Bayern will am individuellen Asylrecht rütteln: Ampel soll Ausreisezentren an Flughäfen einrichten

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Die bayerische Regierung fordert einen weiteren Schritt zur Verschärfung des Asylrechts. Sie hat es auf das individuelle Asylrecht abgesehen.

München – Joachim Herrmann stockt kurz. Zum zweiten Mal kommt die Nachfrage eines Journalisten, ob die CSU das individuelle Asylrecht wirklich abschaffen wolle. „Wir müssen darüber jetzt mal reden“, sagt Bayerns Innenminister, „wir müssen es jedenfalls einschränken.“ Nach einem „echten Masterplan für die Migrationswende“ klingt das noch nicht – so hatte Herrmann die Ergebnisse der Kabinettssitzung am Montag angekündigt. Die Idee dahinter wird trotzdem klar: Die CSU fordert von der Ampel-Regierung, „dass nicht mehr unbegrenzt bei allen internationalen Krisen Schutz gewährt wird“.

Das individuelle Recht auf Asyl ist sowohl im Europarecht als auch in der deutschen Verfassung geregelt. „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“, heißt es in Artikel 16a des Grundgesetzes. Das bedeutet, dass niemand in eine Situation abgeschoben werden darf, wo Verfolgung, Folter oder unmenschliche Behandlung droht.

Joachim Herrmann
Joachim Herrmann (CSU), Innenminister von Bayern, spricht während der Pressekonferenz. © Arne Dedert/dpa/Archivbild

Individuelles Asylrecht: Bayern will Änderung – „Wer will das individuell prüfen?“

„Früher, während der Militärdiktatur in Griechenland, kam jemand in unser Land, der persönlich verfolgt wurde – und hat deshalb persönlich Asyl bekommen“, erklärt Herrmann. Jetzt würden sich 10.000 Menschen wegen eines Kriegs in Syrien oder Afghanistan „auf den Weg“ nach Deutschland machen – „wer will das individuell prüfen?“, kritisiert der CSU-Minister. Vielmehr müsse man über Kontingente diskutieren, wie viele Menschen man aus einem Land aufnehme, sagt Herrmann.

Das Thema ist der Union nicht neu. Aus der CDU hatte im vergangenen Sommer Thorsten Frei, der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, die Abschaffung des individuellen Asylrechts gefordert. Die Idee stieß auf jede Menge Kritik bei SPD, Linke, Grünen und FDP: Die Union versuche an einer wichtigen humanitären Errungenschaft zu rütteln, hieß es.

In der Praxis findet das individuelle Asylrecht aus dem Grundgesetz kaum Anwendung. Nicht mal ein Prozent der Flüchtlinge in Deutschland haben eine Berechtigung nach Artikel 16a – er gilt mittlerweile als nutzloser Platzhalter. Die meisten erhalten den Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder einen eingeschränkten subsidiären Schutz auf europäischer Ebene – dieser greift, wenn Ausländer zwar nicht die Voraussetzungen für einen Flüchtlingsstatus erfüllen, ihnen aber in ihrem Heimatland ernsthafter Schaden droht.

Individuelles Asylrecht: Bayern fordert „grundlegende Änderung des Asylrechts“

Ginge es nach Bayern, müsste man also das Individualrecht auf Asyl in der EU-Grundrechte-Charta abschaffen – und das müsste wiederum von den Mitgliedsstaaten einstimmig beschlossen werden. „Die Staatsregierung fordert die Bundesregierung auf, eine grundlegende Änderung des Asylrechts anzustoßen“, heißt es in dem Beschlusspapier des Kabinetts.

Die Ampel müsse zudem „endlich benennen“, wo die Obergrenze bei der Aufnahme von Migranten liegt, sagt Herrmann – dabei solle man sich an den Kapazitäten an Schulen und Kitas orientieren. Um einfacher abschieben zu können, solle der Bund sogenannte Bundesausreisezentren an Flughäfen einrichten – dort sollten dann abgelehnte Asylsuchende leben. Das würde ein „Untertauchen der Bewohner“ erschweren, heißt es vom Kabinett. (Kathrin Braun)

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