Nächster Zoff im Landtag: Söders Koalition will AfD-Richter mitwählen – Grüne scheren aus
Drohender Eklat im Landtag: Die AfD kann wohl zwei ehrenamtliche Verfassungsrichter entsenden – dank der Stimmen der Bayern-Koalition. Die Grünen sind empört.
München – Trotz Beobachtung durch den Verfassungsschutz: Die AfD in Bayern kann wohl weiterhin zwei ehrenamtliche Richter an das Landesverfassungsgericht schicken. Bei einer anstehenden Abstimmung will die Koalition von CSU und Freien Wählern die Personalien im Landtag durchwinken. Dies sei „aus Rechtsgründen“ nicht anders möglich, zitierte die Süddeutsche Zeitung (SZ) am Dienstag (23. Januar) einen Fraktionssprecher. Damit könnte dem Landtag der nächste Zoff drohen. Denn die Grünen wollen bei dem Spiel nicht mitmachen – und lassen dafür sogar ihre eigenen Kandidatinnen und Kandidaten bei der Wahl durchfallen.
Streit um Verfassungsrichter: CSU und Freie Wähler tolerieren AfD-Kandidaten
Der Showdown steht am Mittwoch (24. Januar) an. Dann soll der Landtag über die Besetzung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter am Landesverfassungsgericht entscheiden. Insgesamt werden 15 Ehrenamtliche berufen, die neben den sieben Hauptamtlichen die Verfassung wahren und beschützen sollen. Entsprechend dem Wahlergebnis dürfen alle Fraktionen ihre Kandidatinnen und Kandidaten entsenden, der AfD stehen demnach zwei Posten zu.
Die Wahl galt meistens als Formalie, in der Regel wurde die Liste im Block abgestimmt. Doch angesichts der AfD-Kandidaten wollen die SPD und die Grünen eigentlich eine Einzelabstimmung über die Richter durchsetzen. Eine Abstimmung über die komplette Liste wurde bereits im Dezember vertagt. Doch seitens der Koalition von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gibt es nun rechtliche Bedenken.
Wahl von AfD-Politikern an das Verfassungsgericht: CSU sieht keine Alternative
„Es ist aus Rechtsgründen erforderlich, das bisherige Gesamtabstimmungsverfahren beizubehalten“, teilte die CSU-Fraktion der SZ mit. Es bestehe die Gefahr, so hieß es weiter, dass gesamte Richterwahl durch eine Verfassungsbeschwerde anfechtbar wäre, wenn man einzelne Kandidaten in einer Einzelabstimmung durchfallen lassen würde. Dadurch könne das gesamte Gericht gelähmt werden. Offenbar hatte Verfassungsgerichtspräsident Hans-Joachim Heßler dem Landtag zuvor auch schon einen entsprechenden Hinweis gegeben. Deswegen wollen CSU und Freie Wähler nun doch die gesamte Liste beschließen.
Bei der Nominierung erhält die Öffentlichkeit eigentlich wenig Einblick auf die Liste. Medienberichten zufolge stehen aber für die Umfragegewinner von der AfD wieder die Juristen Rüdiger Irmgard und Wolfram Schubert zur Wahl an, beide sind bereits seit 2018 als Ehrenamtliche an das Gericht abgeordnet. Bei der damaligen Abstimmung wurde die AfD in Bayern aber noch nicht vom Landesverfassungsschutz beobachtet. Vor allem Irmgard machte zuletzt von sich reden, weil er während der Corona-Pandemie 2020 bei der versuchten Erstürmung des Reichstagsgebäudes in Berlin gesehen worden war. Der Weilheimer Anwalt spielte aber in Interviews seine Rolle herunter und sagte, dass er sich nur vor Ort ein Bild hätte machen wollen, aber keinesfalls die dort erhobenen Forderungen unterstützt habe.
Wahl der Verfassungsrichter
Alle Fraktionen bestimmen entsprechend ihrer Stärke im Landtag eigene Kandidatinnen und Kandidaten für das bayerische Landesverfassungsgericht. Gewählt werden darf, wer älter als 40 Jahre alt ist und besondere Kenntnisse im öffentlichen Recht hat. Außerdem darf die- oder derjenige kein politisches Mandat haben.
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AfD in Bayern: Affäre um Halemba beschäftigt den Staatsschutz
Unabhängig von dieser Personalie steht die AfD in Bayern unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Erst kürzlich hatte die Partei wieder eine Reihe von Skandalen provoziert, die ihre Verfassungstreue in Zweifel stellte. So ermittelt der Staatsschutz wegen eines rassistischen Vorfalls im mittelfränkischen Greding. Dort sollen AfD-Anhänger auf einem Landesparteitag rassistische Parolen und Lieder gegrölt haben, wie der Bayerische Rundfunk berichtete. Zuvor hatte die Affäre um den umstrittenen Landtagsabgeordneten Daniel Halemba den Freistaat in Atem gehalten, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung ermittelt. Kurz vor der Konstituierung des Landtags war der 22 Jahre alte Burschenschaftler per Haftbefehl gesucht und schließlich in Kirchheim unter Teck verhaftet worden.
Für SPD und Grüne sind dies genügend Gründe, um bei der Wahl der ehrenamtlichen Richter am Landesverfassungsgericht genauer hinzuschauen. Für seine Fraktion sei klar, dass „Feinde unserer freiheitlichen Verfassung in einem Verfassungsgericht nichts zu suchen haben“, sagte Jürgen Mistol, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, der SZ und kündigte an, dass seine Partei die Liste ablehnen würden. Man wolle „nicht aktiv AfD-Kandidaten wählen“, dafür lasse man dann auch die eigenen Kandidaten durchfallen, hieß es. Ganz so weit will die SPD nicht gehen. Aber sie verzichtet auf den Fraktionszwang und überlässt die Entscheidung dem Gewissen der Abgeordneten.
Beweise für AfD-Verbot: Söders Ankündigung stößt sich an der Realität
Den Ministerpräsidenten setzt das durchaus unter Druck. Nach dem Bekanntwerden der Geheimtreffen von Funktionären der AfD-Bundespartei mit Rechtsextremen in Potsdam kündigte Söder eine härtere Gangart gegenüber den Rechtspopulisten an. Zwar zeigte er sich skeptisch zu der Forderung nach einem Verbot der Partei. Aber er sprach sich laut der Nachrichtenagentur dpa dafür aus, gezielt mehr Beweise gegen die AfD zu sammeln. Doch in der Praxis scheint sich die härtere Gangart dann doch schwieriger zu gestalten. (jkf)