Der Übergriff geschah offenbar unvermittelt. Junge Männer umringten einige Mädchen, drückten sie mit dem Kopf unter Wasser, sollen sie an den Oberschenkeln und an der Brust betatscht haben.
Der Verdacht: sexuelle Belästigung von acht weiblichen Badegästen im Alter zwischen elf und 17 Jahren durch vier syrische Tatverdächtige im hessischen Freibad Gelnhausen am vorvergangenen Sonntag.
Die Tat befeuert die Diskussion über die Sicherheit von Frauen im Schwimmbecken hierzulande. Auch im bevölkerungsreichsten Bundesland.
Auf FOCUS-online-Anfrage hat das Landeskriminalamt NRW eine Auswertung sexueller Übergriffe in Schwimmbädern übermittelt. Knapp 300 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Schwimmbädern listet das Landeskriminalamt (LKA) NRW für das Jahr 2024 auf.
Zahlen zeigen: Straftaten sind stark angestiegen
Dies geht aus einer Analyse im Vierjahresvergleich hervor. Wie ein Sprecher FOCUS online mitteilte, besaß gut die Hälfte der 247 registrierten Tatverdächtigen keinen deutschen Pass. Diese Quote gilt auch für die beiden Jahre davor. Verglichen mit 2023 (268 Fälle) und 2022 (231 Fälle) sind die Straftaten im vergangenen Jahr nochmals stark angestiegen.
Im Schnitt ereignete sich in jenem Zeitraum laut LKA nur jede fünfte oder sechste Sexualstraftat in Freibädern, der weitaus größere Teil fällt unter die Rubrik Hallenbad/Schwimmbad. Allein 2022 verzeichnete das LKA sieben Vergewaltigungen im oder um das Wasserbecken.
Vor dem Hintergrund mahnt Innenminister Herbert Reul (CDU): „Ein Übergriff im Schwimmbad muss unverzüglich Konsequenzen haben. Das bedeutet: Nicht zögern und sofort die Polizei rufen! Die Täter versuchen danach immer schnell, Land zu gewinnen - das muss verhindert werden. Solche Leute müssen rausfliegen, angezeigt werden und danach hart bestraft werden. Es geht hier um Straftaten, die keine Toleranz zulassen.“
"Es geht meist um Personen, die soziale Normen nicht befolgen"
Der Kriminologe Dirk Baier findet die Ergebnisse wenig überraschend. Allerdings liege die Anzeigebereitschaft bei Frauen in diesem Bereich bei gerade mal zwei bis drei Prozent.
Der Forscher hat den Eindruck, dass es angesichts der öffentlichen Diskussionen über sexuelle Belästigung jüngst zu mehr Anzeigen kommt. „Zumal die Polizei inzwischen eher bereit ist, diese Vorwürfe ernst zu nehmen.“
Dass Tatverdächtige häufig aus dem arabischen Raum stammen, erklärt Baier mit dem Umstand, dass die meist jungen Männer meist in Cliquen unterwegs seien, unter ihnen oft Machogehabe hersche und es zudem auch eine höhere Gewaltbereitschaft gebe. "Dabei geht es meist um Personen, die normale soziale Normen nicht befolgen“.
Kölner Polizei veröffentlichte 2023 brisante Meldung
Baier weist auch darauf hin, dass unter Jugendlichen und jungen Männern, die sich häufiger in Freibädern aufhalten, der Anteil von nicht-deutschen Personen weitaus höher liegt als bei älteren Gruppen.
Ende September 2023 veröffentlichte die Kölner Polizei eine Mitteilung, die sich rasend schnell verbreitete. Eine 13-jährige Schülerin sei im Kölner Agrippabad sexuell belästigt und genötigt worden. Der Teenager konnte sich schließlich befreien und den Bademeister informieren.
Der alarmierte die Polizei. Das Mädchen berichtete den Beamten, dass die Männer sie im Becken umringt, bedrängt und hochgeworfen hätten. Schließlich habe einer der Männer sie an Unterleib und Po gefasst.
Anfangs standen acht junge Männer auf der Beschuldigtenliste
Die Empörung über den Zwischenfall war enorm. Anfangs standen acht junge Männer auf der Beschuldigtenliste. Die Verdächtigen stammten aus Syrien, dem Irak und der Türkei. Gegen den Großteil wurden die Verfahren mangels Beweisen eingestellt. Einzig ein 17-jähriger Iraker musste sich vor dem Kölner Amtsgericht verantworten.
