„Es war ein Mords-Kampf“: Wie Peiting vor 50 Jahren ein neues Freibad bekam
Vor 50 Jahren hat das Peitinger Wellenfreibad zum ersten Mal seine Türen geöffnet. Zu seinem Jubiläum lohnt sich ein Blick auf die Anfänge: Denn unumstritten war das Freibad damals nicht.
Peiting – Es war eine Sensation für Peiting: Dort, wo Badende über 40 Jahre lang in ein Moorbecken gestiegen und durchs trübe Wasser geschwommen waren, sperrte man am 6. August 1975 die Pforten zu einem ganz neuen Badeerlebnis auf. Das Peitinger „Gaudi-Bad“, wie die Badegäste das Freibad anfangs nannten, war eröffnet. Schon am ersten Badetag strömten rund 1000 Besucher auf das Gelände, das nicht nur ein Schwimmbecken mit Wellenanlage hatte, sondern auch ein beheiztes Kinderplanschbecken, schicke Wasser-Geysire und Massagedüsen. Das Peitinger Freibad gehörte zu den modernsten seiner Zeit.
Heuer feiert das Wellenfreibad sein 50-jähriges Bestehen. Wenn man aus diesem Anlass auf die Anfänge des Bads schauen will, dann kommt man um einen nicht herum: Adolf Kapfer. Der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende hatte sich im Peitinger Marktgemeinderat lange für den Bau eines neuen Familienbads eingesetzt, das das veraltete Moorbad ablösen sollte. Denn das Becken mit Moorschlamm, das mit Wasser der Peitnach gespeist worden war, stammte bereits aus den 1930er-Jahren. Zu Beginn der 70er-Jahre konnte es mit den Hygiene- und Sicherheitsstandards nicht mehr mithalten. Das Gesundheitsamt drängte deshalb auf die Schließung des Peitinger Moorbads, erinnert sich Kapfer.
Um genau nacherzählen zu können, wie es sich mit der Idee und dem Bau eines neuen Freibads vor 50 Jahren verhielt, hat Kapfer stapelweise Unterlagen herausgesucht. Auf dem Küchentisch vor ihm liegen Mappen mit alten Gemeinderatsprotokollen, zahlreiche Zeitungsausschnitte und Fotos, die die Geschichte des Freibads nahezu lückenlos dokumentieren. Sie machen klar: Das Projekt war nichts, über das man sich im Marktgemeinderat Anfang der 1970er-Jahre schnell einig war. Im Gegenteil. „Es war ein Mordskampf“, bringt der 89-Jährige die Diskussionen in den Jahren 1973 und 1974 auf den Punkt.
Denn schon vor 50 Jahren war die Kasse der Marktgemeinde knapp gefüllt, und bei der Peitinger CSU hätte man das Geld statt in ein neues Bad lieber in andere kommunale Aufgaben gesteckt. So hatte sich Klement Sesar, damals zweiter Bürgermeister und CSU-Fraktionsvorsitzender, für den Ausbau der Schulräume in Peiting ausgesprochen. „Die Regierung hatte dafür aber gar keinen Bedarf gesehen“, erzählt Adolf Kapfer. Die Schülerzahlen seien damals nämlich rückläufig gewesen.

Die Argumentation für ein Freibad gestaltete sich aber nicht viel einfacher als die für eine Schulerweiterung. Immerhin war man im nur drei Kilometer entfernten Schongau gerade ebenfalls dabei, den Bau eines beheizten Bads zu planen. „Die Regierung von Oberbayern hat es damals nicht als üblich angesehen, dass es in nächster Nähe zwei Schwimmbäder gibt“, erklärt Kapfer. Eine Lösung sah man beim Konzept, in dem sich die beiden Einrichtungen unterschieden. Denn während in Peiting ein Familienbad entstehen sollte, stand in Schongau der Sport im Fokus.
