Starkbieranstich mit Fastenpredigt im Brauhaus – „Bruder Cengiz“ nimmt Politiker aufs Korn

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Sie ließen sich den ersten Schluck Starkbier gemeinsam schmecken: Falk Sluyterman, Stephan Albrecht und Linnea Klee. © Meltretter

Der Anstich des Starkbiers ist ein traditionsreicher Tag im Brauhaus. Mit Fastenpredigt und zünftiger Musik wurde der hauseigene „Fastinator 2025“ gefeiert und den Kommunalpolitikern auf unterhaltsame Weise kräftig eingeschenkt.

Schongau – Das Brauhaus war an diesem Abend erwartungsgemäß gesteckt voll. An den weiß-blau-dekorierten Tischen wurden zu Beginn des Festabends von Marion Albrecht und ihrem Team bayerische Traditionsgerichte als Grundlage für den hochprozentigen, süffigen Gerstensaft serviert. Unter den zahlreichen Besuchern, die überwiegend Lederhosen oder Dirndl trugen, traf man die Landrätin Andrea Jochner-Weiß mit ihrem Stellvertreter Michael Marksteiner und viele, die Rang und Namen haben.

Auch die aktuelle bayerische Bierkönigin Linnea Klee und Kilian Kittl, Geschäftsführer des Verbandes Private Brauereien Bayern, waren dabei, als der Schongauer Rathauschef Falk Sluyterman neben dem stolzen Braumeister Stephan Albrecht das erste Fastinatorfass anstach. Sseit Anfang Januar hatte nun der helle, bernsteinfarbene Doppelbock mit rund 18 Prozent Stammwürze und 7,9 Prozent Alkohol geruht, um seine Geschmacksaromen zu entfalten.

Starkbieranstich im Brauhaus: Fastenprediger nimmt Kommunalpolitiker aufs Korn

Nur drei souveräne Schläge dauerte es, bis es hieß: „O‘zapft is!“ und mit den ersten Krügen angestoßen werden konnte. Wie immer war das „flüssige Gold“ heiß begehrt, denn vor der Fastenpredigt von „Bruder Cengiz“ (dargestellt von Cengiz Öztunc) half schließlich nur ein großer Schluck. Zum dritten Mal war der Comedian in die Mönchskutte geschlüpft und gleich im richtigen Fahrwasser: „Möge uns der Fastinator stark machen, auch wenn wir morgen schwach san!“, rief er dem Publikum zu Beginn zu.

Kein Schongauer Ereignis war ihm seit dem letzten Starkbierfest entgangen, denn in der „Stadtmauer-und-sonst-nix-Stadt“ sei „ned vui, also gar nix“ los gewesen. Und doch brachte er querbeet jede Menge nachdenkliche und amüsante kleine Episoden zur Sprache, zum Beispiel von der monatelangen Straßensperre und kilometerlangen Umleitung zwischen Schongau und Peiting oder vom neuen MVV-Anschluss, mit dem Zugfahrten in Nachbargemeinden günstiger geworden sind als der Stadtbus.

Familientrio „ScheinEilig“ spielte

Nebenbei ging er auch auf die jüngsten Zeitungsberichte über Geburtstagsfreikarten im Plantsch, Wohnungsnot, Gebäudeleerstand in der Altstadt und die neuen Nachtwächterführungen ein und fragte sich, warum für den nächsten Mittelaltermarkt am Schaeggerplatz nicht die örtliche Brauerei nach dem Festbier gefragt wurde – die hätte doch glatt 500 Liter spendiert! Außerdem wurde das Medizinische Versorgungszentrum – im letzten Jahr ein zentrales Thema – noch einmal kurz angesprochen. Dabei landete Öztunc mit viel Wortwitz einen guten Treffer gegen den abwesenden Geschäftsführer Thomas Lippmann, der „vielleicht ned SOGESUND“ sei. Und dann durften natürlich die beiden „Aufreißer des Jahres“ nicht fehlen:

So scherzte Öztunc zum einen über die fehlende Weihnachtsbeleuchtung im vergangenen Dezember. Seinen Song „Mit 60 Watt erleuchtet, da fängt jetzt Schongau an“ (zur passenden Melodie: „Mit 66 Jahren …“) hätte man durchaus medienwirksam als Mallorca-Hit vermarkten können, anstatt in der Fan-Community nach dem Motto „Früher war mehr Lametta“ zu jammern. Und weiter lästerte der Fastenprediger über die veralteten Werbetafeln in der Altstadt, die er als „Navigationshilfe für eine Zeitreise ins Jahr 1998“ bezeichnete.

Scherzhafte Idee einer „Megacity“

Im Hinblick auf die Kommunalwahlen im nächsten Jahr („Endlich is dann hier wieda was los!“) attestierte er dem Schongauer Stadtoberhaupt, dass er mit 879 Followern auf Social Media „a wenig zahm“ sei und empfahl ihm mehr dramatische Bilder und eine Heldengeschichte, denn: „Do geht no wos!“, und das Kandidatenkarussell drehe sich bekanntlich ja schnell. Schließlich hatte Öztunc für das Bürgermeisterduo Sluyterman und Ostenrieder eine vielversprechende Idee für eine „strahlende Zukunft“ parat: Aus dem Zusammenschluss von Schongau und Peiting neben den „dunklen Löchern“ in der Politik (zum Beispiel Hohenfurch) könne doch eine „Megacity“ mit Hochhäusern und Palmen am Lechstrand entstehen, die den Tourismus weiter aufblühen lasse.

„Bruder Cengiz“ war zum dritten mal in Folge der Fastenprediger im Brauhaus.
„Bruder Cengiz“ als Fastenprediger im Brauhaus. © Meltretter

Am Ende hatte es der Redner geschafft, allen wichtigen Ehrengästen humorvoll den Spiegel vorzuhalten. „Er war sehr gnädig mit uns“, meinte Falk Sluyterman auf Nachfrage zufrieden und freute sich, dass er das „Derblecken“ soweit gut überstanden hatte. Und auch der evangelische Pfarrer Michael Bischoff, der zum ersten Mal dabei war, strahlte am Ende, nachdem er freundlich erwähnt worden war. Tobias Kalbitzer, der nächste Woche beim Schockerberg der CSU wieder als „Bruder Blatero“ dabei ist, hat seine Rede nach eigenen Angaben noch nicht fertig und „schaut mal, ob in Schongau noch was Aufregendes passiert“.

Für den musikalischen Rahmen und ein regelmäßiges Prosit sorgte das Familientrio „ScheinEilig“ aus dem schwäbischen Violau. Später zeigten dann Stefan, Martin und Johannes Hegele auf der Bühne einen phänomenalen Auftritt. Mit Trompete, Akkordeon und Helikon, manchmal auch mit Gesang und Percussions, spielten sie eine Mischung aus bayerischer Volksmusik, Trinkliedern und modernen Kultsongs, mit denen sie nach der Fastenpredigt die Stimmung anheizten und die Gäste zum Mitsingen und Klatschen brachten.   

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Erst nach zwei Zugaben ging der Abend langsam zu Ende. Katerstimmung nach dem Fastinatorauftakt herrscht im Brauhaus bei Familie Albrecht aber sicher nicht. Denn die nächsten Wochen wird bei zahlreichen Veranstaltungen fleißig weiter gefeiert, bis auch das letzte Starkbierfass geleert ist.

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