„Bereiten uns auf das Schlimmste vor“: Militär-Aktion bei Putins Heimatstadt besorgt Russen
Bilder machen die Runde, wie die russischen Streitkräfte angeblich Flugabwehr-Systeme um die Millionen-Metropole Sankt Petersburg in Position bringen. Wladimir Putin ist hier geboren.
St. Petersburg – Bislang wirkte der Ukraine-Krieg in Sankt Petersburg wohl weit weg. Die einstige Zarenstadt ist mit ihren rund fünf Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern in Russland die zweite Metropole neben Moskau (geschätzt zwölf Millionen Einwohner).
Nach ukrainischem Drohnenangriff: Russen platzieren S-300 um Sankt Petersburg
Wie aus einer regelmäßig aktualisierten Karte des unabhängigen russischen Recherche-Portals Mediazona hervorgeht, ist die Anzahl getöteter Soldaten aus der umliegenden Oblast Leningrad wohl geringer als zum Beispiel in den Regionen Samara und Wolgograd oder in der südlichen Teilrepublik Baschkortostan. Mutmaßlich sollen die Bürgerinnen und Bürger des vergleichsweise mondänen sowie wohlhabenden St. Petersburgs nicht zu sehr mit den verheerenden Verlusten in der Ukraine konfrontiert werden.
Das hat sich in der Nacht vom 18. auf den 19. Januar aber wohl geändert, als mindestens eine ukrainische Kamikaze-Drohne nach Angaben aus Kiew die Region angegriffen hat. Bei Telegram hat der unabhängige russische Kanal Astra jetzt ein Video veröffentlicht, das zeigen soll, wie russische Streitkräfte rund um Sankt Petersburg S-300-Flugabwehrsysteme in Stellung bringen. Ort und Zeitpunkt der Aufnahmen lassen sich nicht verifizieren, es ist zumindest tiefster Winter.
Unter anderem der ukrainische Militärblogger Igor Sushko teilte das Video bei X (vormals Twitter), das offenbar von einem Autofahrer stammt und zwei S-300-Luftabwehrsysteme zeigt. Wie Sushko schreibt, soll eine ukrainische Drohne zuvor in ein Treibstoff-Lager des Hafens von Ust-Luga eingeschlagen sein. Die Information lässt sich nicht unabhängig überprüfen. Ust-Luga liegt rund 100 Kilometer westlich des Stadtzentrums von St. Petersburg an der Ostsee. Die kleine Hafenstadt ist zudem nur knapp 27 Kilometer von der Grenze zu Estland entfernt, also zu Nato-Gebiet.
Drohnen-Attacke auf russische Oblast Leningrad: Ukraine bestätigt Angriff
Bei einer öffentlichen Diskussion beim Weltwirtschaftsforum im Schweizer Davos hatte der ukrainische Industrieminister einen entsprechenden Angriff nahe St. Petersburg bestätigt. „Ja, diese Nacht haben wir ein Ziel getroffen, und diese Waffe flog genau 1.250 Kilometer“, erklärte Oleksandr Kamyschin. Markant: Kreml-Autokrat Wladimir Putin wurde am 7. Oktober 1952 in Leningrad geboren, dem heutigen St. Petersburg. Zwischen 1992 und 1996 war der ehemalige KGB-Offizier Putin Vizebürgermeister der Großstadt. Um deren Sicherheit er jetzt bangt?
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Das amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek übersetzte den Autofahrer aus dem Video. „Sieht so aus, als würden sie überall in der Region um St. Petersburg S-300 platzieren. Also Leute, wir bereiten uns auf das Schlimmste vor“, soll der Mann demnach gesagt haben. Laut unabhängiger oppositioneller Moscow Times war der Flughafen der Millionen-Metropole während des Angriffs gesperrt. Russische Behörden hatten zumindest behauptet, sie hätten drei Drohnen in der Region abgefangen.

Wegen Ukraine-Drohnen: Russland stellt wohl Flugabwehr bei Sankt Petersburg auf
Mit der S-300 P? Das Flugabwehrraketensystem hat in der Regel vier Lenkwaffencontainer für vier große Flugabwehrraketen. Heißt: Maximal vier potenzielle Ziele können unter hohem Aufwand hintereinander oder parallel bekämpft werden. Der Haken: Das Luftabwehrsystem S-300 P (1979 erstmals in Dienst gestellt) war bei seiner Entwicklung auf die Bekämpfung von Kampfflugzeugen ausgelegt. Mit einer Reichweite von geschätzt 200 Kilometern und einer Dienstgipfelhöhe von 27 Kilometern.
Die senkrechten Lenkwaffenstarter sind immerhin 7,25 Meter hoch. Entsprechend groß dürften die eingesetzten Flugabwehrraketen vom Typ 5W55K sein, über die öffentlich recht wenig bekannt ist. Ob die Lenkwaffen in der Lage sind, vergleichsweise kleine und tieffliegende Drohnen zu bekämpfen, ist nicht überliefert. (pm)