In einer Ausgabe des Heftchens „Peiting aktuell“, das der SPD-Ortsverein herausgab, fasste die Partei ihre Gründe für den Neubau des Wellenbads zusammen. Darin unterstrich man noch einmal, für wen das Bad gebaut werden sollte, und warum es sich aus Sicht der SPD für alle Peitinger rentiere – unabhängig von betriebswirtschaftlichen Punkten. „Zunächst ist zu sagen, daß der Effekt eines Bades nicht allein in Pfennigen ausgerechnet werden kann“, heißt es dazu. „Eine solche Einrichtung empfiehlt sich aus Sicht der Gesundheitsförderung, der Jugenderziehung und der Jugendpflege.“
Freibad sollte vor allem für Mütter ein Erholungsort sein
Auch für die Attraktivität Peitings sei ein Bad nicht zu unterschätzen, denn „jeder weiß, daß z. B. bei der Ansiedlung von Betrieben die Frage nach dem Freizeitwert einer Gemeinde eine erhebliche Rolle spielt! Gleichzeitig muss der Nutzen für den Fremdenverkehr angesprochen werden.“ Außerdem, so argumentierten die – in erster Linie männlichen – Räte in den 70er-Jahren, könne man mit dem Bad vor allem „den Müttern“ etwas Gutes tun. Dank des Freibads hätten sie nämlich „einmal ein paar Stunden ‚frei‘“, wenn die Kinder im Wasser toben; und so könnten in dem Freibad „speziell die Mütter von ihrer Erziehungsarbeit Entlastung erfahren“.
Die Argumentation für den Neubau eines Freibads konnte letztlich überzeugen – sowohl die Regierung von Oberbayern als auch den Marktgemeinderat. Mit knapper Mehrheit hatten sich die Sozialdemokraten bei der finalen Abstimmung 1974 in Peiting durchgesetzt, wobei Bürgermeister Karl Fliegauf (CSU) das Zünglein an der Waage war. Er stimmte mit der SPD für das Freibad und damit gegen die eigene Partei.
Den Vorschlag, auch eine Wellenanlage in das Bad einbauen zu lassen, hatte die SPD-Fraktion noch kurz vor Abschluss der Planung angebracht – was wegen der Kosten (100 000 D-Mark) erneut für Diskussionen im Gemeinderat sorgte. Der Fraktionsvorsitzende Kapfer, der bei einem Besuch auf der Nordseeinsel Borkum so eine Wellenanlage gesehen hatte („direkt neben dem Meer!“), fand, dass man das Freibad damit noch einmal deutlich attraktiver machen könne. „Ich bin deshalb gleich zum Bürgermeister, und der beauftragte Architekt Seifert ergänzte sozusagen in letzter Minute noch die Wellenanlage in die Planung.“

Was sich als Glück für die Gemeinde herausstellen sollte, war die hohe Fördersumme, die Bund und Staat in das neue Freibad investierten. Gut 50 Prozent der Kosten wurden übernommen, wobei viel Geld aus dem Konjunktur-Programm der Bundesregierung unter Kanzler Helmut Schmidt kam. Dass Mittel aus diesem Topf auch nach Peiting flossen, war erneut auf die Initiative Adolf Kapfers zurückgegangen.
Wie er erzählt, war er – im Einverständnis mit Rathauschef Fliegauf – mit den Bürgermeistern aus Penzberg und Garmisch-Partenkirchen nach Bonn gefahren, um den Bundestagsabgeordneten aus ihrem Wahlkreis, Alfons Bayerl (SPD), aufzusuchen. Dieser saß damals als Parlamentarischer Staatssekretär im Justizministerium. „Wir wollten ihn für unser Anliegen gewinnen“, sagt Kapfer und zeigt auf ein Schwarz-Weiß-Foto, das an den Besuch der Männer in der ehemaligen Hauptstadt erinnert.
Hohe Fördersumme von Bund und Freistaat
Am Ende bekam Peiting von dem Bundesprogramm gut 800 000 D-Mark für das Freibad, der Freistaat Bayern schoss ca. 360 000 D-Mark aus dem Programm „Freizeit und Erholung“ zu. Die Gesamtkosten für das Bad beliefen sich laut Kapfer auf 2,2 Millionen D-Mark.
