Vor 20 Jahren gründete Erwin Krauthauf den Trägerverein der Musikschule Pfaffenwinkel und führte ihn seit dieser Zeit. Jetzt hat er sein Amt abgegeben.
Schongau – Es gibt vier große Lieben und Leidenschaften im Leben des Erwin Krauthauf: seine Familie, seinen ehemaligen Beruf, das Reisen und die Musik. Geboren wurde er 1937 als ältestes von vier Kindern in Graz. Nach seiner Matura, dem österreichischen Pendant zum Abitur, studierte er dort Papier-, Zellstoff- und Verfahrenstechnik, schloss als Diplomingenieur ab und promovierte gleich im Anschluss in seinem Fachgebiet.
Sein Beruf führte den frisch ernannten Doktor unter anderem für zwei Jahre nach Amerika, in verschiedene Produktionsstätten in Österreich, bevor er 1985 in Schongau landete: bei der Haindl Papierfabrik. Immer mit dabei: seine Frau Heide-Maria, die er in seinem Heimatort Gratkorn kennen und lieben gelernt und 1969 geheiratet hatte. Und ihre drei Kinder Thomas, Gerhild und Johanna.
Erwin Krauthauf gründete vor 20 Jahren den Trägerverein der Musikschule Pfaffenwinkel
Neben seiner Arbeit als Werksleiter war Krauthauf Vorsitzender der internationalen Forschungsgemeinschaft „INGEDE“ – eine Tätigkeit, von der er noch heute mit glänzenden Augen erzählt. Und für die er 2004 das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland verliehen bekam. Doch wo kommt seine vierte Liebe, die Musik ins Spiel? Seine eigene musikalische Karriere als Pianist hat er schon nach kurzer Unterrichtszeit in Graz aufgegeben. „Das kann ich einfach nicht“, gesteht er und lacht.
Dennoch ist Erwin Krauthauf Ehrenmitglied bei österreichischen Blas- und Werkskapellen. Erst kürzlich hat seine Frau Heide-Maria im Dachboden die vier gerahmten Urkunden gefunden. Wie das? Der Grund ist denkbar einfach und spannt zugleich einen Bogen zu seiner späteren Schongauer Tätigkeit. „Als Werksleiter in verschiedenen Firmen war ich in der Position, die dortigen Kapellen zu unterstützen. Sitzt dort jemand, dem die Musik am Herzen liegt, geht es den Kapellen gut. Wenn nicht, vegetieren sie nur vor sich hin“, resümiert er. Und wo Erwin Krauthauf war, blühten die Kapellen auf.
Erwin Krauthauf gründete beinahe im Alleingang die „Musikschule Pfaffenwinkel e.V.“
Diese Erfahrung hat er auch in Schongau einbringen können. Doch nicht mehr während seiner beruflichen Tätigkeit, sondern gleich nach seinem Eintritt in den Ruhestand 2002. „Damals hat man mir schon geflüstert, dass die Musikschule in absehbarer Zeit keine städtische Einrichtung mehr sein wird“, erinnert sich Krauthauf. Kontakt zur Musikschule hatte er auch deshalb, weil alle seine Kinder dort Musikunterricht hatten. Thomas’ Lehrer an der Trompete war Marcus Graf, der heutige Musikschulleiter. Sein Ruf als Kämpfer für die Musik eilte Krauthauf voraus, und so baten ihn Graf und der damalige Schongauer Bürgermeister Friedrich Zeller um Hilfe bei der anstehenden Umstrukturierung.
Gesagt, getan: Erwin Krauthauf gründete beinahe im Alleingang die „Musikschule Pfaffenwinkel e.V.“ mit einem Grundkapital, das der damalige Stadtrat ihm zur Verfügung gestellt hatte. Doch jetzt begann die eigentliche Arbeit. Die anfangs begeisterten Mitstreiter verließen nach und nach das Schiff, „wie bei der Reise nach Jerusalem“, erinnert sich Krauthauf. Übrig blieb der Vorstand. Die Vereinssatzung schrieb er selbst. Zudem gründete er den Förderverein der Musikschule, dem er ebenfalls vorstand.
Gemeinde Peiting wieder mit ins Musikschul-Boot geholt
Und dann hieß es für ihn: Klinken putzen. Nimmermüde war Krauthauf 20 Jahre lang im Namen der Musikschule unterwegs, betonte die Wichtigkeit der Einrichtung und schaffte es immer wieder, so viel Geld zu „erbetteln“, dass am Jahresende die Zahlen schwarz und nicht rot waren. Seitdem ist die Musikschule Jahr für Jahr gewachsen und gediehen. Krauthaufs letzter großer Clou: Er hat die Gemeinde Peiting wieder mit ins Musikschul-Boot geholt.
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Deren Bürgermeister Peter Ostenrieder beschrieb das Zustandekommen bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung, der letzten unter der Leitung Krauthaufs (wir berichteten), so: „Er hat uns von Anfang an in offene Arme genommen. Wobei die ersten Treffen eher mit Reibungswärme verbunden waren.“ Treffender kann man Krauthaufs Verhandlungs-Art kaum charakterisieren: Argumentativ immer einen Schritt voraus, trotzdem nicht lehrmeisterhaft, sondern immer verbunden mit liebenswürdigem österreichischem „Schmäh“ und einem Spritzer Humor. Und wenn es hart auf hart kommt, auch mal unerbittlich. Der Erfolg gibt ihm Recht. Und für diese Verdienste, das hat Bürgermeister Falk Sluyterman bei der Versammlung verraten, erhält Erwin Krauthauf den Goldenen Ehrenring der Stadt Schongau.
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Doch was macht der ehemalige Vorstand jetzt, wenn er nicht mehr zusammen mit dem Musikschulleiter und dessen Team das Tagesgeschäft bei organisatorischen, finanziellen und personellen Fragen mitentscheidet und verantwortet? Da hatte Marcus Graf bei der Versammlung noch einen Joker im Ärmel: Er ernannte Krauthauf zum „Botschafter der Musikschule Pfaffenwinkel“. Auf Lebenszeit.
„Ich bin einfach gern unterwegs“
Dieses Amt wird allerdings weniger zeitintensiv sein und dem umtriebigen 86-Jährigen mehr Luft für seine anderen Leidenschaften lassen. Die Theater- und Konzertbesuche können dann, ebenso wie die Spaziergänge, Wanderungen und Reisen mit seiner Frau, mehr werden. Und er muss auch nicht mehr auf seinen Terminkalender schauen, wenn er seinen jährlichen Besuch zu seinen Grazer Matura-Kollegen plant.
Ruhestand? Das hat ja schon vor 20 Jahren nicht wirklich geklappt. Doch jetzt mit mehr Fokus auf die Familie. Seine jährlichen 20.000 gefahrenen Kilometer möchte Erwin Krauthauf nämlich nicht unterschreiten. „Ich bin einfach gern unterwegs“, sagt er mit seinem unverkennbaren, spitzbübischen Lächeln. Von Christine Wölfle
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