Migration, Zölle, Klimaschutz - Drei umstrittene Trump-Vorhaben könnten jetzt noch vor Gericht gestoppt werden
Donald Trump ließ sich nicht lange bitten. Kurz nach seiner Rede zum Amtsantritt unterzeichnete der 47. Präsident der Vereinigten Staaten mehrere sogenannte executive orders, also Dekrete des Präsidenten.
Das ist nicht unüblich. Neu ins Amt eingeführte Präsidenten machen das traditionell so. „Die Unterzeichnung von ‚executive orders‘ am ersten Tag, die die Prioritäten der neuen Regierung hervorheben, ist nicht neu“, sagt Rachael Dean Wilson von der amerikanischen Stiftung German Marshall Fund, dem Tagesspiegel.
Natürlich würden einige dieser Durchführungsverordnungen vor Gericht angefochten werden, andere seien weitgehend symbolisch. „Aber der Umfang der Anordnungen und Maßnahmen ist einzigartig“. Trump verschwende keine Zeit bei dem, was er als „Wiederherstellung Amerikas“ ansehe, sagt Dean Wilson.
Doch was sind Trumps wichtigste Projekte – und kann er sie alle einfach so durchsetzen?
1. Migration
Es war das zentrale Thema von Trumps Wahlkampagne. Die „größte Abschiebeaktion in der amerikanischen Geschichte“ versprach er seinen Anhängern.
Als eine seiner ersten Handlungen unterzeichnete er ein Dekret und rief einen „Nationalen Notstand“ an der Grenze zu Mexiko aus. Sie soll gesichert und die berühmt-berüchtigte Mauer weitergebaut werden.
Trump muss mit juristischem Widerstand rechnen
Allerdings ist die Lage hier nicht so klar, wie Trump sich das vielleicht vorstellt. Bei der Massendeportation, die Trump bereits angekündigt hat, dürfte er es weniger einfach haben, als er denkt. 15 bis 20 Millionen Menschen möchte er ausweisen. Denn Trump muss sich hier auf juristischen Widerstand gefasst machen.
„Massenabschiebungen in dem angekündigten Umfang würden enorme finanzielle und personelle Ressourcen erfordern und könnten von Gerichten blockiert werden“, sagt Christian Lammert, Professor für Politikwissenschaft am John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Amerikastudien, dem Tagesspiegel.
Trump benötigt für viele Maßnahmen die Unterstützung des Kongresses und lokaler Behörden, was nicht garantiert ist.
Christian Lammert, Professor für Politikwissenschaft am John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Amerikastudien
Zweifel gibt es vor allem daran, ob ein solches Vorgehen verfassungsgemäß wäre. So haben Menschenrechtsorganisationen bereits angekündigt, dass sie gegen viele Deportationen Klagen einreichen würden. Die jetzige US-Verfassungsrichterin Ketanji Brown Jackson etwa erließ 2019 eine einstweilige Verfügung, um beschleunigte Abschiebeverfahren zu stoppen.
Das Argument: Den Betroffenen wurde kein angemessener Rechtsschutz geboten. Solche Klagen dürfte Trump zuhauf erwarten. „Zudem benötigt Trump für viele Maßnahmen die Unterstützung des Kongresses und lokaler Behörden, was nicht garantiert ist“, sagt Lammert.
Hinzukommt der wirtschaftliche Aspekt. Schätzungen zufolge würde allein die Deportation derjenigen, die keinen dauerhaften rechtlichen Status in den USA haben, 315 Milliarden Dollar kosten. Das beträfe etwa 13 Millionen Menschen.
Zudem hätte eine Ausweisung von Menschen in dieser Größenordnung gravierende Folgen für die amerikanische Wirtschaft. Viele derjenigen, die Trump ausweisen will, arbeiten etwa auf Baustellen, im Service-Bereich oder in der Landwirtschaft.
2. Zölle
Trumps Wirtschaftsplan sieht vor allem eines vor: eine Erhöhung der Zölle. Bereits im Wahlkampf kündigte er drastische Erhöhungen für Importe an. Sein Ziel ist klar: die Gestaltung der Handelsbeziehungen zum Vorteil der Vereinigten Staaten. Ob das jedoch so funktioniert, wie er sich das vorstellt, ist unsicher.
Besonders Mexiko und Kanada hat Trump ins Visier genommen. Auf Produkte aus beiden Ländern will er einen 25-prozentigen Zoll erheben, sagte Trump am Montagabend im Weißen Haus.
Diese beiden Länder erlaubten, dass „eine große Anzahl von Menschen und Fentanyl“ ins Land kämen. Der Missbrauch des Schmerzmittels Fentanyl ist in den USA zu einem riesigen Problem geworden. Die Zölle, so Trump weiter, sollen am 1. Februar in Kraft treten.