Aus heutiger Sicht ziemlich flott ging es dann mit dem Bau voran. Schon im Sommer 1975, also ein knappes Jahr nach dem Gemeinderatsbeschluss, konnte das neue Freibad samt Wellenanlage eröffnet werden.
Worauf Kapfer bis heute stolz ist, ist die moderne Technik, die man damals bereits eingebaut hatte: Das Wasser, das man wie in Moorbad-Zeiten weiterhin aus der Peitnach speiste, wurde schon 1975 mittels Wärmepumpe auf 26 Grad erhitzt. „Das ist doch sehr innovativ gewesen“, findet der 89-Jährige rückblickend. Tatsächlich sollte diese Art der Heizung über viele Jahre Bestand haben. Erst 2022 wurde von der Flusswasser-Wärmepumpe auf eine Luft-Wärmepumpe umgerüstet.
„Geburtstagswoche“ des Wellenfreibads wird ab 6. Juli gefeiert
Freilich war das im Laufe der vergangenen 50 Jahre Badebetrieb nur eine von vielen Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten, die anfielen. So ist erst vor wenigen Tagen der alte Motor der Wellenanlage kaputtgegangen (wir berichteten).
In frischer Erinnerung sind auch noch die scharfkantigen Fliesen im Becken, derentwegen das Wellenbad 2021 über einen Monat geschlossen werden musste. Deutlich schlimmer war aber die Saison in 2022: Wegen Mangels an Bademeistern konnte man das Wellenfreibad in diesem Jahr gar nicht erst aufsperren.
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Wie gut, dass die Marktgemeinde unter Bürgermeister Peter Ostenrieder im Jahr darauf wieder ein Team aus Fachpersonal für das Bad fand und die Einrichtung inzwischen wieder zuverlässig für ihre Gäste öffnen kann. Auch im Jubiläumsjahr des Wellenfreibads, das man vom 6. bis 12. Juli mit einer „Geburtstagswoche“ feiern will (siehe Kasten).
Das ist in der Jubiläumswoche im Wellenfreibad geboten
Eine ganze Woche lang wird ab diesem Sonntag, 6. Juli, das 50-jährige Bestehen des Peitinger Wellenfreibads groß gefeiert. Besonders eine Attraktion dürfte dabei die Herzen der Besucher höher schlagen lassen.
25 Meter lang und acht Meter hoch ist die aufblasbare Riesenrutsche, die sich die Gemeinde als Höhepunkt für die Feierlichkeiten gesichert hat. Das Ungetüm aus Plastik hat es in sich: Wer sich auf ihr hinabstürzt, fliegt nach rasanter Abfahrt dank der integrierten Rampe kurz durch die Luft, ehe man weich auf dem luftgefüllten Kissen im Auslauf landet. Immer ab nachmittags steht die Rutsche den Badegästen in der Jubiläumswoche zur Verfügung, extra gezahlt werden muss für ihre Nutzung nicht. „Wir hoffen natürlich, dass die Rutsche gut ankommt und die Besucher ihren Spaß damit haben“, sagt Bürgermeister Peter Ostenrieder.
Auch sonst ist in den sieben Tagen einiges geboten. Zum Auftakt am Sonntag kostet der Tageseintritt nur die Hälfte. Für die kleinen Besucher gibt es eine Hüpfburg, am Freitag lädt das Freibad ab 18 Uhr zur Badenacht mit großer „Summer㈠Splash-Party“. Für musikalische Unterhaltung sorgt DJ Charly. Ab 18 Uhr wird zusätzlich Spanferkel angeboten, an diesem Tag ist das Freibad bis 22 Uhr geöffnet. An den übrigen Tagen kann bis 21 Uhr gebadet werden, sofern das Wetter mitspielt.
Auch fürs leibliche Wohl ist laut Gemeinde an allen Tagen bestens gesorgt mit Grillspezialitäten, Salatbuffet und einer Aperolbar, die von 17 bis 20.30 Uhr geöffnet ist. Zum Abschluss am Samstag, 12. Juli, lockt ein „Biergarten mit Partyfeeling“.