„Hirntote Friedensformel eines Provinzclowns“: Medwedew will Ukraine-Kapitulation
Medwedew legt knallharte Friedensforderung auf den Tisch. Doch die Ukraine verliert in dem angeblichen Kompromiss auf ganzer Linie. Die Fronten bleiben also verhärtet.
Moskau – Der Ukraine-Krieg verkommt seit Monaten zu einem Stellungskrieg mit hohen Verlusten. Doch es gibt kaum Hoffnung auf ein Ende der blutigen Kämpfe. So hat der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, jetzt seine Vorstellungen für den Frieden skizziert. Sein sogenanntes „Russisches Friedensformular“ sei ein Kompromiss, teilte der Putin-Freund via Telegram mit. Doch im Grunde lassen sich die Forderungen des Friedensformulars zusammenfassen als eine bedingungslose Kapitulation der Ukraine, inklusive Reparationszahlungen an Russland und Demilitarisierung. Für die Verteidiger ist das unannehmbar.
Medwedew reagiert auf die Ukraine: Putin-Verbündeter spricht von Russlands Friedensformel
Mit seinem Vorschlag reagierte Medwedew auf Wolodymyr Selenskyj. Der ukrainische Präsident hatte in einer Rede vor den Vereinten Nationen fünf Bedingungen für einen Frieden für Russland gestellt: Schutz von Leben, die Wiederherstellung von Sicherheit und territorialer Integrität der Ukraine, die Bestrafung Russlands und Sicherheitsgarantien sowie das Recht der Ukraine, sich zu verteidigen.
Doch in Russland verhöhnt man diesen Vorschlag. „Für sie sind die Realitäten die hirntote ‚Friedensformel‘ eines Provinzclowns in grünen Strumpfhosen. Und sonst nichts“, schrieb der Medwedew zu den ukrainischen Vorstellungen für einen Frieden. Der „einzige Ausweg“ sei eine eigene russische Formel.
Die sieben Punkte für die Friedensformel des Putin-Freunds im Ukraine-Krieg
Insgesamt sieben Punkte umfasst die „Russische Friedensformel“ des Putin-Freunds auf Telegram. Die erste Forderung sei die Anerkennung der Niederlage der Ukraine im militärischen Konflikt und eine bedingungslose Kapitulation der „neonazistischen Clique in Kiew“, so Medwedew. Dazu gehöre auch die Entmilitarisierung.
In dem zweiten Punkt wünscht sich der russische Politiker, nach der „Anerkennung des nationalsozialistischen Charakters“ durch die internationale Gemeinschaft, eine „erzwungene Entnazifizierung aller Machtorgane“.Die dritte Forderung des Verlusts der internationalen Rechtspersönlichkeit der Ukraine macht das ukrainische Gebiet auch international abhängig von Russland, da die Souveränität nicht mehr anerkannt würde.
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Viertens wünscht sich Medwedew Neuwahlen einer provisorischen Regierung und fünftens, die Verabschiedung von Reparationszahlungen in dem neugewählten provisorischen Parlament. Das Parlament solle in einem weiteren Punkt das Territorium der Ukraine an Russland überschreiben – und sich dann im letzten Punkt selbst auflösen.
Medwedew hält „Russische Friedensformel“ für Kompromiss und hofft auf Durchsetzung
„Das ist doch eine Kompromissposition, oder?“, fragte Medwedew am Ende seiner Nachricht. Vermutlich bezieht er sich dabei auf die vereinzelten Erwähnungen der Vereinten Nationen in seiner Friedensformel. Die Frage wirkt fast schon zynisch, also würde Medwedew eher Fehler in dem am Anfang kritisierten Friedensplan von Selenskyj aufzeigen wollen.
„Ich denke, sie ist die Grundlage für die Suche nach einem wohlwollenden Konsens mit der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der angelsächsischen Welt, für die Abhaltung produktiver Gipfeltreffen und für das Verständnis unserer engen Freunde – unserer westlichen Partner“, erklärte Medwedew am Schluss seiner Nachricht.
Propaganda oder Trotz? Russische Friedensformel wohl kaum ernstgemeinte Verhandlungsbasis im Ukraine-Krieg
Der Kreml seine „militärische Sonderoperation“ als einen Akt der Selbstverteidigung gegen ein angebliches ukrainisches Nazi-Regime – ein Motiv, das sich auch in Medwedews Plan wiederfindet. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs wurde die Propaganda Russlands laut einer Studie des Institute for Strategic Dialogue (ISD) massiv ausgebaut. Dabei zielt diese nicht nur auf Personen innerhalb Russland, sondern auch auf Personen in anderen Ländern, die den etablierten Institutionen und Medien misstrauen.

Der russische Außenminister Sergei Lawrow nannte die Friedenspläne von Selenskyj ein „Ultimatum“. Auch die Forderungen von Medwedew ließen sich als Ultimatum beschreiben, vielleicht handelt es sich um Widerstandsversuch gegen die rigide Position der Ukraine. Auf der Seite „Wartime Diplomacy“ des ukrainischen Außenministeriums werden „kein Plan B“ und „stur bleiben“ als zwei der ukrainischen Diplomatie-Prinzipien genannt. Russland hatte schon öfter Bereitschaft zu Friedensverhandlungen erklärt, jedoch sind es gerade solche Kompromissvorschläge, die auch in der Vergangenheit zu wenig Glaubhaftigkeit der Verhandlungsbereitschaft geführt haben.
Es lässt sich erahnen, dass auch dieser Friedensplan Teil der russischen Propaganda ist. Medwedew betonte seit Beginn des Ukraine-Kriegs wiederholt Verschwörungstheorien um angebliche US-amerikanische Pläne, einen Regimewechsel in Russland durchzuführen, oder drohte mehrfach mit dem Atomkrieg. Vor einigen Monaten machte der Putin-Gefolgsmann durch seine drei möglichen Szenarien für ein Kriegsende auf sich aufmerksam, wobei alle drei ebenso aussichtslos für die Ukraine waren. (lismah)