Interne AfD-Mail verrät Intrige gegen Aigner – Entsetzen folgt: „Geht darum, unsere Demokratie zerstören“
Interne AfD-Mail verrät Intrige gegen Aigner – Entsetzen folgt: „Geht darum, unsere Demokratie zu zerstören“
Eine Verhaftung des AfD-Abgeordneten Halemba direkt im Landtag? In einer Mail bezeichnet AfD-Vize-Chef Böhm das als „charmant“. Die anderen Fraktionen sind entsetzt.
München – Der bayerische Vize-Chef der AfD, Martin Böhm, hat zugegeben, dass seine Partei Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) direkt schaden wolle. Das geht aus einer Mail hervor, über die der Münchner Merkur berichtete. In dem Schreiben ging es um eine mögliche Verhaftung des jungen AfD-Abgeordneten Daniel Halemba bei der konstituierenden Landtags-Sitzung im Oktober. Die Grüne-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze äußerte sich auf Merkur.de-Anfrage entsetzt über die internen AfD-Pläne – ebenso wie zuvor andere hochrangige Landtagspolitiker.
AfD-Youngster Halemba wurde vor Landtagssitzung per Haftbefehl gesucht
Zur Erinnerung: AfD-Abgeordneter Daniel Halemba sollte am 30. Oktober eigentlich prominent auf dem Landtagspodium sitzen – als jüngster Volksvertreter im frisch gewählten bayerischen Landtag. Doch zuvor kam es zum Knall: Die Polizei suchte den 22-jährigen AfD-Mann per Haftbefehl, wegen des Verdachts Volksverhetzung und des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole. Halemba tauchte unter, die Fahndung lief auf Hochtouren.
Im Maximilianeum wuchs die Sorge, dass der flüchtige AfDler ausgerechnet bei der konstituierenden Sitzung des Landtags auftaucht. Dann hätte die Polizei die Zustimmung von Landtagspräsidentin Ilse Aigner einholen müssen, um den 22-Jährigen im Plenarsaal zu verhaften. Es kam nicht dazu: Halemba wurde kurz davor in Kirchheim unter Teck verhaftet und kurz danach unter Auflagen wieder freigelassen.

AfD-Vize-Chef Böhm hat Halemba wohl zu Festnahme im Landtag geraten
Doch nach Willen der AfD wäre es anders gekommen. Böhm schrieb laut BR in einer Mail an AfD-Mitglieder, er habe Halemba geraten, sich öffentlichkeitswirksam im Landtag festnehmen zu lassen. Böhm bestätigte der Deutschen Presse-Agentur die Authentizität des Schreibens.
Böhm schrieb in der internen Mail außerdem: „Der Gedanke, durch eine Verhaftung des H. eingangs des Plenarsaales weiter an der De-Legitimation Aigners zu arbeiten und noch stärker polarisierend auf die Bürger zu wirken, war zumindest charmant.“ Aigner zu beschädigen sei „legitimes politisches Ziel“, fuhr er fort.
In einem Interview mit dem Sender Sat.1 legte der bayerische AfD-Vize-Chef nach: Aigner setze in ihren Reden als Landtagspräsidentin die „parteipolitische Brille“ nicht ab und schädige damit die AfD. Das wolle man sich „nicht gefallen lassen“. Deshalb halte er die Überlegung, ob sich Halemba im Parlamentsgebäude der Polizei stellen könnte, für „völlig legitim“
Meine news
CSU spricht von „abstoßender Attacke“ der AfD, SPD und Grüne wollen Verbot prüfen
Die übrigen Fraktionen im bayerischen Landtags reagierten mit Entsetzen: „Eine abstoßende Attacke“ nannte CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek die Pläne der AfD. SPD-Fraktionschef Florian von Brunn forderte, jetzt erst recht ein AfD-Verbot zu prüfen.
Grüne-Fraktionschefin Katharina Schulze sagte Merkur.de am Dienstag (16. Januar), an dem Fall zeige sich erneut, „um was es der AfD geht: Unsere Demokratie zu zerstören“. Die Partei gehe dabei „ganz gezielt“ mit Inszenierungen und Tabubrüchen vor. Auch Schulze hält es für notwendig, ein AfD-Verbot zu prüfen: „Wenn wir eines aus der Geschichte gelernt haben, dann dass man frühzeitig handeln muss, um unsere Demokratie zu schützen.“
Verhaftung Halembas im Landtag wäre große Show für die AfD gewesen
Warum aber fanden Teile der AfD die Verhaftung eines ihrer Mitglieder im Landtagsgebäude so reizvoll? Ein Spektakel für Medien und Öffentlichkeit wäre es ohne Zweifel gewesen. Und die AfD hätte einmal mehr die Gelegenheit gehabt, sich als Opfer von Justiz und Politik zu inszenieren. Zumal die AfD bereits vor der Sitzung gerichtlich beantragt hatte, dass Aigner der Polizei die Verhaftung untersagen muss, wie der Münchner Merkur im Oktober berichtete.
Der Umgang mit Halemba war auch das dominierende Thema beim Parteitag der AfD am Wochenende in Greding. Die AfD-Mitglieder stimmten dort mit 57 Prozent dafür, dass er sofort sein Mandat als Landtagsabgeordneter niederlegen solle. Der AfD-Vorstand schlug dagegen eine zwei Jahre lange Ämtersperre gegen Halemba vor.
AfD-Bundesspitze forderte Parteiausschluss Halembas – Für Landesverband kein Thema mehr
Ein Parteiausschlussverfahren scheint dagegen kein Thema mehr zu sein, da die Vorwürfe teils nicht haltbar seien, hieß es. Dabei hat der AfD-Bundesvorstand im Dezember eine klare Botschaft nach Bayern geschickt. Der Landesverband möge nicht nur den Parteiausschluss des Jung-Abgeordneten beantragen, sondern auch den „sofortigen“ Entzug der Mitgliedsrechte.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach wie vor gegen den 22-Jährigen wegen Volksverhetzung. Das spielt beim AfD-Beschluss, Halemba solle sein Mandat niederlegen, aber nicht die entscheidende Rolle. Vielmehr soll er bei der Listenaufstellung für die Bayern-Wahl zu seinen Gunsten getrickst haben, so der parteiinterne Vorwurf.
Legt Halemba sein Mandat freiwillig nieder? Entscheidung vielleicht schon bald
Am Dienstag (16. Januar) entscheidet sich womöglich, ob Halemba sein Mandat ablegen wird oder nicht. Täte er dies, würde ein anderer AfD-Abgeordneter für ihn nachrücken, die AfD bliebe also Oppositionsführerin im Landtag.
Anders wäre dies, wenn Halemba aus der Fraktion fliegen würde: Dann wären die Grünen wieder drittstärkste Fraktion und damit Oppositionsführerin. Die AfD verfügt seit der Landtagswahl über gleich viele Sitze wie die Grünen, erhielt aber etwas mehr Stimmen.
Am Rande des Parteitags der Bayern-AfD in Greding kam es auch zu einem Eklat: Dutzende Teilnehmer sollen in einer Diskothek ausländerfeindliche Parolen skandiert haben. Es gebe „Anhaltspunkte“, wonach es sich bei den Personen um Teilnehmer des Parteitags handelte, teilte die Polizei mit. Ein Strafverfahren gegen Unbekannt wurde eingeleitet. Die Polizei bittet um Zeugenhinweise sowie Bild- und Videomaterial. (smu/mmä/dpa)