Vom Flaschendeckel zur Freiheit – Festwochen-Start in Kempten mit klaren Worten von Söder und Kiechle

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Vom Flaschendeckel zur Freiheit – Festwochen-Start in Kempten mit klaren Worten von Söder und Kiechle  

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Ministerpräsident Markus Söder probierte auf dem Festwochenrundgang in Kempten Allgäuer Käse. Mit dabei: Die bayerische Milchkönigin Elisabeth Heimerl. © Koch

Zum Start der Allgäuer Festwoche in Kempten skizziert Ministerpräsident Markus Söder sein Rezept für mehr Wettbewerbsfähigkeit und kritisiert EU-Bürokratie.

Kempten/Allgäu – Seit gestern ist die Allgäuer Festwoche in Kempten der Nabel des Allgäus. Bei Party, Folklore, Glücksrad und Pfannenkauf treffen sich Einheimische aus der ganzen Region genauso wie Urlauber und die Prominenz. Ministerpräsident Markus Söder hat das Traditions-Event am Samstag eröffnet. Mit im Gepäck hatte er eine Liebeserklärung ans Allgäu, Kritik an der EU-Bürokratie und eine Forderung nach Leistungsbereitschaft.

Zum dritten Mal besuchte der bayerische Ministerpräsident bereits die Allgäuer Festwoche. In seiner gewohnt markigen Rede, diesmal wieder im frisch aufgehübschten Kornhaus, outete er sich als Fan des Allgäus – „eine der schönsten Regionen überhaupt“, mit einer erfolgreichen Entwicklung in den letzten Jahrzehnten. Hier sei alles möglich, von der modernsten Technologie bis zum Weltkulturerbe.

Nicht fehlen durfte Söders Bekenntnis zum Fleischkonsum, zur Alpwirtschaft und zur Allgäuer Landwirtschaft: „Regional erzeugte Lebensmittel sind immer noch die besten“, rief der Ministerpräsident.

Kritik übte Söder dagegen an der EU-Bürokratie. Er ärgere sich jeden Tag aufs Neue, wenn der Inhalt seiner Colaflasche auf der Hose lande oder ihr Deckel in seinem Auge. „Jeden Morgen frage ich mich, ob die Frage des Deckels auf der Plastikflasche die beste Antwort auf die Herausforderungen ist“, denen die EU gegenüberstehe im Wettstreit mit USA, China und dem Rest der Welt. Mit Blick auf den Bauernkrieg sagte er: „Heute bedeutet Freiheit nicht das Freikaufen von übergeordneten Mächten, sondern die Freiheit von Zwang, Vorschriften und überbordender Bürokratie.“ Hier habe Bayern vorgelegt. Das Ziel: Deutschland wettbewerbsfähiger machen.

Markus Söder bei der Eröffnung der Allgäuer Festwoche in Kempten: „Es ist nicht falsch, Leistung zeigen zu wollen“

Dazu gehöre aber auch Leistungsbereitschaft. „Nur mit Homeoffice und Teilzeit wird es nicht funktionieren“, sagte Söder und schickte hinterher: „Der der was schafft, muss mehr haben als der der nix tut.“

Er forderte Steuersenkungen als Anreiz für die Wirtschaft sowie Handwerk und Mittelstand – „die große Stärke des Allgäus“. Für niedrigere Abgaben setze er sich auch in puncto Erbschaften ein. „Es kann nicht sein, dass jemand sein Haus verkaufen muss, um die Erbschaftssteuer zahlen zu können!“, sagte er.

Erfolg als Rezept zur Verteidigung der Demokratie

Bayerns Erfolgsrezept laut Söder: Digitalisierung und Investitionen in Forschung und Transformation als Reaktion auf die sich verändernden Märkte. Bei den Startups belege Bayern den Spitzenplatz. Auch die Demokratie werde man nur stärken können, wenn man Probleme löst: „Wenn die Menschen anderer Länder sehen, dass eine andere Staatsform mehr Möglichkeiten bietet, werden sie hinterherlaufen“, zeigte sich der Ministerpräsident überzeugt.

Mit der Demokratie sprach Söder ein Thema an, das Oberbürgermeister Thomas Kiechle ins Zentrum seiner Rede rückte: Vergangenheit und Gegenwart verschmolzen, als der OB plötzlich Teil eines Theaterstücks wurde und in die Rolle von Gordian Seuter schlüpfte. Seuter hat die Stadt Kempten im Jahr 1525 vom Fürstabt Sebastian von Breitenstein freigekauft. Er nutzte die Not des Geistlichen aus, der in der Stadt vor den plündernden Bauern Schutz suchte. Für die Kaufsumme von 30.000 Gulden hatten die Bürger all ihr Erspartes geopfert. Kiechle zog Parallelen zu heute. „Freiheit bedeutet, dass kein starker Mann und kein Politiker vorgibt, wie wir zu leben haben.“

OB Kiechle nutzt historische Rolle für einen Appell zur Demokratie

Diese Freiheit, wie sie beispielsweise beim Christopher Street Day in Kempten vor Kurzem sichtbar geworden sei, müssten alle Bürgerinnen und Bürger verteidigen, genauso wie die Demokratie, „die wie ich meine, von innen und von außen bedroht ist“. Das fange im Kleinen an im respektvollen Gespräch, in Begegnungen, im Zuhören, im Ehrenamt. Der perfekte Rahmen zum Kontakteknüpfen: die Allgäuer Festwoche, fand Kiechle.

In diesem Jahr präsentieren sich dort 260 Aussteller. Jeden Tag wartet ein wechselndes Programm auf der Stadtparkbühne, im Haus der Allgäuer Werte sowie in der Gastronomie. Heute Sonntag stehen zudem die Familien im Fokus. Am Montag, 11. August, gibt es Wissenswertes für die Senioren. Um Nachhaltigkeit dreht sich der Dienstag, 12. August. Am Donnerstag, 14. August, präsentieren sich die „Arbeitgeber der Region“ und zum Finale am Sonntag, 17. August, erwartet die Stadt rund 1.700 Teilnehmer beim Schützenumzug des Schützengaus Allgäu. Er zieht ab 13.30 Uhr von der Rottachstraße über Residenz zum Festwochengelände. Um 19.30 Uhr leuchtet der Hildegardplatz vor der Basilika im Glanz von Tausenden Kerzen.

Feste, Konzerte, Ausstellungen: Was man in Kempten und Umgebung unternehmen kann, lesen Sie im Veranstaltungskalender.

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