Scharfe Kritik an Russland von der UN: Nahezu alle Kriegsgefangenen werden gefoltert
Die UN wirft Russland schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Kriegsgefangene aus dem Ukraine-Krieg werden dort gefoltert – offenbar systematisch.
Moskau – In Wladimir Putins Russland wird ein großer Anteil der Kriegsgefangenen aus dem Ukraine-Krieg gefoltert. Einer UN-Beamtin zufolge, die in der Menschenrechtsverletzungen überwacht, ist die Situation das Schlimmste, was sie in ihrer Laufbahn gesehen hat.
Laut der Leiterin der UN-Menschenrechtsbeobachtungsmission in der Ukraine, Danielle Bell, ist die russische Folterung ukrainischer Kriegsgefangener ein systematisches Problem. Außerdem sei die Lago vor Ort nicht leicht zu überprüfen, da es nicht einfach sie, Zugang zu den ukrainischen Kriegsgefangenen zu erhalten, die von Russland festgehalten werden. Das sagte Bell in einem Interview mit dem niederländischen Fernsehsender NOS. Daher könne man die Informationen oft erst dann erhalten, wenn die Kriegsgefangenen in ihre Heimat zurückkehren würden.
Putins Russland foltert Kriegsgefangene – Werden im Ukraine-Krieg Kriegsverbrechen begangen?
„Es ist sicherlich das Schlimmste, was ich in meiner 20-jährigen Laufbahn bei der Uno gesehen habe, als ich Orte der Inhaftierung besuchte“, so die UN-Beamtin dort weiter. Bereits während der ersten Verhöre würden die Gefangenen gefoltert. Sie würden mit Metallstangen und Stöcken geschlagen, müssten sich entkleiden und bekämen Elektroschocks ab. „Das ist grauenhaft“, beklagte die Beobachterin.

Zudem handle es sich nicht um Einzelfälle. „Die Folter ist weit verbreitet, regelmäßig, sie geschieht in diesen Einrichtungen, sie ist bei mehr als 95 Prozent der ukrainischen Kriegsgefangenen geschehen. Die Folterung ukrainischer Kriegsgefangener stellt ohne Frage ein Kriegsverbrechen dar“, so Bell weiter.
Körperliche und psychische Misshandlungen durch Beamte – die Schrecken des Ukraine-Kriegs
Bells Vorwürfe decken sich mit den Schilderungen ukrainischer Kriegsgefangener. In Interviews mit der britischen Rundfunkanstalt BBC im August 2023 berichteten ein Dutzend ehemaliger Gefangener, die im Rahmen eines Austauschs freigelassen wurden, über körperliche und psychische Misshandlungen durch Beamte und Wachleute im Gefängnis der russischen Stadt Taganrog. Wiederholt seien sie geschlagen worden, unter anderem in die Nieren und in die Brust. Ständig seien sie vom Wachpersonal eingeschüchtert worden. Zudem bekamen sie laut dem Bericht zu wenig zu Essen und keine angemessene medizinische Versorgung. Mehrere Insassen der Einrichtung seien deshalb verstorben.
Bei ihrer Ankunft in Taganrog, habe sich der Oberleutnant Artem Seredniak erinnert, wurden sie von einem Offizier begrüßt: „Hallo Jungs. Wisst ihr, wo ihr seid? Ihr werdet hier bis ans Ende eures Lebens verrotten.“ Bei jedem Schritt hätten die Wärter der Einrichtung, die schwarze Schlagstöcke und Metallstangen trugen, auf die Beine, die Arme geschlagen oder „wo immer sie wollten“, so Seredniak. Das hätten sie ‚Empfang‘ genannt.
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Die Wachen hätten ihn anschließend nach seiner Rolle in der Armee und den Aufgaben gefragt, die er erfüllt hatte. Mit einem Elektroschocker hätten sie ihm Schocks in den Rücken, die Leistengegend und den Nacken verpasst, so Seredniak. „So haben sie mit allen gearbeitet“, sagte der Oberleutnant gegenüber der Rundfunkanstalt. „Sie hämmerten auf dich ein wie auf einen Nagel“. Anderen ukrainischen Gefangenen erging es laut dem Bericht nicht besser.
Auch in der Ukraine habe es zu Beginn der Invasion einige Probleme mit der Behandlung russischer Kriegsgefangener gegeben, so Bell in dem Interview mit NOS weiter. Inzwischen hätten sich die Bedingungen aber deutlich verbessert; sie entsprächen „nun voll und ganz dem humanitären Völkerrecht“. Um dies erreichen zu können, habe der einfachere Zugang zu den Kriegsgefangenen der in der Ukraine entscheidend beigetragen. Ukrainische Behörden hätten „ungehinderten Zugang zu den Internierungslagern sowie zu den provisorischen Gefängnissen, in denen die russischen Kriegsgefangenen untergebracht sind“ gewährt, so die UN-Beamtin. (tpn)