Härtere Gangart gegen AfD: Söder will Beweise gegen Verfassungsfeinde sammeln
Zweifel an der Verfassungstreue: Markus Söder (CSU) will das Treiben der AfD genauer beobachten. Doch ob es am Ende für ein Verbot reicht?
München – Erst die Halemba-Affäre und eine vermeintliche Verschwörung gegen Ilse Aigner, dann das Potsdamer Geheimtreffen: Markus Söder (CSU) sieht immer mehr Anzeichen dafür, dass die AfD immer verfassungsfeindlicher agiert. Doch Bayerns Ministerpräsident hat jetzt eine Gegenwehr angekündigt und eine härtere Gangart gegen die Rechtspopulisten angemahnt.
„Wir haben Indizien“: Markus Söder stellt Verfassungstreue der AfD infrage
„Wir haben immer mehr Indizien dafür, dass die AfD verfassungsfeindlich ist“, sagte Söder laut der Nachrichtenagentur dpa zum Auftakt einer CSU-Fraktionsklausur in Kloster Banz bei Bad Staffelstein. Die Behörden müssten dies in den nächsten Monaten ganz genau beobachten und klären. Es gelte jetzt, die Vorfälle mit AfD-Mitgliedern und Äußerungen von Mandatsträgern genau zu beobachten und zu sammeln. Einer häufigen Forderung nach einem AfD-Verbot erteilte er jedoch eine Absage. Dies berge zu hohe Risiken, betonte er. Dennoch tobt die Debatte weiter.
Geheimtreffen der AfD mit Rechtsradikalen befeuert Debatte um AfD-Verbot
Die Diskussion um ein mögliches Verbot der AfD hat in den vergangenen Tagen neuen Schwung erhalten. Hintergrund ist ein Geheimtreffen von Rechtsextremen mit Funktionären der rechtspopulistischen Partei in Potsdam. Recherchen von Correctiv hatten das Treffen in einer Villa aufgedeckt. Dem Bericht zufolge hatte auch der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, an der Zusammenkunft teilgenommen, bei der Konzepte zur „Remigration“ besprochen worden sein sollen. Darunter verstehen Rechtsextremisten in der Regel die Ausweisung von Menschen ausländischer Herkunft. Jedoch hatten möglicherweise auch Unionsanhänger an dem Treffen teilgenommen, CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte deshalb bereits eine Prüfung der Vorgänge zu.
Zugleich hat die AfD auch in Bayern einige Skandale provoziert. Der Staatsschutz ermittelt wegen eines rassistischen Vorfalls im mittelfränkischen Greding. Dort sollen AfD-Anhänger auf einem Landesparteitag am vergangenen Wochenende rassistische Parolen und Lieder gegrölt haben.
AfD in Bayern steuert weitere Skandale hinzu
Fast zeitgleich wurden neue Details in der Affäre um den umstrittenen Landtagsabgeordneten Daniel Halemba bekannt, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung ermittelt. Kurz vor der Konstituierung des Landtags wurde der 22 Jahre alte Burschenschaftler per Haftbefehl gesucht – und schließlich in Kirchheim unter Teck verhaftet. Eine vom Bayerischen Rundfunk (BR) veröffentlichte E-Mail belegt nun aber, dass es parteiintern Stimmen gegeben hatte, die eine öffentlichkeitswirksame Verhaftung auf der Tribüne des Landtages provozieren und damit Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) politisch schaden wollten.
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Söder nahm in Kloster Banz auch den Fall des umstrittenen AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Halemba auf: „Wann geht der endlich? Warum dauert das so lange?“ Ein AfD-Parteitag hatte am vergangenen Samstag Halemba aufgefordert, wegen der Vorfälle sein Landtagsmandat niederzulegen. Doch Söder vermisst bislang Taten und fordert ein härteres Durchgreifen.
Söder fordert Durchgreifen der AfD in der Causa Halemba
So warf Söder dem Landesvorstand der AfD vor, Halemba Schutz zu geben. Das sage „alles über die AfD in Bayern aus“, betonte Söder. Von ihr sei nichts anderes zu hören als interne Streitigkeiten und extreme Positionen. Der Bundesvorstand um Tino Chrupalla und Alice Weidel tue zu wenig. CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek betonte, mit einer Aussage von AfD-Landesvize Martin Böhm, es sei ein legitimes Ziel, die Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) zu beschädigen, sei „eine neue Qualität“ erreicht.
Doch ob die AfD mittelfristig mit einem Verbot rechnen muss, bleibt weiter unklar. Noch scheuen die meisten Politiker das Starten eines Verfahrens. Zwar wollte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstag ein Verbot nicht grundsätzlich ausschließen. Jedoch sei ein solcher Schritt das „schärfste Schwert“ und die Hürden in der Verfassung hoch, betonte sie beim SWR. Deshalb sei es erforderlich, dass sich die demokratischen Parteien zunächst einmal geschlossen mit der AfD auseinanderzusetzen würden. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, es werde nach einem Parteiverbot gerufen, weil die Politik argumentativ nicht weiterkomme, mahnte Faeser.
Trotz Skandalen: AfD stabil in Umfrage – Deutsche uneins wegen Verbot
In den Umfragen spürt die Partei trotz der Skandale jedenfalls noch keine Verluste. Laut dem aktuellen Trendbarometer von RTL und n-tv liegt die AfD auch in dieser Woche bundesweit mit 22 Prozent auf Platz zwei – hinter der Union. Und zu einem Verbotsverfahren zeigten sich die Deutschen ähnlich gespalten wie die Politik. So wären 47 Prozent dafür, 48 Prozent dagegen.
Dennoch wird der Gegenwind für die Rechtspopulisten stärker. Nachdem bereits am Montagabend tausende Menschen auf die Straßen gingen, wurden vielerorts auch am Dienstag Demonstrationen organisiert. Während in München trotz des Winterchaos hunderte Menschen erwartet wurden, meldete auch die Polizei in Köln 10.000 Demonstranten bei einer Anti-AfD-Kundgebung. (jeki/mit Material der dpa)