Wirtschaftsempfang in Bad Tölz: Scharfe Töne vor den Häppchen

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Mehr als 300 Besucher füllten beim Neujahrsempfang am Donnerstagabend das Tölzer Kurhaus. © arp

Rund 320 Gäste kommen zum Neujahrsempfang von Wirtschaftsforum, Handwerkskammer und IHK ins Tölzer Kurhaus. Dabei gibt es auch den einen oder anderen scharfen Ton.

Bad Tölz – Das Ambiente im Kurhaus war festlich: Rund 320 Besucher – darunter viele Unternehmer und Kommunalpolitiker – trafen sich dort am Donnerstagabend auf Einladung des Wirtschaftsforums Oberland (WFO), der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (IHK) und der Handwerkskammer zum Neujahrsempfang. Vor den Häppchen redeten sich die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion und IHK-Präsident Klaus Josef Lutz in Rage.

In der Podiumsdiskussion geht es unter anderem um bezahlbaren Wohnraum

„Eine gut vernetzte Wirtschaft ist die Basis für das Wachstum im Landkreis“, schickte Renate Waßmer in ihrer Begrüßungsansprache voraus. Die Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Bad Tölz-Wolfratshausen, hielt sich mit Kritik an den derzeitigen politischen Rahmenbedingungen jedoch weitgehend zurück. Von dieser Reserviertheit war in einer von Kurier-Redaktionsleiterin Veronika Ahn-Tauchnitz moderierten Gesprächsrunde nichts mehr zu spüren.

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Angesprochen auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum, forderte Handwerkskammer-Präsident Franz Xaver Peteranderl die politischen Mandatsträger zu raschem Handeln auf. „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem“, sagte er. Unsichere Vorgaben wie beispielsweise die verzögerte Realisierung des Gebäudeenergiegesetzes seien da nicht hilfreich. „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem viele nur abwarten“, bemerkte er. Noch deutlicher wurde Reinhold Krämmel. „Wir drehen uns im Kreis“, stellte der WFO-Aufsichtsratsvorsitzende fest. Man könne nicht gleichzeitig Energiewende, Weltklimarettung und die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich durchsetzen. „Es bleibt immer nur bei Forderungen: Davon habe ich offen gestanden die Schnauze voll“, ärgerte sich Krämmel.

Weniger Bürokratie im Handwerk

Den von Ministerpräsident Markus Söder angestrebten Bürokratieabbau und die Reduzierung von Verwaltungspersonal stellte Landrat Josef Niedermaier infrage. Zunächst gelte es, den Kommunen nicht immer mehr unnötigen Aufgaben aufzubürden. „Erst dann kommen wir mit weniger Personal aus“, sagte der Landrat.

Sprachen über Wirtschaft und Politik: (v. li.) Reinhold Krämmel (Aufsichtsratsvorsitzender Wirtschaftsforum), Landrat Josef Niedermaier, Moderatorin Veronika Ahn-Tauchnitz, Renate Waßmer, Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses und Vizepräsidentin der IHK München und Oberbayern, IHK-Präsident Klaus Josef Lutz und Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern.
Sprachen über Wirtschaft und Politik: (v. li.) Reinhold Krämmel (Aufsichtsratsvorsitzender Wirtschaftsforum), Landrat Josef Niedermaier, Moderatorin Veronika Ahn-Tauchnitz, Renate Waßmer, Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses und Vizepräsidentin der IHK München und Oberbayern, IHK-Präsident Klaus Josef Lutz und Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern. © arp

Einig waren sich alle, dass junge Menschen zur Ergreifung eines handwerklichen Berufs durch mehr Anreize motiviert werden müssen. „Viele Handwerker wollen ja arbeiten, aber sich nicht abends auch noch mit dem stundenlangen Ausfüllen von Formularen beschäftigen“, sagte Peteranderl.

IHK-Präsident holt zum Rundumschlag gegen die „Ampel“ aus

Zu einem Rundumschlag gegen die Ampel-Regierung holte anschließend IHK-Präsident Klaus Josef Lutz aus. „So wie es jetzt läuft, werden wir keinen Erfolg in der Zukunft haben“, prognostizierte er. Generell artikulierte Lutz steile Thesen. So sei die derzeitige „feministische Außenpolitik“ zum Scheitern verurteilt. Ministerin Annalena Baerbock habe mit ihren Belehrungen beispielsweise die männerdominierte Regierung Chinas brüskiert.

Am Ende seines Vortrags rief der 65-Jährige sogar zum Aufstand auf. „Im Zweifelsfall machen wir Revolution, und Reinhold Krämmel wird unser Revolutionsführer“, kündigte er an. Der Applaus für seinen Vortrag gestaltete sich dann eher leise. Viele Gäste zeigten sich in den anschließenden Gesprächen bestürzt über die stark vereinfachten und wenig feinfühligen Analysen des Juristen und Wirtschaftsmanagers. Zudem widersprach Lutz seiner zunächst geäußerten Vorgabe. „Die IHK hat neutral zu sein: Unsere Aufgabe ist es, die Politik zu beraten und nicht politische Positionen zu beziehen“, gelobte er.

Freude über gelungene Veranstaltung

Am Ende überwog bei den Veranstaltern jedoch die Freude über den gelungenen Neujahrsempfang, der erstmals im Südlandkreis stattfand. Bislang hatte man sich im Wolfratshauser Krämmel-Forum getroffen. Doch nachdem heuer mit der Handwerkskammer ein weiterer Partner mit im Boot war, reichten die Kapazitäten des Forums nicht mehr aus. Das Tölzer Kurhaus dürfte sich auch für künftige Wirtschaftsgipfeltreffen empfohlen haben.

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