Die Welt in drei Wörtern: Wie die App „what3words“ für den Notfall Standorte kodiert

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Die App „what3words“ macht die Positionsbestimmung sehr einfach. © Copyright: xDreamstimexSedovukrx

Aus nur drei Wörtern eine genaue Standortbestimmung ermitteln: Diese Möglichkeit bietet die App what3words. Rettungsorganisationen im Landkreis setzen sie teilweise bereits seit längerem ein; meist aber nur bei bestimmten Einsätzen.

Landkreis – „dankt.anlegen.kinosaal“. Was wie das wirre Aufzählen von Wörtern klingt, ist in Wahrheit der genaue Standort der amerikanischen Freiheitsstatue, die dank dieser drei Wörter von jedem fast auf den Punkt genau gefunden werden kann. Wie das funktioniert? Bei der „what3words“-App werden geografische Koordinaten in drei Wörter kodiert. Entwickelt wurde sie vom gleichnamigen Londoner Start-up, das dazu die Welt in 57 Billionen drei mal drei Meter große Quadrate aufgeteilt und diese jeweils mit drei Wörtern versehen hat.

Das detaillierte Adress-System, das 2013 online ging, lässt sich zum Vereinbaren von Treffpunkten nutzen oder kann von Zustelldiensten verwendet werden. Auch Rettungsorganisationen können die Dreiwortadressen bei der Suche nach Vermissten nutzen oder um verunfallte Personen zu finden.

Bei den Rettungsorganisationen im Landkreis ist die App zwar bekannt. Regelmäßig verwendet wird sie aber nicht von allen und wenn, dann nur in ganz speziellen Situationen. Jörg Holzapfel, Leiter der Rettungsleitstelle in Weilheim etwa, ist der Ansicht, dass es im Notfall für Verunglückte oft besser ist, die Notrufnummer 112 zu wählen. Denn egal, wo in Europa man gerade sei: „Mit der Nummer komme ich immer bei der richtigen Leitstelle raus.“ Jeder, der eine gültige Karte in seinem Handy habe, könne so auch ohne Netz Hilfe herbeitelefonieren und habe außerdem gleich einen Ortskundigen am Apparat, der bei Bedarf Fragen stellen könne.

Und wenn das Handy auch noch internetfähig ist – was heutzutage für die meisten genutzten Mobiltelefone gelten dürfte –, würden die Standort-Koordinaten automatisch an die Retter übermittelt. „Letztendlich macht `what3words` auch nichts anderes.“ Wer im Notfall aber über die App Hilfe rufen wolle, der lande zunächst bei einer Servicezentrale, die dann erst an die zuständige Leitstelle weitervermittle und ihr die drei standortrelevanten Wörter weiterleite – eine Verzögerung, die sich negativ auf die Geschwindigkeit der Rettung auswirken kann.

Vor allem Bergwachtler nutzen die App

Bei den meisten Notfällen, bei denen es eine genaue Adresse des Unfallortes gibt – etwa Bahnhofstraße 45 in Weilheim – oder eine detaillierte Ortsbeschreibung (auf der A 95 Höhe Ausfahrt Sindelsdorf), sei die App darum unnötig. Die Zahl der Verunfallten, die über diese App aktuell Hilfe holten, liege „im Promille-Bereich.“

Aber: „Wir nutzen die 3-Wort-Koordinaten in der Bergrettung“, so Holzapfel. Zum Einen, weil es irgendwo in den Alpen meist keine genaue Adressangabe gebe. Zum Anderen, weil sich drei Wörter über Funk oder Handy zuverlässiger an die Retter durchgeben ließen als vielstellige GPS-Koordinaten. Die Wahrscheinlichkeit, wegen schlechten Empfangs einen falschen Standort zu übermitteln, sei mit der App nahezu ausgeschlossen. Bereits seit etwa fünf Jahren nutze die Rettungsleitstelle deshalb ein Programm, das sowohl GPS -Daten als auch die drei-Wort-Koordinaten an alle Rettungskräfte übermittle.

Josef Schleich, Bereitschaftsleiter bei der Bergwacht Steingaden-Peiting, bestätigt, dass seine Mannschaft die App nutzt. Denn damit würde auch im Gebirge der Standort eines Verunglücken „ziemlich genau“ angezeigt und nicht nur so ungefähr. Die drei Wörter seien zudem schneller übermittelt als GPS-Daten.

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Die Feuerwehr Penzberg hat nach Auskunft ihrer ersten Kommandantin Simone Abt dagegen bisher noch „keinen Bedarf“ an der App. Privatpersonen, die via dieser App um Hilfe direkt bei der Wehr ersucht hätten, habe es noch nicht gegeben. In der Regel werde ihre Truppe direkt von der Leitstelle alarmiert. Dabei würden zwar auch die drei Wörter für den genauen Standort übermittelt, aber eben auch die exakte Adresse beziehungsweise Lage, wo der Brand wütet oder der Verkehrsunfall stattgefunden hat; inklusive aller relevanter Daten zu den beteiligten Personen. Im Moment brauche ihre Truppe die App also nicht. Abt kann sich aber vorstellen, dass die App vermehrt im Rettungswesen eingesetzt werden könnte, wenn sich die Richtlinien im Bereich Datenschutz weiter verschärfen sollten.

Für Werner Berchtold, erster Kommandant der Feuerwehr Schongau, hat die App durchaus ihre Berechtigung. Unter anderem bei einer Personensuche im Wald oder anderem unwegsamen Gebiet könne sie gute Dienste leisten, weil sich die Einsatzkräfte damit beispielsweise an einer exakten Stelle irgendwo im Nirgendwo verabreden könnten, um von hier aus die Suche zu starten. In seiner Truppe hätten darum bereits seit rund drei Jahren alle Mitglieder der Führungsteams die App auf dem Handy. Dass die App bei der Personensuche irgendwo in der Natur nützlich ist, findet auch Kreisbrandrat Rüdiger Sobotta. Sonst sei die Verwendung der App bei den Feuerwehren im Landkreis aber „sicher nicht der Regelfall“.

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