Polizeiberichte in der Zeitung: Bringen Zeugenaufrufe wirklich etwas?
Polizeiberichte und Zeugenaufrufe gibt es zu Hauf in unserer Zeitung. Fast jeden Tag werden Leser um ihre Mithilfe gebeten. Aber sie führen nicht immer zum gewünschten Erfolg.
Bad Tölz-Wolfratshausen – „Wer etwas beobachtet hat, soll sich bitte bei der Polizei melden.“ Immer wieder ist dieser Satz so oder so ähnlich in unserer Zeitung zu lesen. Egal ob Unfallflucht, Graffiti-Schmiererei oder Körperverletzung – kaum ein Tag vergeht, ohne dass die Beamten unsere Leserinnen und Leser um deren Mithilfe bitten. Doch was bringen diese Aufrufe an die Bevölkerung überhaupt? Melden sich wirklich Leser bei der Polizei? Können die Beamten damit Straftäter schnappen?
Berichte appellieren an die Aufmerksamkeit der Bevölkerung
„Ja“, sagt Christopher Seebauer, Polizeihauptkommissar in der Geretsrieder Inspektion. „Die Presseberichte sind ein adäquates Mittel, um an die Aufmerksamkeit der Bevölkerung zu appellieren.“ Viele würden die Meldungen und Artikel gezielt lesen, weiß Seebauer. „Und es gibt regelmäßig gewinnbringende Mitteilungen, die zu konkreten Ermittlungserfolgen führen.“
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Hinweise werden in Streifentätigkeit eingebunden
Obwohl sie mit dem Auto oder zu Fuß unterwegs sind, würden sich Zeitungsleser häufig an die Berichte erinnern und der Polizei Hinweise geben. „Das binden wir dann in unsere Streifentätigkeit mit ein“, erklärt Seebauer. Jedoch längst nicht auf jeden Polizeibericht, der in unserer Zeitung veröffentlicht wird, erhalten die Geretsrieder Ordnungshüter Rückmeldung.
Das ist auch bei der Polizei in Bad Tölz der Fall, wie der Stellvertretende Inspektionsleiter Andreas Rohrhofer einräumt. „Ein Aufruf an die Öffentlichkeit ist für uns oft die letzte Chance“, sagt er. Dabei komme es aber selten zu Meldungen. Allgemein beobachtet er: „Relativ oft kommt nichts dabei heraus.“ Woran das liegt? „Wenn jemand etwas gesehen hätte, meldet er sich von selbst bei uns.“ Hat die Polizei bereits Ermittlungsansätze, „starten wir gar keinen Aufruf“, berichtet der Tölzer Inspektions-Vize. Aber „wenn wir gar nichts haben, gibt es einen Presseaufruf“. Dass mit einem Bericht in der Zeitung so viel Druck auf den Täter ausgeübt wird, dass er sich selbst stellt, „sei auch schon vorgekommen. Aber eher selten“, gesteht Rohrhofer.
Präventiver Gedanke spielt auch eine Rolle
Ebenso spielt der präventive Gedanke bei den Presseberichten eine Rolle. Bürger erfahren aus der Zeitung, wenn etwas passiert ist – und sind im Alltag aufmerksamer. Auch die Berichte über Trunkenheitsfahrten erfüllen laut dem Geretsrieder Hauptkommissar Seebauer einen präventiven Zweck. Wenn man wisse, die Polizei kontrolliert, fahre man vielleicht doch nicht mit dem Auto, falls man etwas getrunken habe.
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Und auch wenn die Rückmeldungen nach Aufrufen in der örtlichen Presse oft verhalten sind, „machen wir es trotzdem“, betont Rohrhofer gegenüber unserer Zeitung. Denn gibt es einen Ermittlungserfolg, „sind uns die Betroffenen ewig dankbar. Die freuen sich wie ein Schnitzel“. Der Tölzer Vize unterstreicht: „Für das Opfer allein ist es das wert, dass wir das machen.“
Bei schwerwiegenden Vorfällen melden sich Zeugen von selbst
In der Wolfratshauser Inspektion ist der Tenor ähnlich: „Es rufen schon Bürger an, die Hinweise geben können. Aber auf die Mehrzahl unserer Berichte meldet sich niemand“, relativiert Thomas Wackerle, Vize der Wolfratshauser Polizei. „Bei etwas Schwerwiegendem kommen die Zeugen von selbst“, bestätigt auch er. Aus seiner persönlichen Erfahrung kann er sagen, dass es „hin und wieder“ Hinweise gibt, „die einen weiterbringen. Je belebter die Örtlichkeit – desto mehr.“ Die meisten Rückmeldungen gebe es bei Sachbeschädigungen oder Unfallfluchten. Deshalb bezeichnet auch Wackerle die Polizeiberichte in der Presse als wichtige Unterstützung. „Wir sind auf die Bevölkerung angewiesen, weil wir nicht überall sein können.“ oy
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