Mit den jüngst verschickten Briefen wurde die EU in Alarmbereitschaft versetzt. Die Auswirkungen dieser Zölle könnten weitreichende Konsequenzen auf die transatlantischen Beziehungen entwickeln. Der Handel mit den Vereinigten Staaten werde faktisch zunichtegemacht. „Wenn [der Zoll] bei 30 [Prozent] plus bleibt, wird der Handel, wie wir ihn kennen, einfach nicht weitergehen, mit enormen negativen Auswirkungen auf beiden Seiten des Atlantiks“, sagte Maroš Šefčovič, EU-Handelskommissar laut CNN. Das Handelsniveau mit den USA könnte „fast unmöglich“ aufrechterhalten werden. 

Themenbild Trump`s Zoelle
Die neuen US-Zölle auf EU-Importe belasten die transatlantisch Handelsbeziehungen. © IMAGO/Frank Hoermann/SVEN SIMON

Šefčovič bestätigte bereits, er werde alles tun, um ein super-negatives Szenario zu verhindern. Trump signalisierte am Montag (14. Juli) ebenso Offenheit gegenüber Verhandlungen mit der EU. Die Märkte unterdessen reagierten überraschend entspannt. Laut Analysten ist dies in Erwartung auf den sogenannten „TACO“-Trade zurückzuführen. Dies bedeutet, dass der US-Präsident im Zweifel einen Rückzieher machen werde, wie es schon beim Liberation Day zu beobachten war. Man gehe jedoch auch davon aus, dass die Handelspartner, wie im Beispiel der kanadischen Digitalsteuer, einknicken könnten.

Sicherheitspolitik als Druckmittel: Wird die EU einknicken?

Eine schnelle Einigung hält von Daniels aber trotz des potenziellen Schadens für unrealistisch. Vor dem Hintergrund der finanziellen Risiken für die USA, also dem gestiegenen Kreditrisiko und dem schwachen Dollar, könnte Trump zwar gemäßigter auftreten. Doch gleichzeitig fügt sie hinzu: „Für die EU bleibt ein nicht geringes Risiko, dass ein Deal mit Trump nur von recht kurzer Dauer sein könnte“. Einen frühen Deal bezeichnet die Expertin als „wirtschaftspolitischer Waffenstillstand“, der lediglich Zeit verschaffe und hohe Kosten ersparen könnte.

Ein weiteres Szenario könnte nach Ansicht der Politikwissenschaftlerin sein, dass weiter verhandelt werde und die Kosten durch bereits erlassenen Zölle weiter stiegen. Ein Problem in der Taktik der USA sehen die Experten besonders darin, dass Trump Sicherheitspolitik als Druckmittel einsetzt. In einem dritten skizzierten Szenarien, könnte Trump also sogar fortsetzen, US-Truppen aus Europa abzuziehen. „Die EU und Deutschland als wirtschaftlich wichtigstes Mitgliedsland und politisches Schwergewicht müssen für den Fall, dass eine Einigung ausbleibt, vorbereitet sein“, so von Daniels weiter.

US-Wirtschaft von Zollpolitik stärker betroffen als EU, Deutschland als Verlierer

Infolge der Trump'schen Politik hat die EU bereits ihre Wachstumsprognose für das Jahr 2025 gesenkt – lediglich 0,9 Prozent werde die Eurozone erwirtschaften. Obwohl die Einnahmen aus den Zöllen der USA im laufenden Jahr bereits rund 100 Milliarden Dollar eingespielt haben, schätzen Ökonomen die Auswirkungen des Handelskriegs allerdings schwerwiegender für die USA ein. Trumps Ziel, das globale US-Handelsdefizit zu verringern, ließe sich verschiedenen Untersuchungen zufolge kaum erreichen. 

Weil die USA bei Importen auf Endverbrauchsgüter und Vorleistungen für die US-Industrie angewiesen ist, leide das US-BIP stärker und könnte sich um 0,7 Prozent verringern. Auch US-Verbraucher müssten mit höheren Preisen rechnen, die Notenbank Fed würde ihren straffen geldpolitischen Kurs demnach erst Ende des Jahres lockern. Als Verlierer innerhalb der Europäischen Union steht Deutschland dar: Mit einem BIP-Rückgang von bis zu 0,4 Prozent entfaltet der drohende Handelskrieg hierzulande in verschiedenen Szenarien die stärksten Auswirkungen.

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