Tumult bei Festwochenstart in Kempten – Frau stört Festakt im Kornhaus, es geht um Freiheit & den Großen Kauf
Ein historisches Schauspiel zum Festwochen-Auftakt im Kornhaus in Kempten hat Stadtgeschichte um den „Großen Kauf“ zum Leben erweckt.
Kempten – Traditionell richtet der Kemptener Oberbürgermeister bei der offiziellen Eröffnung der Allgäuer Festwoche ein Schlaglicht auf ein kulturelles Highlight oder ein aktuelles Thema in Kempten. Heuer erinnerte er an den „Großen Kauf“ zur Zeit des Bauernkrieges, mit dem sich die Reichsstadt die Unabhängigkeit vom Fürstabt erkauft hat. Doch gleich zu Beginn seiner Rede unterbrach ihn eine Frau aus dem Publikum.
Kiechle kam gar nicht mehr zu Wort, so aufgeregt war die junge Dame. Sie wollte den Fürstabt Sebastian von Breitenstein gesehen haben, der sich in der Stadt verstecke. „Der Fürstabt, i han ean gseah!“ Wüste Schimpftiraden ließ sie auf ihn nieder. Er habe die Bauern mit Steuern und Ungerechtigkeiten überzogen. „Mir hand Hunger, mir hand Wuat!“, schrie sie.
Festakt zur Eröffnung der Allgäuer Festwoche im Kornhaus Kempten mit „Störung“
Schließlich konnte die Frau (gespielt von Lara Waldow) den Oberbürgermeister überreden, in die Rolle von Gordian Seuter zu schlüpfen. Seuters Geschick ist es zu verdanken, dass sich die Reichsstadt Kempten im Jahr 1525 von Fürstabt Breitenstein freikaufen konnte. Bei dem Ereignis, bekannt als „Der Große Kauf“, nutzten die Reichsstädter die Not des Fürstabts aus, der bei ihnen vor den plündernden Bauernkriegshaufen Schutz suchte.
Kiechle spielte den Akt der Erpressung zusammen mit Christian Kaiser als Fürstabt unterhaltsam nach. 30.000 Gulden, all ihr Erspartes, hätten die Bürger für den Kauf zusammengelegt. Denn „die Freiheit wiegt unendlich mehr als Silber, Gold und Edelsteine“, so Kiechle/Seuter.
„Entschlossen entgegentreten“
Vor dem Hintergrund der Ereignisse von 1525 stellte der OB Freiheit und Demokratie auch in seiner Rede in den Mittelpunkt: „Sind wir als Gesellschaft bereit, auf einen Teil unseres Wohlstandes zu verzichten oder gar das Leben einzusetzen für die Freiheit?“ Kiechle forderte entschlossene Widerrede all jenen gegenüber, die Freiheit für nicht so wichtig erachteten und sagten, „ein starker Anführer tut‘s auch“.
Als für die Demokratie essentiell erachtete der OB die Bildung und deren Investitionen: „Bildung stärkt die Menschen, um für die Demokratie einzustehen.“ Für diese unverzichtbar hielt er zudem das Ehrenamt, den respektvollen Umgang mit- und den Austausch untereinander, wofür die Allgäuer Festwoche als Treffpunkt die beste Gelegenheit biete.
Deshalb dürfe sie auch etwas kosten, trat Kiechle den Kritikern des Festwochendefizits entgegen, zumal dort wertvolle Geschäfts- und Privatkontakte entstünden. „Wie viele hier wären gar nicht da, wenn sich ihre Eltern nicht auf der Festwoche kennengelernt hätten?“
An den Schluss setzte er den Appell: „Lasst uns miteinander ins Gespräch kommen und mit Mut und Herz Zukunft gestalten!“
Die Eröffnung der Allgäuer Festwoche 2025 vollzog Ministerpräsident Markus Söder. Mehr dazu lesen Sie hier.
Feste, Konzerte, Ausstellungen: Was man in Kempten und Umgebung unternehmen kann, lesen Sie im Veranstaltungskalender.
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