Ob er allerdings alles alleine entscheiden kann, ist nicht ausgemacht. „Als Präsident hat er zwar gewisse Befugnisse in der Handelspolitik, weitreichende Zollerhöhungen bedürfen jedoch in der Regel der Zustimmung des Kongresses“, sagt Christian Lammert.
Und: Ob selbst ein republikanisch dominierter Kongress bei allem mitgehen würde, ist ungewiss. „Schätzungen zufolge könnten Trumps Zollpläne allein in Deutschland bis zu 300.000 Arbeitsplätze gefährden“, sagt Lammert.
Amerikanische Bauern wiederum könnten durch Gegenzölle getroffen werden, wenn die Einfuhrkosten für amerikanische Agrar-Produkte in anderen Ländern erhöht werden.
Massive Nachteile für die heimische Wirtschaft
Trumps geplantes Vorgehen könnte daher massive Nachteile für die heimische Wirtschaft bringen. Sogar ein Handelskrieg ist denkbar.
„Sie könnten zwar kurzfristig einige amerikanische Industrien schützen, langfristig aber zu höheren Verbraucherpreisen, Vergeltungsmaßnahmen anderer Länder und einer Schwächung der globalen Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Unternehmen führen“, sagt Lammert.
3. Klimaschutz
Am Montag wiederholte Trump eine Anordnung aus seiner ersten Amtszeit: Per Dekret verfügte er, dass die USA aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015 aussteigen. Ex-Präsident Joe Biden hatte den Ausstieg in seiner Amtszeit rückgängig gemacht.
Trump geht es nach eigener Aussage darum, Amerikas „Energie-Dominanz“ zu sichern. Umsetzen will er das mit dem vermehrten Bohren nach Öl und einer Attacke auf das Klimagesetz, das Joe Biden auf den Weg gebracht hatte, den sogenannten Inflation Reduction Act (IRA).
Trumps Vorhaben könnte allerdings ins Leere laufen. Viele Gelder des 369 Milliarden Dollar schweren Klimaschutzgesetz sind bereits verteilt. Zwar könnte der Kongress einen Teil des Gesetzes zurücknehmen, allerdings profitieren auch viele republikanische Wahlkreise vom Geld, das durch den IRA ausgeschüttet wird.
Viele Klimaschutzmaßnahmen sind gesetzlich verankert und können nicht einfach per Anordnung aufgehoben werden.
Christian Lammert, Professor für Politikwissenschaft am John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Amerikastudien
„Als Präsident hat Trump durchaus die Möglichkeit, per Dekret bestimmte Umweltvorschriften aufzuheben oder abzuschwächen“, sagt Christian Lammert. „Allerdings sind viele Klimaschutzmaßnahmen gesetzlich verankert und können nicht einfach per Anordnung aufgehoben werden.“
Eine Entwicklung, die nicht mehr rückgängig zu machen ist
Das Gesetz hat zudem eine Entwicklung in Gang gesetzt, die eigentlich nicht mehr rückgängig zu machen ist. Die amerikanische Wirtschaft hat sich zu einem großen Teil auf erneuerbare Energien eingestellt.
„Experten warnen, dass eine Rückkehr zu einer fossilen Energiepolitik die USA im globalen Wettbewerb um zukunftsfähige Technologien zurückwerfen könnte“, sagt Lammert. Juristische Probleme könnte Trump aber vor allem wegen seines Plans bekommen, die Förderung fossiler Energien zu unterstützen.
Biden hatte noch Anfang Januar, kurz vor der Amtsübernahme Trumps, ein Verbot für Öl- und Gasbohrungen für die amerikanische Ost- und Westküste, den östlichen Golf von Mexiko und die nördliche Beringsee in Alaska ausgesprochen.
Trump will das rückgängig machen. „Drill, baby, drill“, also „Bohr, Baby, bohr“ war ein zentraler Slogan Trumps im Wahlkampf, mit dem er signalisierte, dass er bei der Energiegewinnung vor allem auf fossile Brennstoffe setzt.
Allerdings: Juristen in den USA bezweifeln, dass Trump das Biden-Verbot einfach außer Kraft setzen kann. Hierfür würde wohl den Kongress brauchen, in dem die Republikaner zwar die Mehrheit haben.
Diese jedoch ist dünn, es braucht nur weniger Abweichler. Republikanische Mitglieder des Kongresses, die aus Bundesstaaten an der Küste kommen, könnten sich bei einer Abstimmung gegen massive Bohrungen entscheiden.
Zudem haben verschiedene Umwelt-Organisation bereits angekündigt, gegen eine Aufhebung des Bohr-Verbots gegen Trump vor Gericht zu ziehen. Bereits in seiner ersten Amtszeit gab es viele Klagen gegen Trumps umweltpolitische Entscheidungen. In vielen Fällen verlor er vor Gericht.
Von Tilman Schröter
Das Original zu diesem Beitrag "Migration, Zölle, Klimaschutz: Diese Trump-Vorhaben könnten an Gerichten und am Kongress scheitern" stammt von Tagesspiegel.