Letztlich legte das Gericht das Verfahren auch gegen den Angeklagten zu den Akten. Im Gegenzug musste der Jugendliche eine mehrmonatige pädagogische Maßnahme absolvieren.
Anfang Februar 2025 belästigte ein 36-jähriger Mann im Freizeitbad Atlantis in Dorsten etliche Frauen. Er soll laut Polizei eine 43-jährige Frau aus Gladbeck sowie eine zwölfjährige Schülerin aus Meinerzhagen und eine 14-jährige Jugendliche aus Lüdenscheid teils unsittlich im Brust- oder Gesäßbereich berührt haben. Die Einsatzkräfte konnten den Grabscher stellen und vorläufig festnehmen.
Belästigung in der Sauna: "Männergruppe hat uns verfolgt"
Schlimmer noch scheint es in Saunalandschaften zu sein. Maria will ihren richtigen Namen nicht in Medien lesen. Im Frühjahr löste die 27-jährige Kölnerin einen Gutschein in einer Wellnessoase in Düsseldorf ein, wie sie FOCUS online sagte.
„Nach kurzer Zeit hat uns eine Männergruppe in die verschiedenen Saunen verfolgt. Die strichen sich über ihre Bärte, flüsterten untereinander und starrten uns unablässig an“, erinnert sich Maria an das unliebsame Erlebnis.
Als die beiden Freundinnen das Spa-Lokal aufsuchten, nahm die Männergruppe ebenfalls an einem Tisch Platz. „Die forderten uns immer wieder auf, dass wir rüberkommen sollten, um mit ihnen eine Flasche Sekt zu köpfen.“ Maria machte den Fremden klar, dass sie nicht wollte, aber die Männer hörten nicht auf, sie anzumachen. „Mensch, stell Dich nicht so an, komm rüber!“
Maria fühlte sich belästigt, unter Druck gesetzt, als Sexobjekt herabgewürdigt. Die Rufe der Männer wurden so laut, dass der Kellner sich einschaltete und die Gruppe rauswarf. „Das ist aber kein Einzelfall, letztes Jahr waren wir im Neptunbad, und da kam ein älterer Herr auf mich zu und fragte, ob wir nicht zusammen einen Aufguss machten wollten? Das war abartig.“
Aufklärungsquote beträgt gut 80 Prozent
Das LKA in Hessen hat im vergangenen Jahr 74 Fälle sexueller Belästigung in den Bädern landesweit registriert, im Jahr zuvor waren es sogar 78. In 60 Prozent der Fälle waren die Tatverdächtigen Nicht-Deutsche.
55 der 57 von der Polizei ermittelten Personen waren Männer. Dennoch betonen die Ermittler, dass Schwimmbäder aus ihrer Sicht kein Kriminalitätsschwerpunkt seien.
Die Statistik des Bundeskriminalamts (BKA) registriert erst seit dem vergangenen Jahr Sexualdelikte im Schwimmbad. Insgesamt 423 Fälle sind erfasst. Die Aufklärungsquote beträgt gut 80 Prozent.
Von den ermittelten Tatverdächtigen sind 365 männlich und nur zwei weiblich. Rund zwei Drittel der Beschuldigten haben keinen deutschen Pass. Meist handelt es sich um Afghanen, Syrer und Türken. Jeder siebte Delinquent ist unter 18 Jahre alt.
"Die Badbetreiber mussten sparen"
Der Bundesverband Deutscher Schwimmmeister (BDS) führt die Sicherheitslücken am Beckenrand auf Personalmangel zurück. Die Zahl der Fachkräfte sinke. „Dadurch besteht die Gefahr, dass wir nicht mehr alles im Auge haben und entsprechend einschreiten können“, sagt BDS-Präsident Peter Harzheim.
„Leider wird immer wieder auf weniger gut ausgebildete Mitarbeiter zurückgegriffen, die nicht so vorausschauend agieren.“
Gründe für den Personalmangel seien Sparmaßnahmen nach der Corona- und Energiekrise. Zudem gehe die Generation der Babyboomer in Rente. „Die Badbetreiber mussten sparen. Und gespart wird meistens beim Personal, der Sauberkeit und der Sicherheit.“