Irmgard Huber erklärt, warum das Christkind die Geschenke bringt
Was haben rote Äpfel mit Christbaumkugeln gemeinsam? Warum bringt das Christkind die Geschenke? Irmgard Huber erklärt den Ursprung von beliebten Adventsbräuchen.
Gelting – Irmgard Huber hat sich ausgiebig mit diesem Thema beschäftigt. Die Geltingerin ist studierte Religionspädagogin und Leiterin der Frauenseelsorge im Erzbischöflichen Ordinariat München. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt die 61-Jährige einige Weihnachtsbräuche und ihren bisweilen überraschenden Ursprung.
Nikolaus und Santa Clause
Wie wird aus dem Nikolaus von Myra, das in der heutigen Türkei liegt, ein Weihnachtsmann in rot-schwarzem Hosenanzug mit breitem Gürtel? „Der amerikanische Santa Clause entwickelte sich aus der niederländischen Variante des Nikolaus, dem Sinterklaas, den die Einwanderer damals mit in die Neue Welt brachten“, erklärt Huber. Der ursprünglich als Bischof dargestellte Nikolaus verschmolz immer mehr mit seinem Begleiter und Gehilfen Knecht Ruprecht oder Krampus, einer Gestalt mit Wurzeln in der nordischen Mythologie, und übernahm dessen Stiefel, den Sack und auch die Rute. Er behielt aber den Mantel und den zunehmend zur Zipfelmütze abgewandelten Bischofshut. „So, wie wir den Weihnachtsmann heute kennen, wurde er 1931 von einem amerikanischen Werbezeichner entworfen“, sagt Huber. Haddon Sundblom, so sein Name, wuchs in einer aus Schweden und Finnland stammenden Familie auf. „Er hatte diese Wintergestalten im Hinterkopf, die in der nordischen Sagenwelt vorherrschen. Er hat einen Weihnachtsmann gezeichnet, der seiner Vorstellung aus Kindertagen entsprochen hat. So entstanden auch die Rentiere. Die kannte er aus seiner Heimat. Sie waren schon immer die Gefährten des winterlichen Gabenbringers.“ Sundblom hat sogar seine eigenen Gesichtszüge und seinen Gürtel in der Zeichnung verewigt. „Und die Coca-Cola-Werbung machte den Weihnachtsmann später weltweit populär.“
Christkind als Gabenbringer
„Die Bezeichnung Christkind entsteht eigentlich durch Martin Luther, der sich mit den damaligen Gabenbringern, dem Heiligen Martin und dem Heiligen Nikolaus, sehr schwergetan hat“, berichtet Huber. Luther hat die Heiligenverehrung abgelehnt. „Er hat seine eigenen Kinder vom Herrn Jesus Christus, kurz „Herre Christ“, beschenken lassen. „Daraus wurde ganz schnell das Christkind.“ Obwohl man diesem Christkind keine Gestalt gab, hat sich in der Fantasie der Menschen ganz schnell etwas entwickelt. Das zeigte sich zum Beispiel an Weihnachtspostkarten oder Kinderbuchillustrationen. „Da sieht man, dass aus diesem Knaben, der in der Krippe liegt, ein Kind wird, das lange blonde Locken hat und ein Kleidchen trägt. Und weil dieses Christkind vom Himmel kommt, bekommt es auch noch Flügel und wird zu einer Art Engel.“ Eigentlich, so Huber, müsste das Jesuskind dunkle Haare haben und „wie ein kleiner orientalischer Bub aussehen“.
Farben Grün und Rot
Grün ist die Farbe der Hoffnung. „Und im Winter hofft man, dass wieder etwas austreibt“, sagt Huber mit Blick auf die „Wintermaien“ aus vorchristlicher Zeit. Das sind immergrüne Zweigen, die eben auch in der dunkelsten und kältesten Zeit des Jahres durch ihr sattes Grün Hoffnung machen, dass das Leben sich durchsetzen wird, Eis und Kälte nur scheinbar allem Leben ein Ende setzen. Interessant: Auch der Christbaum entwickelte sich aus den Wintermaien. Rot ist eine Signalfarbe und eine kirchliche Festtagsfarbe. „Rot war schon immer die Farbe der Fruchtbarkeit“, berichtet Huber. „Aus den Frauen kommt das Leben.“

Kugeln als Christbaumschmuck
In früheren Zeiten dienten Äpfel, Nüsse und Zuckerkringel als Christbaumschmuck – aber nicht für alle Menschen war das erschwinglich. Auch für die Bewohner eines Orts in Thüringen. „Die Glasbläser in Lauscha waren relativ arme Leute“, erzählt Huber. Aber in den Steinbrüchen gab es ausreichend Sandstein. „Dieser wurde gemahlen, und daraus der Grundstoff für die Glasbläserei hergestellt.“ Angeblich sei es für die Bürger von Lauscha günstiger gewesen, Äpfel aus Glas herzustellen, die sie dann an ihre Weihnachtsbäume hängten. Huber: „Noch heute ist Lauscha das Zentrum der Christbaumkugelherstellung.“ Später wurden die Kugeln bunt, verspiegelt und graviert. „So hat die Christbaumkugel ihren Siegeszug angetreten.“
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Christmette und Wintersonnenwende
Die Christmette wurde früher tatsächlich um Mitternacht, „wenn es stockfinster war“, gefeiert. „Da hat man sich aufgemacht, um den Gottesdienst und Jesus als Lichtbringer zu feiern.“ Dieser Brauch, den man laut Huber aus dem Heidnischen in unterschiedlichen Konstellationen kannte, war in die Mittwinterzeit gelegt worden, um nach der Wintersonnenwende mit einem Fest zu feiern, dass „das Licht wieder anfängt zu wachsen“, sagt Huber. Mancherorts wird – wie beispielsweise in Gelting – dieses Ereignis gefeiert. Die Geburt von Jesus Christus wird symbolisch am 24. Dezember gefeiert – wie in vorchristlicher Zeit die Geburt von Sonnengottheiten. Die Wintersonnenwende findet in der Regel zwei bis drei Tage früher statt. Diese Differenz erklärt Huber mit den Rechenfehlern vor den Kalenderreformen. In der Christmette werden Kerzen entzündet. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass das Dunkle ein Ende hat.
Weihnachtswichtel und die Heiligen Drei Könige
Aus den Dekoabteilungen von Baumärkten und Möbelhäusern sind sie in der Adventszeit nicht mehr wegzudenken: die Weihnachtswichtel mit ihren langen Bärten und ihren roten Zipfelmützen. „Um die kommt man nirgends mehr herum“, sagt Irmgard Huber mit einem Schmunzeln. Die nach vorne gebogenen Kopfbedeckungen, die sie tragen, „sind eigentlich phrygische Mützen“, klärt die 61-Jährige auf. Die ersten christlichen Träger solcher Mützen sind der Legende nach die Sterndeuter aus dem Morgenland gewesen, die dem Jesuskind in der Krippe huldigten. Sie kamen laut Bibel aus dem Osten. „Der Osten war damals die Gegend des heutigen Iran und Anatolien, wo die Phryger lebten.“ Das Mützen-Motiv wurde später in den Norden transportiert – und so kamen die Wichtel zu ihren Kopfbedeckungen. Dann wurde auch der Nikolaus mit dieser Mütze dargestellt – er stammte nämlich ebenfalls aus der Türkei. „Auch die Gartenzwerge bekamen diese Mütze“, sagt Huber. „Und zum Schluss sogar die Mainzelmännchen.“
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