„Jeder Einzelne wird mir fehlen“: Vollblut-Feuerwehrmann (65) geht in Blaulicht-Rente

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Große Feier: Brigitte und Erich Roth werden von den Mitgliedern der Feuerwehr Wolfratshausen auf einem roten Teppich begrüßt. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Über 40 Jahre engagierte sich Erich Roth bei der Wolfratshauser Feuerwehr. Nun wurde er aus dem aktiven Dienst verabschiedet. Einfach so ziehen lassen, wollten ihn seine Kameraden aber nicht.

Wolfratshausen - Erich Roth gehört zur Wolfratshauser Feuerwehr wie Blaulicht und Martinshorn. Aus dem aktiven Dienst musste er sich nun trotzdem verabschieden. Roth ist 65 Jahre alt geworden – die Altersgrenze für aktive Wehrler. Einfach so ziehen lassen wollten ihn seine Kameraden aber nicht. Sie überraschten ihn mit einer großen Abschiedsfeier, zu der sie ihn und seine Frau Brigitte mit einem Löschzug abholten.

Wolfratshausen: Erich Roth geht in Blaulicht-Rente - „Durch und durch Vollblut-Feuerwehrmann“

„Er war durch und durch ein Vollblut-Feuerwehrmann“, lobte ihn Kreisbrandrat Erich Zengerle, der ebenso wie Kreisbrandinspektor Robert Schmid zur Verabschiedung gekommen war. Auch Kommandant Andreas Bauer lässt Roth ungern ziehen. „Er wird uns an vielen Stellen fehlen.“

Dass Roth vor 41 Jahren in Wolfratshausen landete, war der Feuerwehr – indirekt auch seiner Ehefrau Brigitte sowie einer Motorradtour nach Wolfratshausen zu verdanken. „Brigitte und ich wollten damals zusammenziehen. Die Frage war nur: wo.“ Roth arbeitete in Allach, seine große Liebe in Murnau. „Es musste also etwas in der Mitte sein.“ Als der junge Mann vom Wolfratshauser Berg aus das erste Mal auf die Stadt an der Loisach herabsah, fiel dem damals schon begeisterten Feuerwehrmann eins sofort ins Auge: „eine ausgefahrene Drehleiter“.

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Wie es der Zufall wollte, hatten die Kameraden aus Wolfratshausen damals gerade ihren Tag der offenen Tür. Roth lenkte seine Maschine zum Hatzplatz, unterhielt sich mit dem damaligen Kommandanten Hans Sewald. „Da war mir klar, wo ich hinziehen will: hierher und nirgendwo anders hin.“ 1983 packte Roth seine Koffer in der neuen Heimat aus, einen Tag später unterschrieb er den Aufnahmeantrag.

Feuerwehr Wolfratshausen: Roth übernahm schon früh Verantwortung

Neben der Arbeit im eigenen Dentallabor konnte er im Notfall schnell ausrücken. Schnell übernahm Roth immer mehr Verantwortung – und gewann das Vertrauen der Mannschaft. Im Jahr 2000 wurde er zum Vize-Kommandanten gewählt. Dieses Amt sollte er zwölf Jahre lang innehaben.

Als Erich Roth sich 2012 bei den Neuwahlen der Wehr freiwillig nicht mehr zur Verfügung stellte, dankten ihm die Kameraden mit minutenlangen stehenden Ovationen für seinen Einsatz. „Ich bleibe der Feuerwehr doch erhalten, ich bleibe doch dabei“, winkte er damals bescheiden ab. Er hielt Wort, rückte nach wie vor mit aus und unterstützte, wo er konnte.

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Immer zur Stelle: Erich Roth (re.) hilft einem Kameraden beim Anlegen des Atemschutzes. Das Foto entstand bei dem großen Brand am Untermarkt 2020. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Roth hatte aber noch ein anderes Interessengebiet, das – wie könnte es anders sein – ebenfalls mit der Feuerwehr zusammenhing. 1992 schloss er sich den Flughelfern an. Die waren 1987 auf Betreiben des damaligen Kreisbrandinspektors Herbert Schölderle gegründet worden, um schneller auf Großbrände in unwegsamem Gelände reagieren zu können. Auch dort übernahm Roth eine Führungsrolle, wurde für seine lange Zugehörigkeit und Einsatzbereitschaft geehrt.

Nun ist aber Schluss, Roth hat das 65. Lebensjahr vollendet – und ist damit zu alt für den Dienst. Dass es diese Altersgrenze gibt, dafür hat der Wolfratshauser großes Verständnis. 2016 war sie vom bayerischen Ministerrat für aktive Feuerwehrler von 63 auf 65 Jahre angehoben worden. Eine Entscheidung, die Roth nicht ganz nachvollziehen kann – und erst recht nicht die aktuellen Diskussionen, diese auf 67 Jahre zu erhöhen.

Was mir abgehen wird, ist diese absolut tolle Kameradschaft. Mir wird jeder einzelne fehlen.

„Man muss gerade im Einsatz körperlich und geistig topfit sein“, sagt er. „Aber wer ist das in diesem Alter wirklich zu 100 Prozent?“ Er sieht einen anderen Grund für die Diskussionen. „Aber wenn auf diese Art und Weise das Nachwuchsproblem gelöst werden soll, ist grundlegend etwas falsch gelaufen.“

Langeweile wird der 65-Jährige nicht haben

Langweilig wird es dem 65-Jährigen künftig nicht werden. „Ich bin voll berufstätiger Rentner“, frotzelt er. Er habe sein Dentallabor verkleinert, mache aber noch weiter. „Wir planen Ausflüge in die Berge, ich gehe nach wie vor noch zum Segelfliegen.“ Erich Roth will aktiv bleiben. Auf die Frage, ob er alles wieder so machen würde, kommt die Antwort klar und ohne zu zögern: „Ja.“ Aber dann muss Roth doch ein wenig schlucken: „Was mir aber abgehen wird, ist diese absolut tolle Kameradschaft. Mir wird jeder einzelne fehlen.“ sh

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