UN melden drastische Kriegsgefangenen-Folter durch Russland

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Erfahrungsberichte zeigen Menschenrechtsverletzungen durch Russland. Folter ist weit verbreitet, auch außerhalb der Haft. Das Ausmaß ist alarmierend.

Genf – Ein am Freitag (15. März) publizierter Bericht der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zur Ukraine untermauert den Verdacht, dass Russland Folter im Ukraine-Krieg regelmäßig und systematisch anwendet. Der neueste Bericht fokussiert sich vor allem auf die Folter von ukrainischen Kriegsgefangenen. In der Pressemitteilung des UN-Menschenrechtsrats ist von „schrecklichen Behandlungen solcher Gefangenen in mehreren Hafteinrichtungen in der Russischen Föderation“ die Rede.

Über 800 Erfahrungsberichte von ukrainischen Soldaten wurden laut den Verfassern für den Bericht insgesamt ausgewertet. Dazu kamen Video- und Bildmaterial sowie Besuche in der Ukraine. Die Erfahrungsberichte von Inhaftierten zeigten „schwere Schmerzen und Leiden“ und eine Missachtung der Menschenwürde durch die Behandlung in Haft, so die Pressemitteilung. „Dies hat zu anhaltenden physischen und psychischen Traumata geführt“, heißt es dort weiter.

„Willkommen in der Hölle“: UN-Bericht sammelt Erfahrungsberichte zu Gefangenenfolter durch Russland

Ein Soldat der Ukraine berichtete von brutaler Folter, aus der gebrochene Knochen, abgebrochene Zähne und Wundbrand resultierten. Er beging einen Suizidversuch, überlebte jedoch. Mittlerweile ist er entlassen und wurde seitdem 36 Mal ins Krankenhaus eingeliefert. Ein weiterer Soldat erinnerte sich daran, mit „Willkommen in der Hölle“ gegrüßt worden zu sein. Folter sei vor allem während des Verhörs gebraucht worden. Die Befragten gaben an, Folter hätte „überall“ stattgefunden.

Schläge und Elektroschocks gehörten zu den am meisten berichteten russischen Foltermethoden. Auch sexueller Missbrauch und Vergewaltigungen habe es gegeben. Nahrungsknappheit und sehr eingeschränkte Hygieneeinrichtungen ließen sich als weiteres Muster unter den Berichten feststellen.

Folter und Kriegsverbrechen nicht nur bei Kriegsgefangenen – Muster Russlands im Ukraine-Krieg

Im Kriegsgeschehen gab es weiterhin Menschenrechtsverletzungen, auf die der Bericht der Untersuchungskommission hinweist. Mehrfach nutzte die Armee Russlands explosive Waffen in zivilen Gebieten, wobei auch medizinische Infrastruktur und Kulturgut zerstört worden seien, die eigentlich durch internationales Kriegsrecht geschützt sind.

Ein beschädigtes Gebäude in Mariupol.
Der Angriff auf Mariupol ist einer der Hauptthemen in dem aktuellen Bericht. © picture alliance/dpa/XinHua | Victor

Ein besonderer Fokus lag in dem Bericht auf dem Kampf um Mariupol, bei dem demnach mindestens 15.555 Gebäude beschädigt wurden. Die ukrainischen Behörden gehen laut Bericht von mehreren tausenden Toten in der Stadt zwischen dem 24. Februar und dem 20. Mai 2022 aus. Personen hatten aufgrund des fehlenden Netzes keinen Zugang auf Informationen über Evakuierungsmöglichkeiten und laut Bericht wurden auch nach Ende des offiziellen Gefechts bei der Gebietsaufklärung Personen eingeschüchtert oder erschossen.

Weitere Beweismittel deuteten auf einen unrechtmäßigen Transfer von Kindern in russisch-kontrollierte Gebiete und sexuelle Gewalt und Vergewaltigung gegen Frauen, vor allem bei Hausdurchsuchungen. Oft gepaart war die sexuelle Gewalt mit Drohungen oder Einschüchterung durch Waffen. „Wir sind der Meinung, dass sowohl Vergewaltigung als auch sexuelle Gewalt Kriegsverbrechen sind“, erklärte das Kommissionsmitglied Vrinda Grover.

UN-Bericht verdeutlicht: Auch auf ukrainischer Seite Menschenrechtsverletzung

Auf der gleichen Seite wurden auch einige Menschenrechtsverletzungen von ukrainischer Seite benannt. Betroffen waren Personen, bei denen die Zusammenarbeit mit russischen Behörden vermutet wurde. So verurteilte die Untersuchungskommission in ihrem Bericht alle Menschenrechtsverletzungen und nahm sich vor, viele der Aspekte weiter zu untersuchen.

Der Vorsitzende der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates zur Ukraine, Erik Mose (R), gestikuliert neben dem Kommissionsmitglied Vrinda Grover während einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Berichts mit den neuesten Ergebnissen in Genf am 15. März 2024.
Die Untersuchungskommission wurde von dem UN-Menschenrechtsrat ins Leben gerufen. © FABRICE COFFRINI / AFP

„Wir sind besorgt über das Ausmaß, die Fortdauer und die Schwere der Verstöße und Verbrechen, die die Kommission untersucht hat, sowie über die Auswirkungen auf die Opfer und die betroffenen Gemeinschaften“, erklärte der Kommissionsvorsitzende Erik Mose laut der Pressemitteilung. Der Bericht wurde am 15. März in der aktuellen Sitzung des UN-Menschenrechtsrats vorgestellt. Der Menschenrechtsrat hatte die Untersuchungskommission im Jahr 2022 ins Leben gerufen. (lismah)

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