„Entlassungs-Inszenierung“: Lindner rechnet nach Ampel-Aus knallhart mit Scholz ab
Erst gekündigt, dann der Groll: Nach seiner Entlassung tritt Lindner wegen des Ampel-Aus gegen Kanzler Scholz nach. Steinmeier mahnt bereits zur Besonnenheit.
Berlin – Das Ampel-Aus entwickelt sich zunehmend zur politischen Schlammschlacht: Wenige Stunden nach seiner Entlassung durch Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) nachgelegt und eine fundamentale Abrechnung gestartet. Er warf dem Regierungschef politische Verantwortungslosigkeit und eine bewusste „Entlassungsinszenierung“ vor. Eigentlich habe Scholz seinen Vorschlag zu Neuwahlen aufgegriffen und versuche nun, das für wahltaktische Zwecke zu nutzen, beschwerte sich der liberale Parteichef in einem Statement. „Staatspolitisch ist das bedauerlicherweise wenig verantwortungsbewusst. Das Bundeskanzleramt darf keine Wahlkampfzentrale werden“, fügte Lindner hinzu.
Lindner entlassen: Finanzminister tritt mit Statement gegen Scholz nach Ampel-Aus nach
Wenige Stunden vor dem Lindner-Statement war die Ampel-Koalition der Liberalen mit SPD und Grünen zerbrochen. Bei der Opposition löste der Ampel-Bruch umgehend Jubel aus. Vergeblich hatte die Regierung versucht, sich auf eine gemeinsame Linie beim Aufstellen des Bundeshaushaltes zu einigen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warf Lindner Blockadehaltung vor und entließ ihn schließlich. Danach reichten auch Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (beide FDP) ihre Rücktritte ein. Dagegen tritt Bundesverkehrsminister Volker Wissing aus der FDP aus und bleibt bis zur geplanten Neuwahl im Amt. Vorübergehend soll nun der Scholz-Vertraute Jörg Kukies das Finanzressort übernehmen.

Ampel-Koalition am Ende: Steinmeier zum Ausrufen von Neuwahlen bereit
Am Nachmittag soll Lindner seine Entlassungspapiere bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhalten. Steinmeier mahnte bereits alle Beteiligten nach dem Ampel-Aus zur Besonnenheit. „Es ist nicht die Zeit für Taktik und Scharmützel“, sagte der Politiker laut der Nachrichtenagentur dpa. Alle müssten nun ihrer Verantwortung gerecht werden. Das Ende einer Koalition sei nicht das Ende der Welt, betonte Steinmeier. Wichtig sei nun, stabile Mehrheitsverhältnisse zu schaffen.
Doch wie geht es nach dem Ampel-Aus weiter? Das Grundgesetz gibt nach dem Ende der Ampel-Koalition klare Vorgaben für das weitere Verfahren. Dabei kommt Steinmeier eine zentrale Rolle zu. Denn am Ende wird er über die Auflösung des Bundestages und die Ansetzung von Neuwahlen zu entscheiden haben. Kanzler Olaf Scholz will nun im Januar im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Es wird davon ausgegangen, dass diese scheitert – und er dann bei Steinmeier eine vorgezogene Bundestagswahl beantragen wird.
Von Scholz gekündigt: Lindner fordert nach Ampel-Aus rasche Neuwahlen
Vor diesem Hintergrund forderte Lindner den Bundeskanzler auf, nach dem Ampel-Bruch schnell Klarheit zu schaffen. „Unser Land braucht eine Regierung, die nicht nur amtiert, sondern die agieren kann. Das Richtige für unser Land wäre die sofortige Vertrauensfrage und Neuwahlen. Niemand darf in der Demokratie Angst vor den Wählerinnen und Wählern haben“, sagte der bisherige Bundesfinanzminister in der Parteizentrale in Berlin.
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Lindner-Papier führte schleichend zum Bruch mit dem Kanzler
Lindner reagierte mit seinem Statement heute auch auf eine massive Kritik seitens des Kanzlers. Nachdem sich das Verhältnis der beiden Politiker in den vergangenen Monaten merklich abgekühlt hatte, war es in den vergangenen Tagen zum offenen Bruch gekommen. Im kommenden Haushalt klafft ein Milliardenloch. Doch trotz des Drängens der SPD und der Grünen wollte Lindner die Schuldenbremse nicht aufweichen. Stattdessen forderte er in einem Papier die komplette Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik. Deshalb zog Scholz die Reißleine. Er habe dem Land das Verhalten des Ministers nicht länger zumuten wollen, sagte der SPD-Politiker kurz nach dem Ampel-Aus in einem ersten Statement.
„Dann zündet man das Land an“: Scholz tritt gegen Lindner nach
Am Donnerstagmorgen legte Scholz dann noch einmal nach. Sowohl bei Investitionsprämien für Unternehmen oder der dringend benötigten Ukraine-Hilfe hätte Lindner auf der Bremse gestanden. „Wenn man jetzt zu der Überzeugung kommt, das müssen wir einfach mal so nebenbei ausschwitzen, dann zündet man das Land an“, sagte Scholz in die Richtung von Lindner. Die Reaktion folgte dann prompt – und es wird nicht die letzte sein. Denn in dem heraufziehenden Bundestagswahlkampf will Lindner trotz seiner Entlassung eine wichtige Rolle spielen. Die Diskussion dürfte damit also noch nicht am Ende sein – im Gegensatz zur Koalition. (jkf)