Nawalnys Todesmeldung: Auf Münchner Siko soll brisante Theorie kursieren

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Über den angeblichen Tod von Alexej Nawalny kann nur spekuliert werden. Hat Wladimir Putin nachhelfen lassen? Oder waren ganz andere Kräfte am Werk?

Berlin – Sollte die Meldung seines Todes der Wahrheit entsprechen, verbrachte Alexej Nawalny seine letzten drei Lebensjahre hinter Gittern. In verschiedenen Straflagern, offenbar unter menschenunwürdigen Gegebenheiten. Und es wären noch viele Jahre hinzugekommen, denn der bekannteste Kreml-Kritiker Russlands sah sich langen Haftstrafen – etwa wegen Extremismus-Vorwürfen – ausgesetzt.

Nawalny tot? Offenbar war Gefangenenaustausch geplant - mit US-Journalist und Tiergarten-Mörder

Womöglich aber hätte Nawalny deutlich früher die Freiheit gewinkt. Dies zumindest deutet Bild-Reporter Paul Ronzheimer in seinem Podcast an. „Es gab und gibt seit Wochen und Monaten Spekulationen darüber, dass Nawalny hätte ausgetauscht werden können. Also ein Gefangenenaustausch“, betonte der 38-Jährige in der neuesten Folge „Ronzheimer“ (Artikel hinter einer Bezahlschranke) mit seinem Kollegen Filipp Piatov.

Demnach hätte Russland neben Nawalny auch den inhaftierten US-Journalisten Evan Gershkovich vom Wall Street Journal freigelassen, wenn es dafür Wadim Krassikow – den sogenannten Tiergarten-Mörder – aus Deutschland zurückbekommen hätte. „Offenbar hatte es darüber – ich kann jetzt nicht in Details gehen – vereinzelt auch Gespräche gegeben“, legte Ronzheimer nach. Darüber sei „auch in der deutschen Polit-Szene“ diskutiert worden, „auch in der Regierung“.

Gedenkstätte: In St. Petersburg legten Menschen nach der Todesmeldung Fotos von Alexej Nawalny und Blumen nieder. © imago

Spekulationen um Nawalny und Putin: Kreml-Chef will Tiergarten-Mörder offenbar unbedingt zurückhaben

Zudem verweist der auch als Kriegsreporter agierende Boulevard-Journalist auf das erst ein paar Tage alte Interview des für seine Verschwörungstheorien bekannten US-Reporters Tucker Carlson mit Wladimir Putin. In dem Gespräch hatte der Kreml-Chef auf Nachfrage zu Gershkovich ebenfalls einen Gefangenenaustausch mit Krassikow angedeutet – so zumindest die Interpretation vieler Beobachter.

Putin hatte von einer „Person“ mit „patriotischen Gefühlen“ gesprochen, die „einen Banditen in einer europäischen Hauptstadt beseitigt“ habe. Krassikow wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er in Berlin den georgischen Offizier Selimchan Changoschwili mit zwei Schüssen getötet hatte. Laut Ronzheimer handelt es sich bei dem ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter um einen Mann, „den Putin unbedingt wiederhaben will“.

Gershkovich wird in Russland Spionage vorgeworfen, was der 32-Jährige und sein Arbeitgeber vehement zurückweisen. Seine Untersuchungshaft wurde laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax zuletzt bis zum 30. März verlängert, womit er dann ein Jahr hinter Gittern verbracht hätte.

Putin und der Gefangenenaustausch: „Wie soll man das jetzt machen?“

Bereits im vergangenen September waren Gerüchte über einen Gefangenenaustausch zwischen den prominenten Inhaftierten aufgekommen. Eine Freilassung des verurteilten Mörders Krassikow erschien jedoch Experten schon damals als kaum vorstellbar.

Ronzheimer nutzt diese Personalie nun aber, um infrage zu stellen, ob Putin beim Tod Nawalnys so kurz vor der Präsidentenwahl im März nachgeholfen haben könnte. Schließlich wird über die genauen Umstände seit Verbreitung der traurigen Nachricht bereits spekuliert.

Daher fragte der Bild-Reporter, welches Interesse der russische Präsident an Nawalnys Tod zum jetzigen Zeitpunkt haben soll, „wenn er doch unbedingt diesen Tiergarten-Killer freibekommen will“? Und daran anschließend: „Wie soll man jetzt mit Putin einen Austausch machen, nach dem, was da passiert ist?“

Wladimir Putin in einer Rüstungshalle
Wollte er Alexej Nawalny in einem Gefangenenaustausch freigeben? Wladimir Putin soll Pläne mit dem offenbar verstorbenen Kreml-Kritiker gehabt haben. © imago

Putin und der Tod von Nawalny: „Steht jetzt wieder als Mörder eines Oppositionspolitikers da“

Zwar sei bei Nawalny natürlich „nicht auszuschließen, dass er aus gesundheitlichen Gründen, aufgrund dessen, was er dort in den letzten Monaten erlebt hat, gestorben ist. Auch das dürfen wir nicht ausschließen.“ Immerhin soll sich der Gesundheitszustand des Putin-Gegners, der 2020 Opfer eines Giftanschlags geworden war, in der Zeit in Haft dramatisch verschlechtert haben.

Ronzheimer gibt auch zu bedenken: „Es gibt jetzt international wieder großes Aufsehen. Putin steht wieder als Mörder da, eines Oppositionspolitikers, eines Helden – zumindest im Ausland. Was würde ihm das bringen?“

Spekulation zu Nawalnys Tod: Stecken radikalere Kräfte als Putin dahinter?

Ins Spiel bringt er einen Gedankengang, den er rund um die Münchner Sicherheitskonferenz aufgeschnappt haben will. Es geht um eine „Theorie, die da auch in der Konferenz – jetzt nicht öffentlich, aber sozusagen hinter verschlossenen Türen – herumgeisterte. Dass es auch Leute sein könnten, die noch radikaler sind als Wladimir Putin, im Kreml oder auch sonst wo in Russland“.

Dass die Wahrheit jemals ans Licht kommen wird, erscheint kaum vorstellbar. Daran dürfte auch Putin keinerlei Interesse haben – unabhängig von seiner Rolle. Obendrein wäre Nawalny auch bei weitem nicht der erste Oppositionelle, der unter fragwürdigen Umständen ums Leben kommt. Und – so ist bei allen Erfahrungen aus der jüngeren Vergangenheit zu befürchten – auch nicht der letzte. (mg)

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