Experten und Unternehmer diskutieren über Gemeinwohlökonomie in Ebenhofen im Ostallgäu

  1. Startseite
  2. Bayern
  3. Augsburg & Schwaben
  4. Kreisbote Allgäu

Kommentare

Lasst uns über Gemeinwohlökonomie sprechen: Das taten im Rahmen einer Infoveranstaltung Manuel Diepolder (Allgäu Batterie, v.li.), Christine Machacek (Säbu Holzbau) und Jörn Wiedemann (GWÖ-Berater). © LRA Ostallgäu

„Wirtschaftlich denken, menschlich handeln“ – Was eigentlich ist Gemeinwohlökonomie? Ein Infotreffen der Wirtschaftsförderung Ostallgäu hat Interessierte nach Ebenhofen zur Firma Säbu Holzbau GmbH eingeladen. Dort sprach neben einem Experten auch Unternehmer Manuel Diepolder, Chef der Firma Allgäu Batterie in Haldenwang.

Ebenhofen/Allgäu - Ein Business-Treffen ohne den Big Deal? Ohne das absolute Streben nach Gewinnmaximierung und Profit? Nun, die Zeiten sind turbokapitalistisch und doch gibt es Unternehmerinnen und Unternehmer, die seit rund 15 Jahren Kritik an der Idee formulieren, dass allein Wachstum, Wachstum und noch mehr Wachstum zu Wohlstand und Wohlergehen einer Gesellschaft führen. Auch im Allgäu fällt der Satz, „Die Wirtschaft soll dem Gemeinwohl dienen und nicht der Geldvermehrung“ immer öfter.

Diese Haltung schlägt sich in einer aktuellen Unternehmensbefragung im Ostallgäu und in Kaufbeuren nieder, die zeigt, dass ein Drittel der Betriebe ein signifikantes Interesse an einem Wirtschaftsmodell hat, das unter dem Namen „Gemeinwohlökonomie“ immer bekannter wird.

Einblick in das Thema Gemeinwohlökonomie

Darüber hinaus haben bereits 34 Unternehmen und sechs Vereine im Allgäu eine Gemeinwohl-Bilanzierung durchgeführt, darunter die Allgäu GmbH und die Füssen Tourismus und Marketing, eine Tochteranstalt des öffentlichen Rechts der Stadt Füssen. Grund genug für die Ostallgäuer Wirtschaftsförderer, zu einer Informationsveranstaltung in Sachen Gemeinwohlökonomie (GWÖ) in die Produktionshalle der Säbu Holzbau GmbH in Ebenhofen/Ostallgäu einzuladen. Rund 90 Vertreter aus der regionalen Wirtschaft waren vergangene Woche der Einladung gefolgt.

Dort gaben Säbu-Geschäftsführerin Christine Machacek, der zertifizierte Gemeinwohl-Berater Jörn Wiedemann und Manuel Diepolder, Chef der Firma Allgäu Batterie aus Haldenwang, Einblick in das Thema und räumten mit manchen Vorurteilen auf.

Luxus oder die Lust zur Verantwortung

Bevor die Holzbau-Unternehmerin und der Batteriechef zu Wort kamen, klärte GWÖ-Experte Wiedemann über das alternative und nachhaltige Wirtschaftsmodell auf. Firmen, die sich der Gemeinwohlökonomie verpflichten, stellen sich demnach ihrer sozialen Verantwortung und der Sorge um eine intakte Umwelt. Dazu lasse sich anhand der Werte Menschenwürde, ökologische Verantwortung, Solidarität, soziale Gerechtigkeit, demokratische Mitbestimmung und Transparenz eine sogenannte Gemeinwohlbilanz erarbeiten.

Diese Kriterien werden auf verschiedene Gruppen umgelegt, also Lieferanten, Eigentümer, Finanzpartner, Mitarbeitende, Kunden und die Gesellschaft. Die Bilanz zeige anhand klarer Kennzahlen, in welchem Maß Firmen Verantwortung fürs Gemeinwohl übernehmen und wo noch verbessert werden könne, so Wiedemann.

Für Säbu ist Geldverdienen nicht alles

Oder, wie es später Christine Machacek ausdrückt: „Für uns zählt nicht nur, was wir tun, sondern wie wir es tun.“ Die Betriebswirtin erzählt, wie die Idee der Gemeinwohlökonomie sie von Anfang an begeisterte: „Natürlich ist es wichtig, dass wir bei Säbu Geld verdienen. Aber das ist nicht unser alleiniger Daseinszweck.“

Wie jede Aufstellung koste auch die Gemeinwohlbilanzierung Zeit und Geld. Dieser Aufwand lohne sich allemal, betonte auch Manuel Diepolder, der im Jahr 2022 seine Firma Allgäu Batterie in Sachen GWÖ auf den Prüfstand stellte. In den Bereichen Imagepflege, Recruiting sowie Auftragsvergaben und Kundenakquise sahen beide Geschäftsführer große Vorteile: Die Gemeinwohlbilanz genieße nicht nur eine besonders hohe Glaubwürdigkeit.

GWÖ wird auch an der Hochschule Kempten erforscht

„Unsere Haltung, wirtschaftlich zu denken und menschlich zu handeln, führt zu langfristigen Beziehungen und damit zu langfristigem Erfolg“, ist Machacek überzeugt. Und auch für Diepolder steht fest: „Langfristig werden nur Unternehmen im Wettbewerb bestehen könne, die einen Beitrag zum Gemeinwohl als Teil ihrer Daseinsberechtigung verstehen.“

Auch an der Hochschule Kempten wird zum Thema Gemeinwohlökonomie als einer kooperativen, werteorientierten Marktwirtschaft geforscht. Regelmäßig werden Unternehmen gesucht, die an einer Gemeinwohlbilanzierung durch das interdisziplinäre Team aus Studierenden des Masterstudiengangs „Innovation, Unternehmertum & Leadership“ an der Fakultät Tourismus, wissenschaftlichen Mitarbeitenden sowie eines zertifizierten Gemeinwohlberaters interessiert sind. Die Firmen Säbu und Allgäu Batterie haben diesen Prozess, der einen „360 Grad-Blick aufs Unternehmen erlaubt“ (Machacek), bereits durchlaufen. Ein Blick, der großes Innovationspotential offenbare.

Auch interessant

Kommentare